Kapitel 22

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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fiel wieder ein einzelner Sonnenstrahl direkt auf mein Gesicht. Gähnend drehte ich mich wieder um und zog mir die Decke über den Kopf. Wie gesagt, ich bin nicht so der geborene Frühaufsteher. Und früh war es wirklich: 7 Uhr 33 zeigte mein Wecker. Wieso war ich um diese Zeit eigentlich schon wach? Gestern war es ja wirklich schon ziemlich spät, als ich dann endlich eingeschlafen war. Müde streckte ich meinen Arm nach Sam aus - doch der Platz neben mir war leer. Dafür streifte ein kleiner Zettel meine Finger, den ich sofort auseinander faltete. Auf einmal war ich plötzlich hellwach und ich konnte es gar nicht abwarten, bis meine müden Hände das Stück Papier geöffnet hatten.  Bin schon unten, Sam ❤, stand nur drauf und ganz klein in der Ecke: P.S. Ich hab ne Idee für die restlichen Punkte auf der Liste :) Ich sank zurück in die Kissen und schlug mir mit der flachen Hand gegen die Stirn. Isabelles Liste hatte ich ganz vergessen! Eigentlich hatte ich vorgehabt, noch ein bisschen zu schlafen, aber irgendwie ließ mir die Neugier keine Ruhe und ich machte mich auf den Weg nach unten. Schon ab der Hälfte der Treppe hörte ich Michelles lautes Lachen aus der Küche. Anscheinend kamen sie und Sam sehr gut miteinander aus und ich muss sagen, das fand ich mehr als gut. "Morgen!" Gähnend stieß ich die Tür auf. Vielleicht steckte doch noch ein bisschen Schlaf in meinen Knochen. "Guten Morgen", antwortete meine Tante fröhlich und lud mir einen großen Pancake auf den Teller. Ich fuhr mir durch die zerzausten Haare und setzte mich auf meinen Stuhl, direkt neben Sam. Im Gegensatz zu mir sah der natürlich aus, als hätte er Schlaf ohne Ende gehabt. Was aber nicht sein konnte, schließlich waren wir beide gestern erst spät in der Nacht ins Bett gegangen. "Und, ausgeschlafen?" Er lächelte mich an und fuhr mit dem Handrücken sanft über meine Wange. Ich zuckte mit den Schultern und murmelte etwas wie "geht so." Das Lächeln erwiderte ich trotzdem und zu meiner Erleichterung beließ Sam es dabei. Er hatte schnell gemerkt, dass ich morgens einfach meine Ruhe brauchte und das rechnete ich ihm hoch an. Eine Weile lang aß ich schweigend meinen Pancake und gleich noch einen, da fiel mir die Liste wieder ein. "Sam?", sagte ich, "hattest du nicht eine Idee, wie wir die letzten Aufgaben lösen können?" Sam nickte und holte ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus seiner Hosentasche. "Also pass auf", erklärte er, "Die letzten beiden Punkte sind Erkunde die Stadt einen Tag lang ohne Karte und Finde die Sterne." Ich verdrehte die Augen. "Das weiß ich doch", entgegnete ich und wuschelte Sam  durch die Haare. Er grinste und versuchte sofort, seine Frisur wieder in Ordnung zu bringen, aber dann konzentrierte er sich doch auf das Wesentliche. "Ich hab mir gedacht, wenn du Lust hast bringst du uns beide heute zum Empire State Building - selbstverständlich ohne Karte. Da warst du ja noch nicht, oder?" - "Ja", stimmte ich zu. Die Idee gefiel mir, denn wenn ich es wirklich nicht auf die Reihe bekommen würde, den Weg zu finden, wäre Sam immer noch da und würde mir aus der Patsche helfen. "Und für den letzten Teil", fuhr er fort und machte eine kleine Kunstpause, "lässt du dich einfach überraschen." Ich lächelte wieder. Das war ja echt süß von ihm, dass er das alles übernahm. Aber trotzdem wurde ich vor Neugier fast wahnsinnig. Ich mochte Überraschungen nicht so gerne, wenn ich davon wusste, was jetzt nicht heißt, dass ich mich nicht darüber freute. Es war nur einfach so wahnsinnig schwer, an was anderes zu denken, wenn man wusste, dass einen etwas aufregendes erwartet. "Danke", meinte ich, "das ist echt lieb von dir." Anstelle einer Antwort beugte Sam sich zu mir vor und küsste mich. "Keine Ursache", murmelte er gegen meine Lippen und küsste mich wieder. Ich hatte das Gefühl, als würde sich alles um mich herum drehen, aber dieses Mal vor Glück. Womit hatte ich Sam bloß verdient?

"Also ich störe ja wirklich ungerne, aber ich müsste mich so langsam verabschieden und zur Arbeit fahren", unterbrach uns Michelle und klimperte mit ihren Autoschlüsseln. Widerstrebend löste ich mich von ihm und winkte meiner Tante zu, die schon ungeduldig in der Tür stand. "Tschüss, viel Spaß auf der Arbeit." Michelle rollte mit den Augen und ein kleines,  ironisches Grinsen umspielte ihre Mundwinkel.  "Bis später", lachte sie und zwinkerte uns zu. "Viel Spaß euch zwei." Sam hob ebenfalls kurz die Hand, aber als die Tür hinter ihr zugefallen war, drehte er sich zu mir um und sah mir in die Augen. Vorsichtig drehte er eine meiner Haarsträhnen zwischen seinen Fingern. "Und?", fragte er, "Bereit für New York?" Ich zuckte mit den Schultern. "Klar", lächelte ich ihn an, "warum nicht?"

Next Station: New York City *abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt