÷ Prolog

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Wir lagen zusammen im Gras. Der Typ mit der braunen Wuschelfrisur und meine Wenigkeit. Der Wind wehte über unsere Gesichter hinweg, in dem Moment war die einzige Musik die Melodie seines Lachens und während ich ihn von der Seite betrachtete erzählte er mir seine Witze. Er erzählte jeden so, als wäre er der beste auf der ganzen Welt. Und obwohl die meisten mehr als nur bekannt und gar nicht lustig waren musste ich bei jedem lächeln. Seine Augen waren geschlossen, seine Mundwinkel nach oben gezogen. Die Laterne hinter uns ließ uns im Rampenlicht stehen oder besser gesagt liegen. Wir waren jung und unbesiegbar. Vielleicht auch nur wegen der Wodkaflasche neben uns, die keinen Tropfen mehr für irgendjemand übrig hatte.

"Du hast ein iPhone, ich ein Huawei was hat der Türsteher?", fragte ich, als ich an der Reihe war. Irgendwann hatte sich unser Gespräch zu einer Witzrunde entwickelt, was weder ihn noch mich störte. Es war cool so wie es war. Wir brauchten nicht mehr, nur diese Witze und uns selbst.

Von der einen auf die anderen Sekunde öffnete er seine Augen und drehte seinen Kopf auf meine Seite. "Hat er ein Samsung?" Er zog seine Stimme nach oben, gleich wie seine Augenbraue. "Zahnfleischbluten jeder dritte Mensch hat Zahnfleischbluten", erklärte ich dann und sah zu wie sich sein Gesicht ein Lächeln umspiegelte, welches später ein wirkliches Lachen wurde. Keine Ahnung wieso, aber ich liebte dieses Lachen.

Erst vor wenigen Stunden hatten wir uns vor der Schräglage getroffen, er stellte sich mit der Flasche in der Hand einfach zu mir hin. Wir standen am Ende der Schlange, die ihre Länge auch nach einer halben Stunde Wartezeit nicht hätte ändern wollen und dann hatte er mich angestupft. Mein Blick hatte sich von meinem Handy abgewendet direkt hinüber zu seinem Gesicht und diesem unverwechselbarem Schmunzeln auf seinem Gesicht.

Meine Freunde waren bereits im Club gewesen und ich hatte es verschlafen, warum ich eben jetzt da gestanden hatte. Der Typ vor meinen Augen hatte sich als ungeduldiger Carlo vorgestellt, der lieber mit Menschen sprach, anstatt auf sein Handy zu blicken. Dass es eine Anspielung sein sollte, war nicht zu überhören gewesen, dennoch hatte es nicht im Geringsten gestört. Irgendwie musste ich zugeben, dass er etwas an sich hatte. Möglicherweise war ich auch einfach froh, dass er mir eine Zigarette gereicht hatte. Ich als Partyraucher hatte vor ihm den Kettenraucher gestanden, dass ich seine Angewohnheit übernehmen würde hätte ich nicht für möglich gehalten. Schließlich hielt ich mich an meine Prinzipien. Nur wenn er in der Nähe war, war plötzlich alles ohne jegliche Bedeutung. Ich hielt mich nur an ihn und an das was er tat.

Schlussendlich hatten wir uns von der Schlange verabschiedet, waren an den Menschen vorbeigelaufen, die hinter uns standen vorbei und hatten den Hoffnungsschimmer in ihren Augen bemerkt. Dabei war es beinahe hoffnungslos gewesen in diesen Club zu kommen.

"Ich hab noch einen", beteuerte er. "Stürzt Frau Baum die Treppe hinunter, ruft Markus; Baum fällt." Er lachte schon bevor er einwarf, dass es eine wahre Geschichte sei. Mein Lachen war in diesem Moment so surreal echt. Manchmal dachte ich, ich sei nicht fähig etwas an mich ran zu lassen. Nur in diesem Moment war alles zu hundert Prozent real. "Das glaub ich dir nicht." Und darauf folgte die Geschichte wie ein Kumpel von ihm beinahe einen Schulverweis erhalten hatte.

In dieser Nacht schrieben wir unsere Geschichte, zumindest einen winzigen Teil davon.

Denn als die Sonne aufging und er sich aufstellte, die Flasche liegen ließ und mir seine Hand reichte, waren wir gerade einmal dabei den Anfang zu verfassen. Wir standen uns abnormal nah, zwischen uns hätte gerade einmal eine Seifenblasenflasche gepasst und trotzdem standen wir nur da. Wir sprachen, als wäre es normal so nah beieinander zu stehen und dann sagten wir auf Wiedersehen. In dem einen Moment sprachen wir und im anderen liefen wir in zwei verschiedene Richtungen. Dabei hatte ich weder seine noch er meine Nummer. Das einzige was er mir versichert hatte war, dass man sich zwei Mal im Leben begegnet.

Dabei war ich mir da nicht so sicher. Er wohnte schon sein Leben lang in Stuttgart und ich auch und trotzdem hatten wir uns bis auf diesen Abend noch nie gesehen. Trotzdem sagte ich nichts, sondern ging einfach meinen Weg.

Vielleicht begegnete man sich ja manchmal ein weiteres Mal, aber vielleicht wären wir dann schon alt und grau, vergeben oder nicht mehr in der Verfassung gewesen. Wäre das also sein Plan, dann wäre es ein schlechter gewesen.

Dieser Mann wusste aber wie er das was er wollte bekam, er gab den Ton an, wusste wie man nach oben kam. Möglicherweise war es aber auch nur wie bei Jack in Fluch der Karibik und es war eigentlich alles nur ein dummer Zufall, dass ich den Schnipsel in meiner Jackentasche fand, die ja eigentlich ihm gehörte worauf seine Nummer stand und ein Spruch.

Falls man sich nicht zwei Mal im Leben sieht.

+49 157 35 992902

Und ich verstand plötzlich warum er mir seine Jacke zum Abschied gab, obwohl es draußen angenehm warm war.

Carlo, please stay tru. |Cro Ff|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt