Ich muss kurz überlegen ÷ 5

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Es gab Momente da breitete sich ohne jeden Grund eine furchtbare Leere in mir aus, dann saß ich da und hätte einfach weinen können. In diesen Momenten wusste ich nicht was ich hätte tun sollen. Wie ich dieses Gefühl loswerden konnte, war mir einfach nicht bewusst. Das einzige was ich wusste, war dass es mich zerstörte, dass ich es nicht aushielt.

In einer Nacht stellte ich deshalb mein ganzes Zimmer um. Die Bilder die auf meiner Wand hingen flogen auf den Boden, die Schränke standen plötzlich mitten im Raum und das Bett am Rand.

Veränderung.

Ein anderes Mal reichte eine Flasche Alkohol völlig aus. Mit jedem weiteren Schluck, den ich nahm, bemerkte ich, wie das Gefühl immer weniger zum Vorschein kam. Dass die Falsche dabei leer wurde, bemerkte mein zerstörtes ich nicht. Es wollte ja nicht einmal meinen Zustand wahrnehmen.

Verdrängen.

Als ich an diesem Morgen die Stufen zur Wohnung hinauf ging, wusste ich aber wieso diese Leere da war. Deshalb wusste ich immer noch nicht, wie ich es schaffen sollte, dass sie verschwand. Bevor ich die Türe öffnete, wusch ich mir die Tränen aus dem Gesicht. War selbst darüber verwundert, dass ich deshalb weinte. Wir kannten uns zu wenig, es war zu wenig Zeit vergangen, um sich verlieben zu können, zu wenig Zeit um dieser Person nach zu trauern. Das Top, was ich trug, stank nach Rauch und Alkohol, war vom Regen völlig durchnässt. Einzelne Strähnen hingen in mein Gesicht, mehrmals wischte ich sie aus ihm, kurz darauf flogen sie wieder auf ihren Platz zurück und schlussendlich hatte ich nichts erreicht. Genauso wie Carlo.

Er hatte mir verraten, dass er berühmt war und ich hatte gelacht, hatte mir die Maske angezogen und ihn belächelt. "Mein Date ist Cro." Ich hatte meine Arme um seinen Hals geschlungen und er hatte mir davon erzählte, wie sein Leben so war. Es hätte nicht besser sein können. Dieser Tag, all diese Stunden mit ihm waren vollständig. Es fehlte kein Wort, keine Tat, keine Sekunde. Alles was gesagt werden musste, wurde es auch.

Die Gedanken kamen und als sie beim Schluss waren, schloss ich meine Augen, sah sein Gesicht vor meinem stehen.

Er hatte mich nicht benutzt. Er tat es nicht.

Carlo wollte, dass ich ihn vergesse, damit ich ihn nicht verlieren konnte. Er beschützte die kleine Alaska, die von der Wahrheit nichts wissen wollte.

"Alaska?" Eine schockierte Viviane sah mich an, eine schockierte und doch wunderschöne Vivi. Ihre Augen zierten große Augenringe, ihre Haare waren ein einziges Vogelnest. Mehrmals strich sie über sie, sah mich weiterhin verwirrt an, probierte gefasst zu wirken, als wäre es okay dass ich jetzt hier stand. Die Uhr zeigte 07:45 Uhr an und ich wusste, dass das Mädchen vor mir nicht vor 3 Schlafen ging. Ich störte sie, hatte sie aufgeweckt und dabei hätte ich auch einfach später kommen können, ich hätte sie in Ruhe lassen sollen. Möglicherweise war es der Alkohol, der mir erneut Tränen meine Wange hinunter rollen ließ, vielleicht auch weil ich bis hier her gelaufen war, das Taxi nur für 5 Minuten fahr bezahlen konnte, oder der Schlafmangel. Grundsätzlich fiel das Dach über meinem Kopf zusammen.

Ich fühlte mich zerstört.

Zwei Arme wurden um mich gelegt, Wärme umhüllte mich, ließ mich hier erwünscht fühlen und in der nächsten Stunde erklärte ich dem Rotschopf die ganze Situation. Leon wusste damals noch nichts davon, er sollte es nicht erfahren. Denn er hatte Recht. Diese Person, von der ich weggelaufen war, hätte die Liebe meines Lebens sein können und ich war dabei ihn alleine zu lassen, mit dem Wissen, dass er sterben würde.

Mein Handy hatte ich nach seinem ersten Anruf ausgeschaltet, hatte nicht auf eine Nachricht gewartet, stattdessen hatte ich meinen Kopf zum Himmel gewandt und die Regentropfen auf mein Gesicht fallen lassen.

Sollte man Personen lieben, die keine Zukunft hatten? Sollte man solche Menschen in sein Leben einbeziehen?

"Er ist also berühmt, du hast Cro geküsst", stellte sie fest und reichte mir eine Schüssel Chips, die ich dankend entgegennahm. Bevor ich ihr alles erzählt hatte, war ich bei ihr duschen, hatte einen Kaffee bekommen und jetzt etwas zu essen. Von Sekunde zu Sekunde wurde mir wieder Wärmer, die Kälte, die er hinterlassen hatte, war so gut wie verschwunden.

Dieses Mädchen war wie meine kleine Schwester. Sie war immer da. Momentan verstand sie nur das Problem nicht.

"Vivi, er wird sterben", meinte meine weinerliche Stimme so laut es eben ging und ich stopfte mir einige Chips in den Mund, wollte die Leere irgendwie füllen. Es musste funktionieren.

Ihr Gesicht verschwand vor meinen Augen, ihre Beine trugen sie in ihr Zimmer und wenig später kam sie mit einem Magazin wieder zu mir.

Das Titelbild war ein Mann mit einer weißen Maske auf dem Kopf. Wenn man auch nicht viel sah, wirkte er auf diesem Bild wütend, genervt. War es nur weil seine Pandamaske keine schwarze Farbe mehr hatte, oder weil seine Augen unter ihr viel kleiner erschienen, aber er schien nicht glücklich zu sein. Seine Augen starrten mir so verloren entgegen.

"Bist du dir sicher, dass du von ihm sprichst?" Die Zeitschrift lag in meiner Hand.

Seit Ewigkeiten war sie ein Fan dieses Typen. Ewigkeiten hatte ich sie nicht verstanden.

Mein Finger lag auf seinem Gesicht. Das was man sah, gehörte zu Carlo. Es gab keinen Zweifel daran. Das Gesicht hinter der Maske war seines. Trotzdem nickte ich nur zaghaft, traute mich nicht in ihr blasses Gesicht aufzusehen. Ihr tat es wahrscheinlich noch mehr weh, so etwas zu erfahren war nicht leicht und sie himmelte diesen Mann seit seiner ersten Single an. Ich hingegen kannte ihn nur drei Tage lang. Keine Jahre, keine Wochen, keine Monate, ich kannte ihn nur wenige Tage.

"Du bist zu mir gekommen, weil ich mit dir mitleiden soll?" Das Magazin fand einen Platz neben den Kaffeetassen, ebenso wie die Chips, die mir einfach so entrissen wurden.

Bessere Worte hätte ich dafür nicht gefunden. Sie kannte jedes Interview mit ihm, jedes Lied. Jahre hatte ihr Herz nur für ihn geschlagen. Ich musste wissen, was sie dazu sagte. Warum ich erneut nickte. "Du weißt nur, dass er sterben wird?", fragte sie, worauf ich ihr zustimmte.

"Ich bin weggerannt, dass, es, es war zu viel. Zuerst sagt er, dass er mich benutzt und später, dass er sterben wird und..."

Es war ein Finger, der den Weg zu meinen Mund fand und später ein strahlendes Lächeln und zwei traurige Augen. Meine Mutter meinte immer, dass man Menschen nur in die Augen sehen musste, um zu sehen wie es ihnen ging, und der Person vor mir ging es nicht gut. Ohne weiter an meine Probleme zu denken, beugte ich mich vor und schloss sie in den Arm. Lange verharrten wir in dieser Position, dann lösten wir uns, sie nahm meine Hände und sah mich aufmunternd an.

"Nach eurem ersten Kuss wurde er hektisch, er behauptete, dass er dich benutzt und wollte dich trotzdem nicht gehen lassen. Er hat dir nach nur drei Tagen gesagt, dass er nicht lange zu leben hat. Dieser Typ hätte dich benutzt, wenn er nichts gesagt hätte. Hat er aber nicht. Er hat gesagt, er wolle niemanden an ihn ran lassen und dich trotzdem auf ein Date einladen. Carlo ist nicht das Problem, wir wissen beide, dass er nur Angst hat, dass du seinen Tod nicht aushalten wirst. Du musst dir nur bewusst werden, ob du bereit bist Zeit mit jemand zu verbringen, mit dem du nie eine Familie gründen kannst. Du weißt genug um das alles zu beenden und du weißt genug um zu sagen, dass du ihn nicht aufgeben willst."

Ziemlich viele Wörter prasselten auf mich ein. Gekommen war ich mit der Überzeugung, er würde mich nur als seine letzte Liebesgeschichte benutzten und jetzt sagte mir jemand, dass mein Problem eigentlich ich war, dass er mich beschützen wollte, das es an mir lag, ob wir eine Chance hatten. Es lag an mir. Entweder ich kam mit dieser Tatsache klar, oder ich würde ihn nie wieder sehen.

Und der Person vor mir tat es so weh, dass sie nun wusste, dass dieser eine Typ mir sein Herz geschenkt hatte und ich es nicht annehmen wollte.

Carlo, please stay tru. |Cro Ff|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt