Kapitel 11

136 14 1
                                    

"Mitkommen! Jetzt." grunzt der unbekannte Mann.
Ich erkenne ihn nicht, aber er wenn ich ihn mir hier von unten anschaue, dann scheint er riesig zu sein.

Mir wird das Tuch für die Augen weggerissen. 

Er will dass ich mich bewege, aufstehe, doch schon bei dem Versuch den Mund zu öffnen, scheitere ich kläglich.

Er schnauft, und als er ein paar Schritte auf mich zu macht, habe ich das Gefühl dass der Boden bebt.

"Stimmt ja. Kannste ja gar nicht." sagt er.

Ich weiß zwar dass ich mich nicht Bewegen kann, aber warum weiß ich nicht, und dass wüsste ich zu  gerne.

Ich zwinge mich ruhig zu bleiben, was in so einem bescheuert durchgeknallten Moment schwerer ist als gedacht.

Das Trampeltier läuft zurück, direkt auf den Ausgang zu, und ich denke gerade dass er wieder gehen will, und mich zurück lassen will, doch er drückt auf den Lichtschalter neben der Tür, und es wird hell.

Da ich vollständig gelähmt bin, lasse ich meine Augen durch den Raum wandern, den sie sind das einzige was ich bewegen kann.
Doch es gibt nicht viel zu sehen.
Der Raum ist leer, Wände und Boden bestehen aus Stein, wie in einem Gefängnis.
Es ist furchtbar, und noch furchtbarer ist dass ich nichts machen kann.

Ich will hier nicht sein, ich will hier weg, und ich werfe mir selber vor wie dumm ich bin.
Ich habe das alles nicht Ernst genommen, sondern nur als kleine's Abenteuer gesehen.
Und jetzt schlägt mir die Realität in's Gesicht.
Selber Schuld Nyu, du musstest ja so blöde sein.

Der Typ kommt wieder auf mich zu, und er sieht wirklich unnatürlich groß und breit aus.
Er ähnelt Obelix mit seiner riesigen Wampe, nur böser.
Er soll mir nicht näher kommen, er macht mir Angst, doch was soll ich schon tun...?

Er atmet die ganze Zeit laut ein und aus, und als er sich runter zum mir beugt um die Ketten zu öffnen, bekomme ich seinen Mundgeruch direkt ins Gesicht.
Sein Schlüssel wandert hinter meinen Rücken, und ich bete dass es schnell geht, ich halt diesen Geruch nicht mehr lange aus.
Er riecht nach Ei, toten Fisch und irgendwas verfaultem, und er hat große Schweißflecken, was man ebenfalls riechen kann.
Süßlicher Duft erfüllt das Verlies, und ich will würgen.

Er scheint nichts davon zu bemerken.
Er braucht Ewigkeiten bis er das Schloss aufhat, dann greift er mir unter die Achseln und zieht mich grob hoch.
Ich kann es nur zulassen.

Er darf mich nicht loslassen, sonst falle ich einfach wie ein nasser Sack wieder runter.
Ich komme mir wie ein Puppe vor, die man verdrehen kann, und sie kann nichts dagegen tun.
Das ist die schlimmste Methode jemanden aufzuhalten.

Der Mann wirft mich über seine Schulter, auf der ich liegen bleibe, Hände runter hängend, genauso wie mein Kopf.
Das selbe auch auf der anderen Seite, ich habe keine Kontrolle über meinen eigenen Körper.
Meine Augen versuchen sich an den nassen Wänden festzuhalten, doch es geht nicht.
Der Mann grunzt wieder, schleift zurück zu der Tür, und die Kette rasselt als er sie mit den Beinen ein bisschen mitzieht.

Wir gehen durch die Tür, hindurch die er vor ein paar Minuten noch alleine gekommen ist, er schließt sie ab, und währenddessen schaue ich mir auf der Schulter den Flur an.
Lang und kahl, ganz in weiß, und es erinnert mich an eine Psychiatrie.
Keine Fenster.
Ich war zwar noch nie in einer, aber das ist so meine typische Vorstellung von sowas.
Hier wird man ja richtig depressiv, so ruhig und leer ist das hier.
Der Boden hat immerwieder das selbe Muster, es wiederholt sich immerwieder, und irgendwie kommt es mir so vor als würde ich es kennen.
Von irgendwoher taucht eine Erinnerung auf.
Dunkel und verschwommen.
Ich schließe die Augen, und lasse mich auf das Wippen von dem Mann ein, der im selben Takt läuft.

Ein Mädchen, spielend, die Haare zu zwei Zöpfen zusammen gebunden, in einem bunten Kleid, sie hat eine Spiellokomotive in der Hand.
Sie strahlt, und mit ihrer Aura bringt sie Leben in den ausgestorbenen, toten Flur.
Denn sie lebt.
Sie lacht, lässt die Lokomotive auf dem Boden fahren, und das alte langsame Geräusch, dass das hölzerne Spielzeug von sich gibt, kenne ich.
Das Mädchen bin ich, in jung.
Ich war hier schonmal.

Ich öffne meine Augen wieder, und starre auf den Boden.
Von weit entfernt, hallt das Geräusch des Fahrens von dem Zug hin und her, und es beruhigt mich, obwohl es etwas in mir aufbrausen lässt.

Der Mann der mich trägt läuft den gesamten Flur herunter, und jeder Schritt den er tut gibt mir ein unangenehmes Gefühl.
Ich will nicht mehr die Muster anschauen, denn langsam wird es zuviel.
Wir biegen ab, in ein neues Zimmer, dass überhaupt nicht zu dem Flur passt, denn schon die Tür ist rot.
Sie fällt in dem weiß auf.

In dem neuen Zimmer werde ich unsanft mit einem 'Hier bitte' abgeladen, dass nicht an mich gerichtet ist.
Es ist ein Stuhl mit Lehne, worüber ich sehr dankbar bin, denn sonst wäre ich nach hinten gekippt.

Mein Blickfeld ist winzig, ich kann weder nach links noch nach rechts schauen, und so erkenne ich auch nicht wo ich bin.

Obelix ist links von mir, das weiß ich weil er soeben dahin gelaufen ist, und vor mir sitzt ein Mann, schon wieder ein neuer denn ich nicht kenne.
Er sitzt da in seinem Stuhl, wie ein König und schaut mich herablassend an, während ich aufgelöst damit beschäftigt bin etwas zu sehen.

Doch ich kann nicht's machen, außer ihn angucken.

"Nyu...was für eine Freude, dass du zu uns gekommen bist. Ich dachte eigentlich dass wir dich erst einfangen müssen, deswegen ist die Freude umso größer dass du von alleine hier bist. Mehr oder weniger." er lacht, und seine Stimme klingt wahnsinnig feminin und hochnäsig.
Sie geht mir jetzt schon auf die Nerven.

Ich habe die starke Vermutung dass er es war, der Jiyong's Haus so zerstört hat.

"Weißt du, ich will nicht um den heißen Brei reden. Sagen wir es so: Ich habe vieles mit dir vor. Du bist wichtig. Und deswegen bist du hier. Und du wirst hier bleiben, solange ich es sage." befiehlt er, und Obelix nickt beschwörend.

Ich schaue zu ihm, dann wieder zu dem Mann, und er bemerkt meine Verwirrung.

Er lächelt, böse, dann steht er auf und geht auf mich zu.

"Ich bin Jiva, aber das weißt du warscheinlich nicht mehr..."

Er nimmt meine Hand, die schlaff in meinem Schoß hängt, und drückt sie mit Druck.

"Auf gute Zusammenarbeit."

𝐃𝐢𝐟𝐟𝐢𝐜𝐮𝐥𝐭 𝐋𝐢𝐟𝐞┃┃𝐺-𝐷𝑟𝑎𝑔𝑜𝑛 𝐹𝐹Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt