Kaffee und Zitronenkuchen

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"Zwei Kaffee und Zitronenkuchen, bitte." Schnell notierte sich die rothaarige Kellnerin alles, bedankte sich und huschte zum nächsten Gast. Sie strahlte über beide ihrer rosigen Wangen. Der Duft von frischem Kaffee mit Zitronenkuchen war eines der wenigen Dinge, die sie zum Lächeln bringen konnten.
Von außer sah das Café wunderschön aus mit seinen urigen alten Fenstern, dunklen Tischen und Stühlen, und erst der Efeu, der sich an der aprikosenfarbenden Fassade entlang schlängelte. Es versprühte förmlich gute Laune, zumindestens bei den Gästen. Hinter all dem schönen lag die traurige Familiengeschichte. Ihre Eltern verschwanden vor 3 Jahren spurlos und nun musste eine 18-jährige alles allein schmeißen. Das ist natürlich nicht ganz korrekt immerhin hatte sie noch drei Geschwister. Ihr ältester Bruder war in eine andere Stadt gezogen, um besseres Geld zu verdienen und so das Familienunternehmen zu unterstützen. Von den Tassen Kaffee konnten sie nämlich nicht allein alle Restaurationskosten abdecken. Seitdem diese internationale Kaffeekette um die Ecke aufgemacht hatte, bezahlten viele lieber weniger Geld für schlechteren Kaffee.
Doch heute schien ein guter Tag zu sein. Die Sonne lachte und das Café war voll bis zum Anschlag. Sogar ihr jüngster Bruder Rickon musste heute Überstunden machen. Wochenenden und Ferien waren immer die glücklichsten Zeiten der Starks. Die ganze Familie hatte frei und konnte somit den kompletten Tag geöffnet sein. Manchmal kam sogar Robb aus der Großstadt um sie zu unterstützen.
"Guten Tag, was kann ich ihnen heute aus unseren Köstlichkeiten bringen?" trällerte Sansa dem nächsten Gast entgegen. Der Mann war Mitte dreizig, Anzugträger und neben ihm stand ein brauner Koffer. Er musterte gewissenhaft die Karte, legte sie parallel zur Tischkante hin und sah sie mit seinen grau-grünen Augen an. "Meine Schöne, was könnt ihr mir denn empfehlen?"
So einer. Hoffentlich kein Lannister. Die machen nur Ärger. Vielleicht geht es hier drunter und drüber aber wir zahlen unsere Miete jeden Monat pünktlich. Wie die Aasgeier warten sie doch nur, dass wir etwas falsch machen.
"Wir haben den besten Kaffee der Stadt! Und heute gibt es den besten Zitronenkuchen der ganzen Welt." Der Mann hob leicht seine Augenbrauen. "Gut. Aber ich bin nicht leicht zu überzeugen. Mit dem gleichen Slogan wirbt der Laden um die Ecke."
So ein arroganter Mistkerl. Dann soll er doch um die Ecke gehen, bring ich ihn gerne...
Innerlich verdrehte sie ihre Augen doch nach außen strahlte sie noch mehr: "Na das nenn ich doch mal eine Herausforderung!" Sie hastete schnell zur Küche in der Arya fleißig heiße Pasteten anfertigte. "Arya hast du noch ein Zitronenkuchen für Tisch 13? So ein arroganter Typ glaubt wir würden lügen." Keine Sekunden später hatte ihre Schwester es so liebreizend angerichtet, dass Sansa selbst Appetit bekam. Zuckersüß sagte Arya:"Und möge er an der Vollkommenheit ersticken." Beide kicherten kurz und widmeten sich anschließend ihrer Arbeit. Sansa selbst ging zum Kaffeebereich und hantierte mit Bohnen und Sahne wie eine Weltmeisterin. Nicht dass sie das zum ersten mal täte, nein. Sie war die beste darin, und das wussten die anderen auch. So hatte jeder seine Aufgaben. Arya machte die besten Geschmacksexplosionen, Bran hatte die Finanzen perfekt im Griff und Rickon war unermüdlich. Es funktioniert so.
"Hier bitte der Herr, Kaffee und Kuchen. Genießt es!" Und schon mischte sie sich wieder unter die anderen Gäste.
"91,92,93 und 94! 207 Euro und 94 Cent!" Bran klatschte zufrieden in beiden Hände. Würde es jeden Tag so laufen gäbe es nie wieder Probleme. Morgen war Sonntag und die meisten Bewohner hatten frei. Wenn sie Glück hatten würden sie ein weiteres Mal so viel einnehmen können. Das war auch dringend nötig, wussten alle Geschwister. Seit letzter Woche waren sie alle etwas unruhiger, da die Lannisters beschlossen hatten, im gesamten Stadtzentrum die Mieten zu erhöhen. Viel konnten sie alle nicht mehr verkraften ohne selbst drunter zu leiden.
Sonntagmorgen. Es war ein frühlingshafter Start in den Tag, die Wolken verschwanden und die Sonne lockte selbst die tiefsten Nachteulen aus ihren Wohnungen. Besser gesagt Kunden. Sansa hatte ihre feurigen Haare heute zu einem hohen Zopf geflochten und ihn mit einer großen roten Schleife verziert. Dazu kirschrote Lippen und ihr Lieblingsoutfit: ein schwarz-weiß gestreiftes Kleid und weiße Sandaletten. Es stand ihr nicht nur hervorragend, so bekam sie meistens auch viel mehr Trinkgeld. Wahrscheinlich hing das aber beides eng zusammen. Im Verlaufe des Vormittags musste Sansa sogar die Sonnenschirme aufspannen, so heiß wurde es. Anscheinend kein Hindernis für die Gäste heißen Kaffee zu trinken. Sogar ihr alter Nachbar kam vorbei. "Für die Königen des Nordens krieg auch ein alter Sack wie ich mal den Hintern hoch." Sagte er und lachte. Er nannte sie immer so 'Königin des Nordens' sie fand den Namen sehr schmeichelhaft. Er hatte ihr einmal erklärt, dass das doch offensichtlich war, mit ihrer schneeweißen Haut. Sansa fühlte sich sehr geschmeichelt da sie diesen alten Kauz wirklich in ihr Herz geschlossen hatte. Es war ein heilloses Durcheinander. Gäste kamen und gingen, und das in einem Tempo, dass man fast meinen könnte sie würden ihr die Tasse aus der Hand nehmen und sofort trinken. An sich nichts schlechtes doch ging es eigentlich in diesem Café darum sich die Ruhe des Genusses zu nehmen.
Mit einem vollen Tablet schmutzigen Geschirr wollte Sansa Richtung Küche gehen, als plötzlich ihr ein Kleinkind entgegen rannte und sie ins Wanken brachte. Sie sah die Tassen und Teller schon klirren, als plötzlich ihr eine rettende Hand entgegen kam. "Hey meine Schöne, kann man dir zur Hand gehen?" Es war der Mann von gestern. Er hatte seinen Koffer fallen lassen und hatte nun die Hälfte ihres Tablets auf seinen Armen und auch die Rester auf seiner Brust. "Oh verdammt! Das tut mir schrecklich leid... " "Und dabei dachte ich es gäbe hier keine Rester." Langsam sammelte er Tassen und Untersetzer zusammen und stapelte sie geordnet auf den nächstmöglichen Tisch. "Vielen, vielen Dank. Wie kann ich ihnen helfen? Vielleicht ein Kaffee aufs Haus?" Er strich sein Sakko glatt um es sich anschließend geordnet auszuziehen. "Keine Ursache man hilft wo man kann. Aber ein Kaffee wäre trotzdem nicht schlecht." Er gab ihr unmissverständlich zu verstehen, dass es nicht ihre Schuld sei und setzte sich an Tisch 13. Flink verschwand Sansa mit dem dreckigen Geschirr in der Küche. Dort stapelte sich schon alles. Ihre Geschwister wuselten wild durcheinander, sodass sich Sansa annahm den Kaffee für Tisch 13 zu brühen.
"Hier, Bitteschön. Vorsicht, heiß!" Mit Erleichterung stellte Sansa die violette Tasse ab. "Ohne Sie wäre hier wahrscheinlich noch mehr Chaos entstanden... vielen Dank nochmal... Mister..."
"Baelish. Petyr Baelish. Aber du kannst mich ruhig Petyr nennen."

A Girl to GoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt