Unruhestifter

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Zwei Tage war es nun her, als Horst mit dem Gefährt in die Ferne fuhr, mit dem klaren Ziel, sich nach St.Petersburg zu begeben, um mit den Verantwortlichen von Killswitch-Russia unter vier Augen zu sprechen. Zuvor meinte Horst, dass er den Regisseur oder den Cutter – in diesem Falle Richard – als bald als möglich kontaktieren werde, doch nie ging ein Anruf bei den beiden ein. Und auch sonst keiner vom Team erhielt je einen Anruf, wenngleich Horst es sogar mehrmals und sehr deutlich wiederholte, dass er definitiv anrufen würde. Natürlich war es Thomas, der circa vierzig Mal sein Handy benutzte, um den Losgesandten zu erreichen. Auch Richard oder Gregor probierten es, aber alle ohne Erfolg. Der Geschickte hob nie ab. Wenn jemand nicht abhebt und sich nicht sofort die Mailbox einschaltet, dann deutet das in der Regel darauf hin, dass das Telefon zumindest noch an ist. Leider war das offensichtlich bei Horsts Gerätschaft nicht der Fall – unmittelbar nach drei Sekunden aktivierte sich ebene jene Mailbox, und somit gingen alle davon aus, dass das Handy entweder ausgeschalten oder kaputt gewesen ist.

„Das ist das hundertste Mal, dass einer von uns versucht ihn dranzukriegen! Und er hebt nie den Hörer ab! Das ist viel zu komisch!", tobte der ängstlich gewordene Thomas im Hauptzelt, wo alle wichtigen Teammitglieder anwesend waren. Der kalte Schweiß auf seiner Stirn war ihm anzusehen.

Gregor versuchte indes beruhigend auf den Regisseur einzuwirken: „Immer mit der Ruhe! Wir wissen ja nicht, was passiert ist! Vielleicht ist er längst in der Stadt, hat jedoch nur sein Gerät deaktiviert... Wer weiß, wir können das schließlich nicht wissen."

„Ach ja? Das glauben Sie also, Herr Winkler? Dass er sein Handy einfach ausmacht, wo er doch vorher immer davon gefaselt hat, wie oft er uns noch anrufen würde! Da ist was passiert, und jetzt ruf' ich verdammt noch mal den Notruf! Irgendwas ist faul an der Sache!"

„So geht das nicht, Herr Altmann! Die würden doch Stunden brauchen, bis sie kommen! Außerdem ist Killswitch dann vielleicht beendet!", unterbrach ihn einer der Tonmänner.

Der Mann erhoffte sich vielleicht eine Reaktion vom Filmemacher, die ihn dazu bringen würde, sein Vorhaben zu unterlassen. Das Gegenteil war der Fall.

Ich bin noch immer der Leiter hier, und wenn ich sage, dass jetzt Schluss ist, dann ist Schluss, oder haben Sie da irgendwas missverstanden?", schrie er den Kerl an. Normalerweise war er kein aggressiver Vorgesetzter.

Ruhe war eingekehrt. So wütend hatten die anderen ihren sonst so freundlichen Chef nie erlebt. Altmann wählte den entsprechenden Notruf in Russland und wartete, bis aus dem anfänglichen Piepsen eine vertraute Stimme werden würde. Aber er musste warten, und warten, und warten. Gespannt lauschten auch die Leute um ihn herum, ob jemand den Hörer abnehmen und mit dem Filmeschaffenden sprechen würde. Doch es war vergebens. Stattdessen hörte man nur eine russisch-sprechende Computerstimme etwas hinunterreden, das verdeutlichte, dass momentan keine Funkverbindung möglich sei.

„Was ist das? Da hat doch keiner abgehoben!", beschwerte sich der Anrufer.

„Thomas, das ist auch eine Stimme, die dir sagen will, dass gerade keine Verbindung aufgebaut werden kann! Ist ja so wie in Deutschland auch!", belehrte ihn anschließend der ebenfalls sehr nervös wirkende Gerold, der sich allmählich Sorgen um die Seriosität des Formats machte.

„Mist!", er warf das Handy mit Gewalt gegen die Zeltwand. „Was machen wir jetzt? Horst ist weg, keiner weiß, was ihm widerfahren ist und der beschissene Notdienst hat keinen Draht bis hierher! Das kommt mir alles mehr als spanisch vor!"

„Das hat sicher seine Gründe! Ich glaube kaum, dass Killswitch-Russia mit uns ein komisches Spiel treibt... Das wäre einfach zu absurd, um wahr zu sein, Thomas!", der Arzt Arnold zeigte sich wieder von seiner rationalen Seite.

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