„Bitte?", fragte Ernst überrascht nach, als Thomas ihm weiß machen wollte, dass er als Regisseur und Projektleiter von seinem eigenen Security-Chef vertrieben wurde. „So ein unglaublicher Blödsinn, ehrlich wahr. Sowas habe ich lange nicht mehr gehört! Was sind Sie so aufgelöst eigentlich? Was stimmt mit Ihnen nicht, hm?", er wurde im Ton aggressiver.
„Und wenn ich es Ihnen noch tausend Mal sage, es ist so, verdammt! Der Fettsack ist komplett ausgerastet! Der dreht jetzt völlig am Rad!", knurrte der Regisseur wild zurück, während er verschwitzt und schnell atmend da auf der Couch im Wohnzimmer saß.
Die anderen – Daniel, Norbert, Julia, Ernst und sogar Markus, der aus der Ecke des Zimmers mit verschränkten Armen an der Wand lehnte – starrten auf die Geflüchteten hinab, fast schon bemitleidend. Zunächst wollte keiner Thomas diese merkwürdige Gruselgeschichte abkaufen, die er von sich gab. Aber nachdem selbst der stille Richard und der sonst immer rational denkende Arnold die Sache mehrfach bestätigten, schenkten sie ihnen etwas Glauben.
„Der Mann hat Recht", sagte Arnold, ebenfalls dreckig vom Schlamm und mit dicken, unübersehbaren Schweißperlen auf der hohen Stirn. „Der Dicke war am Anfang ganz gefasst, wie Thomas ihn auf die Angelegenheit mit Felder angesprochen hat. Dann ist er immer sensibler geworden und irgendwann...", er hielt kurz inne. „Da kam der Ausraster. Der Kerl hat Thomas gepackt, das könnt ihr euch nicht vorstellen! Hat ihm gedroht, geflucht, gewürgt... Ich dachte, der wird's nicht mehr lang machen, unser Regisseur. Richard und ich...", er warf einen verstehenden Blick zu dem Schnittmeister, ehe er weitersprach. „Wir haben versucht, ihn aufzuhalten, ihn wegzuziehen."
„Aber keine Chance", fügte Richard ebenfalls bestätigend noch hinzu. „Von dem die Angestellten haben uns auch zurückgezogen. Irgendwann hat Thomas die Flucht ergriffen, und wir natürlich auch. Wir sind ja nicht irre, ne?"
Julia schaute erschaudert drein. Sie zitterte sogar ein bisschen an ihren Händen, das merkte man. Dass selbst Crew-Leute mit Felders sogenannter Sekte unter einer gemeinsamen, dreckigen Decke steckten, das verunsicherte sie. Und auch die anderen. Sie waren eingeschlossene, isolierte, umzingelte Aussätzige geworden, die wie die Lepra-Kranken im Untergrund eingepfercht wurden und auf die Versorgung von oben angewiesen waren. Es war etwas sehr Unschönes, das sie nun waren. Noch immer völlig ahnungslos darüber, wie es der so erbärmlich wirkende Anton Felder es schaffen konnte, derartig viele Menschen auf seine Seite zu ziehen.
„Es sind die Bilder", meinte Norbert wie aus dem Nichts heraus. Aus dem Kontext gerissen, aber dennoch sprach er ein wichtiges Thema an. „Der Mann ist ein scheiß Manipulant, ich sag's euch."
Julia lenkte ihren getrübten Blick zu ihrem Kollegen: „Glaubst du das?"
„Ja, und wie. Die hat Killswitch dagelassen, um uns Schiss zu machen. Jede Woche ein neues Opfer, stand da. Der Kerl nutzt das geschickt, wirklich. Es ist fast erschreckend."
Thomas hob seine Hände und ballte zwei wütende Fäuste: „Das erklärt trotzdem nicht, wieso sich erwachsene Personen mit einem festen Standbein im Leben auf so ein mieses Arschloch wie ihn einlassen würden! Nur weil er meinetwegen Nahrung hat? Die müssten ihn doch voll ausnutzen und bestehlen, he! Es muss mehr als das sein! Mit den Bildern lockt er sie vielleicht, aber er hat irgendwas an sich, das sonst keiner hat!"
Daniel hielt ein Glas Wasser in der Hand – das war noch Reserve vom letzten Mal, als Felder ihnen fürs Nahrung bringen Wasser hinunterließ: „Scheiße, Mann...", er trank eine richtigen Schluck. „Es ist so... beschissen einfach. Sogar Mahoud und Mira. Die haben sich komplett entfremdet, seit sie bei ihm hausen. Es muss dort oben wirklich zugehen, der verändert sie tatsächlich."
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KILLSWITCH
Misterio / SuspensoThomas Altmann ist ein aufbrausender Filmemacher der Ageloin-Mediengruppe, der sich schon seit Monaten nach einem neuen Auftrag sehnt. Eines Tages wird sein Wunsch erhört, und sein Chef bringt ihm das mysteriöse Skript für eine neue Reality-TV-Serie...