Kurz vor acht Uhr am Abend. Norbert und Julia hatten es sich in dem ehemaligen Zimmer von Ernst Marak gemütlich gemacht und wie es ihr Gastgeber Anton Felder vorgeschlagen hatte, die nassen, schmutzigen Kleider gewechselt. Der dünne Brillenträger Gerrit, der sich nun als vollwertiges Mitglied von Felders Gruppe verstand, hatte ihnen jeweils eine gemütliche Pyjamahose und neue Shirts gegeben, als „kleines Geschenk des Hauses", wie er meinte. Nun lag Julia auf dem Bett und blickte mit dem Gesicht zur Decke, während ihr Begleiter auf dem anderen Schlafplatz saß und verwirrt wirkte. In Kürze sollte das vom Hausherrn angekündigte Treffen im Foyer stattfinden.
„Dass Felder so freundlich ist...", sagte Norbert zu Julia. „Das ist mehr als verdächtig. Ich halte davon gar nichts."
„Oh", sie schwenkte den Kopf zu ihm. „Ich bin... mir nicht ganz sicher, muss ich sagen. Vielleicht ist es ja doch nicht so schlimm, wie alle tun. Kein Wunder, dass sich jeder hierher verirrt... Dann soll er eben den Anführer spielen, na und? Immerhin gibt's dann Frieden, Wärme und Rationen. Mehr brauch' ich nicht."
„Ju... Julia?", Norbert sah ein wenig entsetzt aus und runzelte die Stirn.
„Was denn?"
„Du sympathisierst mit Felder, der wahrscheinlich zwei Leute umgebracht hat?"
„Ach... Nein, Norbert... Natürlich nicht. Das war nur ein Gedanke von mir. Nichts allzu Ernstes. Ich hab' nur mal versucht, mich in die Lage eines Hausbewohners zu versetzen."
„Will ich schwer hoffen. Fast hätte ich gedacht, er hätte dich auch schon rangekriegt, genau wie Mira oder Mahoud. Ich glaub' dem Kerl nämlich kein Wort. Der tut nur freundlich und zuvorkommend. In Wahrheit ist das ein reiner Wahnsinniger."
Jetzt setzte sich Julia auch auf: „Ja, aber das ist Kenneth auch, wie du erfahren hast. Ein irischstämmiger, konservativer, rassistischer Hinterwäldler. Genau das ist er. Mehr nicht."
„Mag sein... Aber er wird uns helfen."
„Die Leute im Haus werden sich das Gleiche bei Felder denken."
„Menschen lassen sich gerne blenden, hab' ich das Gefühl..."
„Ist so, Norbert... Ist so..."
Ein lauter Knall. Die Tür zu ihrem Zimmer wurde regelrecht aufgestoßen, und zwar von keinem Geringeren als Peter selbst. Julia und Norbert erschraken und standen natürlich sofort auf, als sie den zweiten Mann nach Anton erkannten, der sie emotionslos anstarrte.
„Mitkommen, bitte. Es ist beinahe acht Uhr", sprach der Lakai zu ihnen mit sanfter Stimme. „Ihr werdet erwartet."
„Nicht schlecht", sagte Norbert und lächelte sogar kurz zu Peter, aber dieser ging nicht darauf ein, sondern behielt seine Kälte.
Peter gab schließlich die Richtung vor und die zwei Entsandten gingen ihm nach. Es war ein hastiger und recht zügiger Gang von Peter, der den Eindruck machte, sehr schnell beim Foyer ankommen zu wollen. Die Beiden stellten sich dennoch auf das rasche Tempo ein und kamen dann schlussendlich tatsächlich beim Foyer, relativ genau vor der Haupttreppe an. Dort stand alles parat – ein Kreis aus brennenden Kerzen und offenbar alle Einwohner des Hauses um diesen Kreis herum. Die Treppe selbst wurde freigelassen, nur Anton Felder und zwei von Gregors Sicherheitsleuten standen auf dieser, um den Überblick über alle zu wahren. Mahoud war auch da und blickte böse zu den Eintreffenden, während von Mira keine Spur zu sehen war.
Anton sah jetzt, dass die zwei Gäste zusammen mit Peter eintrafen: „Freunde, macht Platz für unsere Besucher!", schrie er in die Menge vor ihm.
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KILLSWITCH
Mystery / ThrillerThomas Altmann ist ein aufbrausender Filmemacher der Ageloin-Mediengruppe, der sich schon seit Monaten nach einem neuen Auftrag sehnt. Eines Tages wird sein Wunsch erhört, und sein Chef bringt ihm das mysteriöse Skript für eine neue Reality-TV-Serie...