Ruhiger Abend

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Ich setze mich auf die weiße Couch und schaue mich in Taes und jetzt auch meiner Wohnung um. Im Gegensatz zum Dorm ist die Küche vollständig offen. Daneben sind zwei Türen. Die eine ist angelehnt. Ich höre, wie weitere Türen geöffnet werden. Taehyung verräumt gerade vermutlich meine Sachen. Mein Blick wandert weiter. In einer Nische neben dem Fernseher steht ein Schreibtisch mit einem Laptop. Ich stehe auf und setze mich auf den Schreibtischstuhl. Neben dem Laptop steht wieder ein Bild von Mi-joo. Sie trägt einen weißen Pulli und schläft. Vermutlich hat Tae sie fotografiert. Meine Laune sinkt wieder. Sie wird hierhin zurückwollen. Wie sollte es anders sein?
Woher willst du das wissen?
Wow, mein Gewissen meldet sich auch mal wieder.
Ja, und es sagt dir, dass Mi-joo hierhin nicht mehr zurück  will.
Woher willst du das?
Ganz einfach. Warum wärst du sonst hier?
Weil ich und sie Seelenverwandte sind.
Sie war todunglücklich hier du Vollidiot.

Woher willst du das wissen?
Du hast wirklich null  Kombinationsgabe. Sie hat alles in ihr Tagebuch geschrieben, nur du warst du blöd es zu bemerken!
In ihrem Tagebuch standen nur schöne Dinge!
Lies zwischen den Zeilen. Sie hat immer wieder Andeutungen gemacht!
Das kann nicht sein, ihr Leben ist perfekt. Sie hat einen wundervollen Freund. Sie ist berühmt. Sie hat alles.
 Auch die Fähigkeit zu entscheiden? Mi-joo wollte das alles hier nicht. Ja, sie hat Taehyung. Du hast etwas viel besseres. Du kannst das machen, was du willst und musst nicht auf das hören, was andere von dir wollen. Mi-joo dachte das Leben als Idol wäre einfach. Sie hat sich getäuscht und kann durch diesen Körpertausch genau das machen, was sie will und nicht was andere von ihr erwarten.         
Heißt das, ich muss nicht zurück? Dass ich ihre Rolle übernehmen kann?

"Mist, du hast es gefunden", höre ich Tae hinter mir fluchen. "Ich wollte es noch verstecken. Bitte sei nicht sauer, du warst so niedlich und ich konnte mich nicht zurückhalten" Ich beginne zu lachen. Er sieht mich verwirrt an. "Du bist nicht sauer?", fragt er mich. Ich schüttelt meinen Kopf und umarme ihn. "Es ist niedlich", kichere ich. Kurz pausiere ich, bevor ich in einer bedrohlichen Stimme fortfahre: "Aber mach es nie wieder" Tae scheint sichtlich verwirrt. "Wie wäre es mit etwas zu essen?", wechselt er das Thema. Als Bestätigung beginnt mein Magen sofort zu knurren. "Keine Sorge. Jin hat extra was für uns vorbereitet, er hat sonst Angst um die Wohnung" Warum bloß? Wir setzen uns auf die Couch und packen das Essen aus. Wie immer ist es fantastisch. 

Während Tae abwäscht schweift mein Blick über das Bücherregal. Ein Buch fällt mir besonders ins Auge. "Du liest die Schwarze Blume?", möchte ich von ihm wissen. "Das ist deins. Du hast es hier gelassen und ich hab immer vergessen es dir wiederzugeben", ruft er aus der Küche. Ich nehme das Buch heraus. Ich wollte es schon immer mal lesen. Ein Lesezeichen steckt mitten im Buch. Ich nehme es heraus. Ein Foto von zwei Kindern. Beide lächeln glücklich in die Kamera. Es sind Yoongi und Mi-joo. Es ist seltsam Mi-joo so zu sehen. Ihre Augen strahlen, auf allen anderen Bildern, die ich von ihr gesehen hab, fehlt dieses Strahlen. War sie also wirklich nicht glücklich? Auf der Rückseite ist ein weiteres Bild. Es sind Mi-joo, Hyuna, Hyun-ae, Sijo und Min-ae. Sie sitzen in einem Park. Das Bild scheint ohne ihr Wissen aufgenommen worden zu sein, denn keine von ihnen schaut in die Kamera. Es ist etwas anderes sie so zu sehen. Irgendwie erinnern sie mich an die Mädchen, die jetzt in ihren Körpern sind. 

Schnell stecke ich das Bild wieder ins Buch, danach stelle es zurück in den Schrank. Tae hat das Geschirr schon aufgeräumt und sitzt bereits auf der Couch. "Was willst du anschauen?", fragt er mich. "Kannst du dir aussuchen, ich zieh mich noch schnell um", antworte ich ihm. Meine Jeans wird langsam ungemütlich. "Du weißt ja wo du hin musst", sagt Tae nur, bevor er beginnt durch die Kanäle zu zappen. Ich gehe in unser Schlafzimmer. Es ist ziemlich klein. Das enorme Bett nimmt einen Großteil des Platzes im Zimmer ein. Ich gehe zum Schrank und öffne ihn. Eine Reihe an Desingerklamotten erstreckt sich vor mir. Vermutlich zahlt Tae mehr für Klamotten als ich. Sicherlich. Ich nehme mir einen weich aussehenden Pulli heraus, ziehe mein T-Shirt und meinen BH aus und schlüpfe danach in das weiche Stück Stoff. Sein Geruch hüllt mich sofort ein. Jetzt brauch ich nur noch meine Jogginghose. Allerdings ist es in Taes Schrank unmöglich auch nur eine Hose zu finden, überall sind nur weitere Pullis, Jacken und Shirts. Schlussendlich entscheide ich mich die Hose einfach ganz wegzulassen, Hosen braucht doch eh keine Sau. 

Fertig umgezogen gehe ich wieder ins Wohnzimmer. Tae zappt immer noch durch die Kanäle. Ich setze mich neben ihn. "Was ist das denn? Die bringen heute echt nur Dreck jetzt mal ernsthaft", beschwert er sich. "Und was hast du da an?"-"Einen Pulli", antworte ich. "Ja, meinen Pulli und vor allem keine Hose", meckert er weiter. "Dann sag mir wo du meine Hosen hingeräumt hast. Überall sehe ich nur Gucci Gucci und Gucci", entgegne ich, während ich den Fernseher ausschalte. "Ich habe deine Sachen in die unteren Schubladen geräumt, es ist ja nicht sonderlich viel", informiert er mich. "Ich brauch ja auch nicht sonderlich viel", kichere ich. "Ja, weil du immer meine Sachen trägst", lacht Tae, seine Laune scheint sich gehoben zu haben. "Die sind halt bequemer und riechen besser", entgegne ich frech. Tae zieht mich an sich. "Sollen wir schlafen gehen?", murmelt er "Meine Laune auf Fernsehen ist mir vergangen" Ich nicke. Wir stehen auf und gehen zusammen ins Bad. "Soll ich mich noch rasieren?", möchte er von mir wissen. Ich zucke nur mit den Schultern. Er mustert sich im Spiegel. "Ich sollte", beschließt V. Ich nehme mir meine Zahnbürste und beginne meine Zähne zu putzen. 

Als ich fertig bin schaue ich neben mich. Taehyung starrt konzentriert auf sein Spiegelbild, während er die Rasierklinge über seine rechte Wange zieht. Bei seinem Anblick beginne ich leise zu kichern. "Was lachst du jetzt?", fragt er mich. Er legt den Rasierer auf den Waschbeckenrand, bevor er mich sanft an die Wand presst. Ich kann mein Lachen nicht mehr zurückhalten. Halb rasiert sieht und ernst passt nicht sonderlich gut zusammen. "Küss mich", Taes ruhige Stimme lässt mich verstummen. "Erst wenn der Schaum aus deinem Gesicht ist", kichere ich. Grinsend kommt Taes Gesicht meinem näher. Ich quietsche auf und versuche ihn wegzudrücken. "Küss mich du liebst mich", lacht er. Ich kann meinen Kopf nicht mehr rechtzeitig wegziehen. Unsere Lippen treffen aufeinander."Selber Schuld", schmunzelt Tae und rasiert sich weiter, während ich mir den Schaum vom Gesicht wasche. 

My Second LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt