Die Herztöne verlangsamen sich!

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„Die Herztöne verlangsamen sich!“

In Deutschland hatte Elyas noch ein weiteres Projekt und danach nimmt er sich 4 Monate frei um für Aicha und das Baby da zu sein. Sie ist bereits im 8. Monat und kann schon länger nicht mehr joggen gehen, was sie sehr ärgert. Aber dafür geht sie fast jeden Tag im Pool schwimmen.

Wenn Elyas nicht dreht, liebt er es unheimlich viel zu schlafen und erst am späten Morgen aufzustehen und heute ist einer dieser Tage. Wie immer ist Aicha schon aufgestanden und er findet sie auf dem Sofa vor dem Fernseher. Er gibt ihr auf dem Weg in die Küche einen Kuss und lächelt sie an. Mit einer Tasse Kaffee und einem Brötchen setzt er sich zu ihr und streichelt ihre Beine. Plötzlich stöhnt Aicha leise. „Hast du Schmerzen?“ fragt Elyas sofort. „Ich glaube, ich habe Wehen.“ antwortet sie. Elyas springt auf und meint: „Ok, ab ins Krankenhaus. Es ist doch noch zu früh."

Im Krankenhaus wuseln mehrere Ärzte und Krankenschwester um Aicha herum und nehmen ihr Blut ab, machen Ultraschalls und beraten sich. Elyas scheint nichts zu verstehen. „Was ist nun los?“ schnauzt er den Oberarzt an. Der Arzt guckt etwas irritiert, antwortet dann aber professionell: „Der Muttermund ist leicht geöffnet. Der Geburtststermin ist zwar erst in 5 Wochen, aber der Fötus ist schon vollständig entwickelt. Einer Geburt stünde also nichts im Wege. Besser wäre es allerdings, wenn wir es noch ein bisschen hinauszögern könnten. Wir müssen jetzt einfach ein bisschen abwarten. “ Elyas guckt Aicha besorgt an und seufzt. Als die Ärzte alle weg sind, steigt er vorsichtig in ihr Bett und sie kuschelt sich an ihn. Er fühlt ihren Bauch und kann die Tritte seiner Tochter spüren und sein Herz schlägt schneller vor Aufregung.

Alle paar Minuten kommt eine Schwester oder ein Arzt ins Zimmer und checkt die Herztöne des Babys. Es ist schon am späten Nachmittag und Aicha und Elyas sind Arm in Arm eingenickt, als eine Schwester ins Zimmer kommt, auf den Monitor guckt und sofort wieder rausrennt um den Arzt zu holen. „Mist! Die Herztöne verlangsamen sich! Wir müssen die Kleine jetzt holen.“ bestätigt der Arzt. Elyas Augen sind vor Schreck geweitet. „Kann ich mit in den OP?“ fragt er. „Natürlich. Die Schwester nimmt sie mit um Ihnen OP-Kleidung zu geben.“ Elyas geht zögernd hinter der Schwester her während Aicha eine PDA bekommt und auf den Kaiserschnitt vorbereitet wird.

Elyas weiss schon, wie man den sterilen OP-Kittel, die Mütze, den Mundschutz und die Handschuhe anzieht, denn er hatte mal in einer Arztserie mitgespielt. Aber dieses Mal war es ernst, dieses Mal ging es um sein Baby und seine Frau. Er hatte das Gefühl, sein Herz würde gleich stehen bleiben. Er hat Angst, dass er Aicha oder seine Tochter verlieren könnte. Er atmet schnell und ist orientierungslos. Er reibt seine Augen und versucht die Kontrolle wieder über sich zu erlangen. Aicha braucht jetzt seine Stärke. „Sind sie bereit?“ fragt die Schwester. Elyas nickt nur und folgt ihr. Die Welt um in herum scheint still zu stehen, seine Schritte hallen in seinen Ohren wieder und wie in Zeitlupe tritt er in den Operationssaal, wo Aicha schon auf dem Operationstisch liegt. Er nimmt ihre Hand und guckt in ihre wunderschönen Augen. „Alles wird gut!“ flüstert er ihr ins Ohr und setzt sein schönstes Lächeln auf.

Die Stimmen der Ärzte scheinen meilenweit weg zu sein und er wartet sehnsüchtig auf ein Geräusch seiner Tochter. Er legt seinen Kopf ganz nah an Aichas und streichelt ihre Hand. Plötzlich hört er ein kleines Krächzen, er hebt seinen Kopf und schon bekommt er ein kleines Bündel in grünlichen Decken in den Arm gelegt. „Hier ist ihre wunderschöne Tochter.“sagt die Schwester lächelnd und er hält sie so nah wie möglich an Aicha ran, damit sie sie sehen kann. Aicha hat Tränen in den Augen und streichelt ihre Tochter vorsichtig. Auch Elyas weint.

Plötzlich schalt ein Satz ganz deutlich im Raum: „Scheisse, wo kommt das ganze Blut her?“ sagt der Arzt etwas zu laut. Die Schwester dreht sich ruckartig um und wartet auf Anweisungen. „Bringt den Vater und das Baby raus hier! Und du, absaugen!“ schreit der Arzt etwas ungeduldig. Die Schwester führt Elyas mit seinem Baby auf dem Arm nach draussen. Er guckt zu Aicha, die mit aufgerissenen Augen hilflos auf dem Operationstisch liegt. Die Tür zum Operationsraum schliesst sich und Elyas Herz bleibt für einen Moment stehen.

Liebesfeuer: 4. Bis der Tod uns scheidetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt