»Ablenkung«

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Der Rest der Schulstunden verging quälend langsam. Ich konnte Nash einigermaßen erfolgreich aus dem Weg gehen.

Gerade läutet die Glocke zum Schulende und ich seufze erleichtert auf. Da ich davon ausgehe, dass Ravan  zur Zeit nicht mit mir reden, oder in Kontakt stehen möchte, lasse ich die Schultern enttäuscht nach unten fallen und verlasse das Schulgebäude.

War's das? Werde ich jetzt überhaupt noch Kontakt zu ihm haben?

,,Hey Edi !"

Erschrocken drehe ich mich um und sehe wie Kane auf mich zu gejoggt kommt.

,,Ehrlich jetzt? Edi?" Frage ich verstört.

Lachend bleibt er vor mir stehen und fährt sich durch die braunen, verwuschelten Haare.

,,Du warst in der Schule irgendwie anders, ist irgendetwas vorgefallen, zwischen Ravan und dir?" Fragt er und legt besorgt seine Hand auf meine Schulter.

Ich senke meinen Kopf nach unten. ,,Es ist wirklich aufmerksam von dir, das dir das aufgefallen ist, aber mir geht's gut. Es war einfach nicht mein Tag." Antworte ich unsicher und streiche mir eine Strähne aus dem Gesicht.

,,Hey Eden. Vielleicht kennen wir uns nicht so lange, aber du kannst mir ruhig alles erzählen wenn es dir schlecht geht, auch wenn es sich nicht um Ravan dreht, was ich zwar bezweifel." Er hebt die Augenbrauen in die Höhe und schenkt mir ein kleines lächeln. ,,Ich mag dich und Ravan anscheinend auch, deshalb bin ich jetzt dein Freund und mit freunden kann man über alles reden."

Ich hebe meinen Kopf und sehe in seine braunen Augen die mich herzlich anschauen.

Kane ist wirklich ein toller Kerl. Auch wenn es nicht so rüber kommt, besitzt der große Sportler auch ein gutes Herz.

,,Ich meinte heute früh zu Ravan, das es vielleicht besser wäre, er würde mich nicht direkt vor der Schule raus lassen. Ich wollte nicht das die Schüler etwas falsches von im denken. Sie würden sich Geschichten ausmalen, wie das er mich in seine "Geschäfte" mit rein zieht oder sonst so eine Scheisse. Ich wollte nur das er nicht so im Mittelpunkt steht oder angegafft wird nur weil er im Knast war. Die Leute würden bestimmt Angst bekommen, panisch reagieren und was sonst noch alles. Ich wollte ihm das alles ersparen, aber er bekam das alles in den falschen Hals und ist angepisst davongefahren." 

Ich raufe mir die Haare und sehe Kane verzweifelt an.

Der fängt an zu grinsen und leckt sich über die Lippen.

,,Du magst ihn wirklich, seine Vergangenheit hat dich nicht von ihm abgeschreckt. Eden, er mag dich auch und das du so gelassen auf seinen Ruf reagiert hast, das hat er dir hoch angerechnet, erkläre ihm das, so wie du es mir erklärt hast. Er wird das verstehen. Ravan ist zwar impulsiv und leicht zu reizen, aber er ist auch ein guter Zuhörer."

Kane zieht mich in eine Umarmung und wuschelt mir durch die Haare. ,,Danke Kane."

,,Kein Ding und jetzt gehen wir zu Vince in die Werkstatt und dort werden wir auch Ravan finden."

Der braunschopf hebt den Zeigefinger. ,,Und ihr werdet dieses Missverständnis klären."

Grinsen folge ich Kane und schüttel den Kopf. Kane ist echt einzigartig.

,,Weißt du Edi , Ravan hat vielleicht viele Fehler in seiner Vergangenheit gemacht, doch wenn es auf das große und ganze drauf ankam, war er immer da." Er sieht mich ernst an und verlangsamt etwas seine Schritte.

,,Weißt du was damals passiert ist?" Frage ich und hoffe ihm nicht zu nahe getreten zu sein, mit dieser Frage.

,,Selbst wenn ich es wüsste, dürfte ich es dir nicht sagen, das muss Ravan tun und ob du ihm glaubst oder nicht ist dann deine Sache."

Etwas geknickt von der Antwort nicke ich.

,,Lass den Kopf nicht hängen Edi." Lacht Kane.

,,Hör auf mich so zu nennen, der Name ist Scheisse." Schmolle ich und gebe ihm einen stoß seitlich in die Rippen.

,,Nö." Antwortet er lachend und kriegt sich nicht mehr ein.

,,Was ein Scherzkeks." Murmel ich und erkenne Barny's Werkstatt in der ferne.

,,Das ist also Barny's." Ich muss schmunzeln. Ein riesengroßes Schild ragt über der alten Fabrikhalle. Die Tore sind geöffnet und es stehen ein paar Auto's herum. Ein alter Mercedes und ein Camaro.

,,Woher weißt du das Ravan hier ist?" Frage ich unsicher und bleibe dicht hinter Kane.

,,Andere Jungs brügeln sich oder suchen sich ein Flittchen zum abreagieren, er tat das zwar früher auch. Aber seit einigen Jahren schraubt er lieber an Auto's herum um runter zukommen. Da ist das einzige was ihm hilft zu vergessen." Erklärt mir Kane und ich werde immer nervöser.

Hat er sich oft an einem 'Flittchen' abreagieren müssen?

Ich schüttel über diesen Gedanken den Kopf und ziehe mir die Jacke von den Schultern. Es ist zwar schon Anfang Oktober, aber dennoch ist heut ein heißer Tag.

Kane legt einen Arm um mich und zieht mich mit in die Werkstatt.

Er klopft mir ermutigend auf den Rücken und zeigt Richtung Werkbank. ,,Viel Glück." Flüstert er mir zu. Verwirrt sehe ich ihn an, doch er nimmt mir die Jacke ab und gibt mir einen kleinen Schubs nach vorne, sodass ich fast über meine eigenen Füße stolper.

Das geht nicht gut.

Unsicher spiele ich mit meinen Fingern und kaue mir auf der Lippe herum.

Der gut gebaute Mann, der mit dem rücken zu mir steht, trägt die Jeans tiefer an den hüften als heute früh. Ebenso trägt er nur noch ein schwarzes Top, sodass ich seine faszinierenden Tattoos erkennen kann. Es ist nicht viel was ich erkenne, aber es reicht um zu bemerken das dieses Tattoo ihn nur noch attraktiver macht. Sein braun gebrannter Körper ist verschwitzt und überall sind Ölflecken. Seine schwarzen Haare sind leicht nass und seine Muskeln spannen sich immer wieder an, da er etwas in dem Schraubstock festklemmt.

,,Ravan." Flüster ich leise und mit brüchiger Stümme.

Er hält in der Bewegung inne und sein ganzer Körper spannt sich an.

Ruckartig dreht er sich um und ich kann keine genaue Augenfarbe mehr bei ihm erkennen. Er sieht nicht wütend aus, sondern verletzt.

Verletzt von mir.

Ist das nicht Schwachsinn, er ist so sturr und eigensinnig, haben meine Worte ihn so verletzt?

Erst jetzt bemerke ich das seine Wange ein kleiner Schnitt ziert. Vorsichtig lege ich meine Hand auf seine Wange und streiche vorsichtig darüber. Für einen kurzen Moment scheint er es zu genießen und seine Augen schließen sich für ein paar Sekunden.

,,Du bist verletzt." Hauche ich und sehe ihm in die Augen. Sie sind klarer geworden, ich kann wieder seine wunderschönen Sprenkel erkennen.

Ich ziehe meine Hand zurück und atme kurz tief durch. Ravan hat bis jetzt kein Wort gesagt. Nichts.

,,Ich weiß nicht ob ich dich verletzt habe, oder ob dir meine Worte generell egal sind, aber das heute früh meinte ich nicht einmal ansatzweise so, wie es für dich rüberkam. Ich wollte einfach nicht das sie sich  Geschichten über dich ausdenken, anfangen falsche Dinge in die Welt zu setzten. Ich, ich wollte doch nur das du nicht komische Blicke abbekommst, denn diese Blicke passen nicht zu dir, kann sein das sie alle von den Gerüchten gehört haben, vermutlich haben sie das alle. Sie scheinen alles über dich zu Wissen, doch das was ich bis jetzt über dich weis, ist, das du kein schlechter Mensch bist und noch weniger ein Verräter oder Mörder."

RavanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt