»Naivität?«

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Ich sehe wie er inne hält und sich sein ganzer Körper anspannt. Seine Hand umklammert den Kochlöffel und ich habe Angst das er ihn gleich zerbrechen wird.

Natürlich weiß ich wer er ist. Ich habe es kapiert als ich ihn am Türrahmen hab lehnen sehen. Dann kam mir Cary in den Sinn wie sie mir erzählte das ein gewisser Ravan DeCaro in der Stadt wäre und sich ein Haus tief im Wald gekauft hat.

Es passte alles.

Die tiefe angsteinflösende Stimme, die mir immer wieder Gänsehaut bereitete. Sein breit gebauter Körper. Die Muskeln die jedes Mädchen wie Wasser in seinen Händen zergleiten lässt.

Er dreht sich um, legt den Kochlöffel neben sich ab und lehnt sich vor, sodass sich unsere Gesichter fasst berühren. Ich schlucke, als sein Geruch mich umhüllt und verfluche meine Hormone.

,,Du schreist nicht, zitterst nicht am ganzen Leib wenn du mich siehst, wehrst dich nicht wenn ich dich anfasse, ich sehe keine Angst oder Hass in deinen Augen.
Aber du weißt wer ich bin, also warum verspürst du nicht all das?"

Ich sehe keine Verwirrung in seinen Augen, er scheint neutral, als würde er auf alles Vorbereitet sein, was ich jetzt sagen würde.

Warum verspüre ich eigentlich keine Angst? Ich finde keine Worte. Ist es sein Aussehen? Weil er mir nie etwas getan hat. Seine charmante und dennoch harte und temparamentvolle Art?

,,Ich vertraue dir."

Überrascht reiße ich die Augen auf. Wie immer war mein Mund schneller als meine Gedanken.

Kurz sehe ich auch Überraschung in seinen Augen auffunkeln, die kurz danach von einem Schnauben zunichte gemacht wir.

,,Das solltest du nicht. Nicht bei mir!"

Er dreht sich wieder um und rührt weiter in der Soße. Seufzend lege ich die Hände auf der Platte ab. Kurz darauf wird mir ein lecker duftender Teller vor die Nase geschoben. Ravan setzt sich gegenüber von mir und fängt an zu essen.

Langsam fange ich auch an zu essen und muss mir eingestehen, das er wunderbar kochen kann. Hungrig verschlinge ich schon fast die Spaghetti und merke wie sein Blick dabei auf mir ruht. Das ist mir aber egal, immerhin will ich nichts von ihm und ich habe Hunger.

,,Es war lecker."
Ich schaue in seine Richtung und merke wie er mich noch immer anschaut. Verwirrt versuche ich zu verstehen warum er nicht wegsieht, aber er scheint nicht am geringsten daran zu denken. Letztendlich löse ich mich von seinem wunderbaren Anblick und reibe mir müde die Augen.

,,Wie kommt es das ich dich noch nie gesehen habe, bevor ich im Knast saß?" Seine raue stimme verleiht mir Gänsehaut und ich möchte mir am liebsten die Arme reiben um dieses Gefühl wieder loszuwerden. Auch wenn es sich gut anfühlt, das darf es nun mal nicht.

,,Ich- du.. du warst schon davor in New River? Ich dachte du bist erst hergezogen als du naja als-"

,,als ich aus dem Gefängnis gekommen bin?" Beendet er mein gestottere, schüttelt kurz darauf den Kopf und ich nicke kaum merkbar.

,,Oh. Das wusste ich nicht." Flüster ich eher zu mir selbst und schlinge die Arme um meinen Körper da mir etwas kalt geworden ist.

,,Ich, also meine Familie sind erst vor drei Jahren hergezogen." Beantworte ich seine frage und versuche ihn nicht anzuschauen.

,,Sieh mich an." flüstert er dominant und rau.

Zögerlich nähern sich meine Blicke seinen, aber ich habe Angst mich in seinen Augen wieder zu verlieren.

,,Sieh Mich An!" Laut knirscht er mit den Zähnen und beugt sich nach vorne.

Ich kaue auf der Innenseite meiner Backe herum und sehe ihn an. Sein Körper spannt alle Muskeln an. Sein scharfer Kiefer zuckt leicht und seine Sprenkel scheinen unter dem dunklen grau zu verschwinden. Es fasziniert mich wie seine Augen sich immer wieder verändern und ich sehen kann wann er wütend wird. Und wenn seine grauen Augen leicht aufleuchten und seine Sprenkel anfangen zu funkeln. Wenn er seine weichen Lippen zu einem grinsen formt und man leichte, fast kaum erkennbare Grübchen sehen kann.

,,Eden!"

Erschrocken atme ich auf, peinlich berührt senke ich die Augen und spiele mit meinen Fingern. Ich spüre wie seine angenehm warme Hand unter mein Kinn fährt und leichten Druck nach oben ausrichtet.

,,Ist schon okay."

Ich fange an zu lachen und erinnere mich als wir uns das erste mal getroffen haben. Auch auf seinen Lippen liegt ein leichtes lächeln was mir gefällt. Er sollte öfters lächeln.

Doch nach einigen Sekunden verschwindet das lächeln das mich verzaubert hat und er steht auf.

,,Komm, ich zeig dir wo du schlafen kannst."

,,Ich- ich soll hier schlafen?" Frage ich mit etwas zu hoher Stimme und kaue auf meinen Lippen herum.

,,Ganz sicher läufst du bei dem Sturm nicht nach Hause und das auch noch mitten in der Nacht und bei dem regen."

Ich nicke und auf eine Kopfbewegung von Ihm, folge ich Ravan.

Der Name passt zu Ihm, wie alles an Ihm passt. Ravan kommt aus dem arabischen denke ich, ob er Wurzeln aus Arabien hat?

Seufzend folge ich ihm in ein Zimmer mit einem Bett und ein paar Möbeln, alles in grau und weiß gehalten. Es ist nicht so protzig und groß, eher gemütlich und schlicht.

,,Im Kleiderschrank sind Klamotten, die kannst du zum schlafen anziehen."

Nickend gebe ich ihm verstehen das ich alles kapiert habe. Er dreht sich mit dem Rücken zu mir und möchte das Zimmer verlassen.

,,Ravan!"

Er bleibt stehen, dreht sich aber nicht um.

,,Du- du hast doch nicht wirklich dei-"

,,-meinen Freund umgebracht?"

Fällt er mir ins Wort und dreht sich um. Seine Augen funkeln gefährlich auf und er kommt auf mich zu wie ein Jäger der seine Beute umkreist.

,,Was wenn doch. Wenn ich kaltblütig meinen Freund umgebracht habe. Ihm eine Pistole ans Herz gehalten habe und abgedrückt habe, was dann?"

Er bleibt kurz vor mir stehen. Meine Atmung geht immer schneller und ich glaube mein Herz rutscht mir in die Hose. Doch nach wenigen Sekunden beruhigt sich mein Puls. Seine atemberaubenden Augen funkeln mich an.

,,Nichts dann, denn ich glaube nicht daran."

Behaupte ich standhaft und ich sehe Schmerz in seinem Blick. Er zieht mich an sich und fährt mit der einen Hand unter mein Shirt. Er zieht leichte Kreise auf meiner Hüfte mit dem Daumen. Unter seiner Berührung Krippelt meine Haut wie verrückt. Die andere Hand fährt zu meiner Wange die er sanft streichelt.

Er ist so unglaublich groß das mein Kopf gerade bis zu seinem Kinn reicht. Ich muss meinen Kopf in den Nacken legen und schließe kurz die Augen. Seine weichen Lippen berühren kurz meine Stirn und ich seufze auf.

,,Du bist zu gut für diese Welt." Flüstert er leise und mit rauer Stimme.

,,Das ist nicht gut, du darfst nicht in jedem Menschen etwas gutes sehen." Murmelt er und legt sein Kopf auf meinem ab.

,,Jeder Mensch ist gut, egal ob er es mal war oder geworden ist. Jeder trägt etwas gutes in sich, was manchmal zum Vorschein kommt, egal ob man will oder nicht." Flüster ich gegen seine Brust und klammer mich in seinem Shirt fest. Sein Duft umhüllt mich und die Kälte von vorhin scheint vollkommen verschwunden.

Plötzlich geht unten die Haustüre und ich zucke zusammen.

,,DeCaro!"

RavanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt