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Bild: Adam Goldan von Aerugo

Die Sonne ging endlich nach einer fürchterlich langen Nacht wieder auf und flutete die Wälder in goldenen Farben. Erschöpft saß Emma in einer sehr edlen Kutsche in Begleitung mehrerer Wächter, welches sie zum Palast von Aerugo bringen sollte. Emma hatte die ganze Nacht nicht schlafen können. Der Anblick der toten Königin hatte sie verfolgt, welche genauso aussah wie sie selber. Dies machte es eher surreal. War dies wirklich alles passiert oder war es nur ein Albtraum gewesen?
Neben der Erschöpfung war auch die Angst ihr Begleiter.
Emma konnte die Soldaten überzeugen und sie glaubten ihr auf's Wort. Keiner hinterfragte die Geschichte der Amnesie. Nur kam ihr die Frage auf, ob dies bei der Königsfamilie ebenfalls der Fall sein würde.

"Eure Hoheit. Wir werden in Kürze am Hofe ankommen." erklärte ihr einer ihrer Männer, der neben der Kutsche her ritt.
Emma zuckte zusammen. Die Anrede ließ sie immer wieder erzittern. Sich selber ermahnend sah sie ihn an.
Er war ein recht attraktiver Mann, dunkle Haare und Augen so grau wie Nebel. Er war derjenige gewesen, der sie mit zwei anderen am brennenden Kloster gefunden hatte.

"Wie lautet euer Name?" fragte Emma freiraus.
"Mein Name ist Jorden McCarthy, eure Majestät." Seine Stimme klang, als ob etwas ihn bedrückte.

"Jordan. Ich bitte euch um eine ehrliche Meinung, da ich in meinem Zustand es nicht einschätzen kann." Emma schluckte ihren Kloß hinunter. Geduldig wartete Jordan bis sie ihre Frage stellte.
"Glauben Sie ich werde meinem Land gut dienen können?" fragte sie nervös. Sie wusste, dass sie jetzt schwach wirkte, doch vermittelte Jordan ihr den Eindruck, dass sie ihm trauen konnte.
Jordan sah sie direkt an, was sie weitaus nervöser machte.

"Ich zweifle nicht im geringsten daran, dass dies euch gelingen wird, eure Majestät." gab er ihr zur Antwort. Diese Worte erleichterten Emma ungemein. Jedoch hatte sie das Gefühl, das er noch mehr damit meinte.

"In welcher Position standen Sie zu mir, Jordan?" fragte sie, denn scheinbar schien er mit Grace vertraut gewesen zu sein. Nur jemand, der Grace nah stand würde ehrlich seine Meinung kundgeben.

"Ich bin Eure persönliche Wache und ein alter Freund. Sie ahnen nicht wie sehr mich der Angriff auf Sie erschüttert hat. Ich werde mir niemals verzeihen können, nicht an Eurer Seite gewesen zu sein. Doch hatten Sie mich selber fortgeschickt und..."

"Warum hatte ich Euch fortgeschickt?" wollte Emma wissen.
Vorsichtig sah sich Jordan um, dann antwortete er: "Dies müssten wir allein besprechen, eure Majestät."
Anscheinend etwas sehr wichtiges, dachte Emma und beließ es erst mal dabei.

Nach einigen Stunden in dem wackelndem Gehäuse konnte sie das Schloss sehen und traute ihren Augen nicht.
Das konnte doch nicht wirklich ihr Ernst sein? Das Schloss war riesig.
Vor diesem lag zudem ein großer See und Wald umschloss den Palast. Hier konnten mit Leichtigkeit die Bewohner ein ganzes Dorfes, nein sogar einer ganzen Stadt unterkommen.
Hier würde sie wohnen?
Vor dem Schloss standen viele Menschen und weitere Kutschen. Sie erkannte die Flagge von Aerugo: ein Löwe, der die Sonne verschlang.
Mit Mühe versuchte Emma ihre aufkommende Panik zu unterdrücken.
Doch ihre Chance fortzulaufen war vorbei. Die Kutsche hielt vor dem Weg. Die Tür wurde von Jordan geöffnet.

"Eure Majestät."

Emma atmete einmal tief ein und wieder aus. Sei eine Königin, ermahnte sie sich.
Sie stieg aus der Kutsche hinaus. Die versammelte Menge jubelte und schienen wahrlich erfreut sie zu sehen.
Emma sah zu den anderen Kutschen und erkannte dort drei junge Frauen, die auf sie zugelaufen kamen.

"Grace! Wie lange ist es nur her?" rief die karamel haarige Frau unter ihnen und umarmte sie.
Die dunkelhaarige, mit starken Locken ermahnte diese.
"Lydia! Du siehst doch, das sie ziemlich erschrocken ist."
"Oh, du hast Recht Andrea. Ist bei dir alles in Ordnung, Grace?"
Emma sah die drei wirklich erschrocken an. Was sollte sie nur sagen?

Blutkrone Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt