wie geht's dir?

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Wie geht's dir?

Überschwemmung, Reizüberflutung.


Und dann ausgelaugt,

wie das Laub, dass im Winter plötzlich Chlorophyllmangel hat,

so vermisse ich Vitamin D,

weil die Sonne sich einfach so mal verabschieden geht

und urplötzlich ein Loch in mich reißt, aus dem ich blute.


Blut. So rot wie das Laub im Herbst, bevor es sich einheitlich braun vermischt

und alle sagen, wie  schön dieser Herbst doch ist,

aber ich, ich kann einfach nicht nachvollziehen,

nicht verstehen, wie dieses Sterben, dieses Dahinschwinden,

dieses leblos am Ast hängen, der einen immer noch hält, obwohl man längst bereit ist zu gehen, 

zu feiern ist als wäre das alles, dies schön bunte Farbspiel,

nur da, damit, auch schön für uns anzusehen,

die dunkle Jahreszeit etwas Gutes bringt.


So ein Schwachsinn, so eine mutwillig gestiftete Irritation,

so ein gemeines, nicht eingehaltenes Versprechen,

so ein unfairer Kampf der Hoffnung für nichts.

Das kann doch nicht stimmen. Das kann doch nicht richtig sein.


Und dann andauernd Regen, und Nebel in den Wäldern,

der sich dann an die Hänge klammert wie alte Erinnerungen die rufen:

halt, lass mich noch nicht gehen, bitte, ich bedeute dir doch noch was!

Oder?


Und dann sind da diese Pfützen

auf dem Boden,

die traurige Gesichter spiegeln und spritzen,

wenn ich mit meinem Fahrrad durchfahre, 

muss ich jetzt allem Übel auch noch ausweichen?


 Soweit zu meinen Gefühlen im Herbst,

gestresst und blöd und dunkel und traurig

und einsam und nass und kalt sowieso.


Ich will doch nur nach Hause.


Und bin ich endlich da, bin ich schon wieder unzufrieden, oder immer noch?,

nichts macht mich wirklich glücklich, ich stehe am Abgrund, vor diesem Loch

und ich denke: Mensch, wie schön doch der Frühling war.


Doch da sind immer noch keine Worte als Antwort auf die Frage wie's mir geht und ich sage:

so Naturkatastrophe, Klimawandel oder Hurrikane? Orkan trifft's gut.


So unreal und plötzlich da,

so neu wie jedes Jahr

so heuchlerisch und ungezogen,

so stark  und spontan und überwältigend ungut.


Und Urwald, viel auf einmal, eine Vielfalt und Vielzahl an Bewegung und Leben,

alles will sich regen, nur die Erde unter mir spür ich nicht beben

und eigentlich ist mir das alles viel zu viel.


Regenbogen treffe ich auch und dann denke ich: wow ist das schön.

Trotzdem wär ich lieber drinnen, in meinem Bett,

würde den ganzen Herbst und Winter verschlafen

oder mit einem Tee in der Hand fünfhundertsiebenunddreißig Seiten lesen

von einer Prinzessinendrachenfantasywelt,

das ist mal ne Idee,

in der mir das Wetter egal sein kann und die Protagonisten sich trotzdem unsterblich verliebt

in den größten Helden der Welt,

im Notfall schreib ich die Geschichte auch selbst, die Geschichte,

die es eigentlich gar nicht gibt. So ein Irrtum. So ein Fehler im System. 


Wo ist die Option unter der ich mir meine Welt bitte selbst generieren,

neueinstellen und überhaupt erstmal auswählen kann

und dann noch umprogrammieren?


Oder geht dass nur mit In-App-Käufen? Und dann die ganze Werbung hier,

wo ist der Sinn dahinter? Ich will nur noch weg von hier. Wann endet endlich dieser Winter

an Gefühlen im Herzen, dieser Schneesturm, dieses Eis, diese Kälte meiner Sonne.


Manchmal scheint sie auch draußen noch, selten,

dieses Licht, dass mir fehlt

für alles was sonst doch so leicht von der Hand geht,

die Sonne scheint, doch öfter ist es dunkel,

weil Wolken,

weil Nebel,

weil esitshaltschonsiebzehnuhrabends und dascheintdiesonnehaltnichtmehr.

Weil Herbst.

Weil Winter.


Und meine Gefühle spielen verrückt, sie sind auch verrückt,

manchmal viel mehr noch als ich

und dann sind sie so: Ozean in der Wüste,

und: Polargebiet am Mittelmeer

und ich dazwischen: schwimmend in Sand und frierend in der Hitze,

ist das krank!, müssen sich die anderen denken,

die das alle nicht verstehen, weil sie das alles nicht sehen,

was ich nunmal sehe.


Im Norden liegt doch auch mal der Osten

so irgendwie und ungefähr

und die Erde dreht sich und ich hänge Kopfüber von der Schaukel und staune,

wie die Welt andersherum verdreht jetzt doch aussieht und wie seltsam das ist,

dass ich nicht falle und sondern irgendwie fliege,

vollkommen unentschieden,


also zuck ich mit den Schultern und sage:

es geht halt.

Mein GedankenchaosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt