Am nächsten Morgen ist Atemu erleichtert, dass er seinen neuen Klassenraum relativ schnell gefunden hat. Als er den schon lebhaften Klassenraum betritt, wird er nicht direkt bemerkt, weshalb er sich auf seinen vorgeschriebenen Platz setzt und unauffällig seinen Blick durch die Schüler wandern lässt, die sich in mehreren Gruppen miteinander zu unterhalten scheinen.
Wie vermutet, haben sich zum zweiten Oberschuljahr schon die meisten Freundschaften gebildet, weshalb es ihm vermutlich schwer fallen wird, sich in einer der Gruppen zu integrieren.
Doch als er plötzlich ein bekanntes Gesicht sieht, ist er überrascht, aber ebenso erleichtert. Yugi, so wie sich der Junge ihm gestern vorgestellt hatte, sitzt in der vordersten Reihe und scheint abwesend aus dem Fenster zu blicken.
Atemu will schon aufstehen und ihn begrüßen, doch klingelt die Schulglocke genau in dem Moment, was ihn auf seinem Sitzplatz verharren lässt. Da der Lehrer wenige Augenblicke später eintritt und den Unterricht beginnt.Während des Unterrichts kann sich Yugi einfach nicht konzentrieren. Wieso kann ihn einfach niemand verstehen? Wütend ballt er die Hände zu Fäusten, als er an die Worte des Therapeuten denken muss.
In Gedanken versunken blickt er unentwegt aus dem Fenster und bemerkt nicht einmal, dass die erste Doppelstunde schon vorbei ist und der nächste Lehrer eintritt. Erst als er Yamis vertraute Stimme vernimmt, wendet er seinen Blick vom Fenster ab und sieht Yami, der ihm gegenüber steht, direkt in die Augen. Diesmal scheint dieser nichts sagen zu wollen, sondern sieht Yugi nur mit einem verständnisvollem Blick an. Ja, Yami ist und bleibt die einzige Person, der er wirklich vertraut.
Zu gern würde Yugi jetzt mit ihm reden, doch da er sich mitten im Unterricht befindet, begnügt er sich damit seinem Freund ein kleines Lächeln zu schenken. Scheinbar gibt sich Yami damit zufrieden, denn kurze Augenblicke später ist dieser auch schon wieder verschwunden. Das Lächeln auf seinem Gesicht schwindet und mit einem Stich in der Brust wird er sich wieder schmerzlich bewusst, dass ihn die Einsamkeit wieder zu erdrücken droht.Es dauert einen Moment, bis Yugi bemerkt, dass es bereits zur Mittgaspause geklingelt hat. Schnell packt er seine Sachen zusammen, ehe er sein Mittagessen aus der Tasche zieht. Gerade will er sich aufrichten und zu seinem Lieblingsplatz gehen, wo er in Ruhe mit Yami reden kann, wenn dieser wieder auftauchen sollte, als sich einer der Schüler vor ihn stellt.
„Hallo Yugi! Ich war echt überrascht zu sehen, dass ich in deiner Klasse gelandet bin.", verkündet Atemu fröhlich. Doch als Yugi ihm nicht antwortet, sondern ihn stattdessen nur verwirrt anblickt, muss er ein leises Kichern unterdrücken. „Sag bloß, du hast das nicht bemerkt. Ich hab mich doch in der ersten Stunde der ganzen Klasse vorgestellt." Da Yugi wieder nur völlig ratlos dreinschaut, schüttelt Atemu einfach seinen Kopf. Zwar hatte er bemerkt, dass Yugi im Unterricht nicht wirklich anwesend erschien, doch das er nicht einmal das mitbekommen hatte, wundert Atemu nun doch.
„Naja, egal", versucht er möglichst schnell das Thema fallenzulassen. „Ich wollte dich eigentlich fragen, ob du mir nach der Schule Domino zeigen würdest. Ich wohne ja erst seit ein paar Tagen hier." Ein wenig verlegen, aber mit einem freundlichen Lächeln sieht er Yugi in die amethystfarbenen Augen, die noch immer große Verwunderung zeigen. Da Atemu die Verwunderung des Anderen nicht ganz nachvollziehen kann, redet er einfach weiter auf den Jungen ein, in der Hoffnung ihn so überreden zu können. „Also, naja... Ich dachte, da ich hier niemanden wirklich kenne, wäre es doch ganz nett, wenn du mir hier alles zeigen könntest."Endlich aus seiner Starre erwacht, blickt er überrascht in die rubinroten Augen des Anderen. Normalerweise empfindet er es als sehr unangenehm andere direkt in die Augen zu sehen, doch irgendetwas lässt seinen Blick verharren. „I-Ich... ähh... Ja, ich denke das könnte ich machen.", bringt er schließlich stotternd hervor und realisiert erst, als er das Leuchten in den Augen des Anderen sieht, dass er tatsächlich zugestimmt hat.
„Danke. Wenn du Lust hast, können wir ja auch jetzt zusammen in die Mensa gehen. Ich habe nämlich wirklich langsam ganz schönen Hunger."
Yugi ist sich nicht ganz sicher, ob er sich gerade verhört hat, denn bisher ist es noch nie vorgekommen, dass Jemand auf ihn zu kommt und vor allem Zeit mit ihm verbringen möchte. Völlig perplex kann er nur zustimmend nicken, da wird er schon am Arm hochgezogen. „Gut, kannst du mir dann zeigen, wo die Mensa ist?"
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Zwischen Wahn und Wirklichkeit
FanfictionAus familiären Gründen musste Atemu die Schule wechseln, wodurch er den schüchternen Yugi kennenlernt. Dieser scheint völlig anders als alle, die Atemu bisher getroffen hat. Etwas scheint den Jungen zu plagen. Wird Atemu ihm helfen können?