Vertrauen

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Nur zögerlich setzt Yugi einen Schritt vor den anderen, während er langsam durch die noch leeren Schulgänge streift. Wie jeden Morgen ist er relativ früh dran, ist es ihm doch um einiges angenehmer, wenn der Großteil der Schüler noch nicht eingetroffen ist.
Auch wenn er sich ziemlich sicher ist, dass Atemu vermutlich ebenfalls noch nicht anwesend sein wird, ist er in der letzten Woche auch immer recht spät erschienen, steigert sich Yugis Nervosität dennoch bis ins Unermessliche, als er der Tür ihres Klassenzimmers immer näher kommt.
Trotz dessen, dass er sich am Wochenende gewünscht hat schnellstmöglich Atemu wiedersehen zu können, ist er nun dennoch unsicher, wie Atemu nun auf ihn reagieren wird.
Wird Atemu sich freuen ihn zu sehen? Ihn sogar begrüßen? Oder wird er Yugi in der Schule lieber ignorieren?
Auch wenn ihm dieser Gedanke einen Stich versetzt, würde er es Atemu dennoch nicht übel nehmen können.

Unruhig steht Yugi vor der Tür ihres Klassenraums und wippt von einem Fuß auf den anderen, bevor er einen tiefen Atemzug nimmt und langsam die Tür öffnet.
Wie erwartet, ist der Klassenraum noch leer, dennoch tritt Yugi nur zögerlich in den Raum und lässt sich schließlich an seinem Platz nieder.

Seine Gedanken kreisen wild, während er versucht äußerlich ruhig an seinem Platz zu verharren und auf den Unterrichtsbeginn zu warten.
Jedoch erwischt er sich dabei, wie er sich jedes Mal versteift, wenn sich die Tür zum Klassenraum öffnet. Mit wildem Herzklopfen starrt er auf die Tür, nur um sich sofort wieder enttäuscht abzuwenden, sobald er unter keinem der eintretenden Gesichter Atemus ausfindig machen kann.

Nach dem sich die Tür mittlerweile bestimmt zum zehnten Mal geöffnet hat, schüttelt Yugi den Kopf und fährt sich verzweifelt durch die Haare. Wieso macht er sich so verrückt? Er weiß doch genau, dass Atemu immer einer der Letzten ist. Jedoch kann er die leise Stimme in seinem Innern nicht unterdrücken, die ihm versichern will, dass Atemu nicht kommen wird und ihn wieder alleine lassen wird.

Der Klassenraum ist mittlerweile mit dem Lärm seiner Mitschüler erfüllt, welcher die zu Beginn angenehme Stille verdrängt. In wenigen Minuten wird der Unterricht beginnen und noch immer keine Spur von Atemu. Wie ein Mantra wiederholt Yugi innerlich immer wieder, dass Atemu noch auftauchen wird. Jedoch lässt sich die sich ausbreitende Panik dadurch nur bedingt zurückdrängen.
Hat Yami vielleicht doch recht gehabt, dass Atemu ihn doch nur fallenlassen wird?
Nein, das will Yugi einfach nicht glauben. Atemu scheint anders zu sein. Scheint ihm eine Chance geben zu wollen, die Yugi keinesfalls missen will.

Nervös schnellt Yugis Blick von seinen ringenden Händen zur Tür, als diese sich erneut öffnet. Erleichtert atmet Yugi kurz auf, als er tatsächlich Atemu in der Tür stehen sieht, jedoch wird seine Angst direkt durch eine neue ersetzt.
Wie soll er sich verhalten? Soll er abwarten, ob Atemu auf ihn zu kommt oder soll er selbst die Initiative ergreifen? Doch was ist, wenn Atemu es sich doch anders überlegt hat?

Jedoch kommt jeglicher Gedanke zum Erliegen, als Atemus Blick den seinen einfängt.
Mit rasendem Herzen beobachtet er, wie sich Atemus Miene zu einem Lächeln verzieht und ihm fröhlich zuwinkt.
Yugis Herz stoppt für einen Augenblick, kann er doch wirklich nicht glauben, was er da sieht. Atemu ignoriert ihn nicht und hat ihm sogar lächelnd zugewunken!
Schnell winkt er ebenfalls, dennoch kann er sich nicht zu einem Lächeln zwingen, als er sieht, dass Atemu seinen eigenen Platz ansteuert und in aller Ruhe seine Schulsachen hervor kramt.
Kurz spielt Yugi mit dem Gedanken einfach zu Atemu zu gehen und zu begrüßen, doch verwirft er diesen schnell. Will er doch nicht von Atemu weggescheucht werden, wenn dieser nicht mit ihm reden will.
Dennoch erwischt sich Yugi dabei, wie er sich tatsächlich kurz von seinem Platz erhebt und schüchtern in Atemus Richtung blickt, doch setzt er sich schnell wieder, als der Lehrer den Raum betritt.

Obwohl Atemu zugeben muss, dass er doch bedenken hatte, wie er sich denn nun Yugi am Besten gegenüber verhalten soll, musste er dennoch sofort lächeln, als er den schüchternen und doch erwartungsvollen Blick Yugis gesehen hat. Ja, wie immer lag seine Mutter richtig, er sollte nicht so viel nachdenken und einfach auf sein Gefühl hören.
Kurz winkt er Yugi zur Begrüßung zu, ehe er sich schnell an seinen Platz begibt, hat er doch schon ihren Lehrer auf dem Gang entgegenkommen sehen.

Zwischen Wahn und WirklichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt