Prolog: Mein letztes Spiel

2.3K 77 14
                                    

Es stand 22:24 für das gegnerische Team. Unsere Trainerin forderte eine Auszeit an, da wir so gut wie verloren hatten. "Es ist noch nicht vorbei. Das Spiel ist erst verloren wenn der Ball den Boden berührt und das wird er nicht machen. Wir setzen alles auf unseren Trumpf!" dabei lächelte sie das Team an. Mein Team. Ich war Mittelblocker und trug die Nummer eins auf meinem Trikot. Wir nickten alle unserer Trainerin zu und versammelten uns Manschaftsintern in einem Kreis. Unser Trumpf bestand aus einer komplizierten Technik, bei der wir durchschnittlich eine Erfolgsquote von 30 Prozent hatten. Daher waren wir auch nicht sonderlich optimistisch. Für diese Technik benötigten wir ein für uns gut gespielten und nicht geschlagenen Ball vom Gegner , doch so einen Ball bekam man nicht alle Spiele. Da ich der Kapitän dieses Teams war, musste ich es dennoch schaffen, alle zu motivieren und versuchen selber einen gewissen Optimismus zu haben. Doch dieses Mal fiel es mir schwer, da dies eventuell das letzte Spiel für dieses Team und in dieser Aufstellung sein könnte. Wir waren mittlerweile alle im letzten Jahr der Mittelschule und würden uns voneinander trennen und würden wir dieses Spiel verlieren, würde uns nichts als ein paar letzte Übungsspiele bleiben vor unserem Schulwechsel. Und an diesen Übungsspielen teilzunehmen ist nicht das gleiche, wie an einem echten Spieltag teilzunehmen. Wir versammelten uns also alle in einem Kreis. Links von mir stand unser Steller, die Nummer 2 im Team. Pauline ist aber nicht nur unser Steller sondern auch unser Vizekapitän. Wenn ich mal verzweifelt war oder nicht mehr weiter wusste hatte sie stehts die Leitung des Teams übernommen. Rechts von mir stand Alice. Alice trug die Nummer 3 und war unser Libero. Sie war aber nicht nur ein guter Libero sondern auch ein guter Außenangreifer. Wir drei bildeten das Rückgrat unseres Trumpfs, doch dafür müsste Alice das Zuspiel als Libero übernehmen. Es war ein äußerst Riskanter Versuch diesen Trumpf ausspielen zu wollen, aber es war die einzige Möglichkeit, wie wir das gegnerische Team überraschen konnten um uns damit einen Vorteil zu verschaffen. Doch wir mussten es Riskieren. "Ich weiß was ihr denkt..." fing ich an auf mein Team an einzureden. "... Gut, denn es ist zu Riskant, dass versuchen zu wollen. Wenn wir diesen angeblichen Trumpf ausspielen wollen, haben wir dem Gegner den Punkt sofort geschenkt!" unterbrach mich Miranda. Miranda war unsere Nummer 4. Ausserdem war sie sehr begabt als Außenangreifer, da sie einen sehr festen Schlag hatte. Es gab von Anfang an einen Konflikt zwischen uns beiden, wer den Käpitän und das Ass des Teams darstellte. In beiden Punkten hatte ich gewonnen und ich konnte spüren wie sie mich dafür hasste. Doch ausnahmsweise konnte ich ihre Vorbehalte verstehen. "Aber wenn wir es schaffen sollten haben wir schon uns einen Vorteil verschafft und könnten das Spiel noch gewinnen!" warf ich ein. "Trotzdem ist es viel zu riskant. Damit wir uns durch den Trumpf einen Punkt holen könnten müssten alle Umstände perfekt sein. Und ihr glaubt ja wohl nicht ernsthaft, dass uns der Gegner so einfach einen Ball schenken wird." argumentierte Susanne dagegen. Susanne war unsere Nummer 5 und ebenfalls Außenangreifer. Nun griff mir Pauline unter die Arme:" Aber was haben wir sonst noch für eine Chance zu gewinnen? Wir müssen es probieren und an uns glauben! " versuchte sie die anderen motivieren. Bei unserer sechs klappte dies auch, was man an ihrem Funkeln in den Augen erkennen konnte. Sie war ein Jahr jünger als wir und würde wahrscheinlich ab nächstem Jahr Käpitän sein. Ich nickte einmal und legte meine Hand in die Mitte. "Auch wenn es schwer ist, werden wir es schaffen. Wir werden es schaffen, weil wir erstens dass letzte Mal in dieser Konstellation spielen werden und weil wir nicht irgendeine Mannschaft sind. Wir sind die Löwen! Vor uns haben viele Mannschaften Respekt und zwar weil wir starke Angreifer sind! Und wir werden auch das gegnerische Team angreifen und besiegen und zwar weil wir nicht nur irgendwelche Löwen sind. Wir sind Löwinnen. Das heißt wir sind die Jäger! Daher besiegen wir das gegnerische Team und holen uns den Sieg!!" meine Stimme wurde von Satz zu Satz immer lauter und meine Worte sorgten für all die entschlossen Gesichter innerhalb des Teams. Mein Team legte ihre Hände auf meine und wir brüllten einmal alle zusammen so laut wie ein Löwe. Das war unser Kampf-ruf. Nachdem wir fertig gebrüllt hatten stellten wir uns wieder auf unsere Plätze. Ich stand vorne links und war bereit. Ich wollte dieses Spiel unbedingt gewinnen. Also drehte ich mich nochmal zu meinen anderen Kameraden um, um eigentlich zu sehen, dass sie ebenfalls in so einer Kampfstimmung waren wie ich aber ich sah in den Blicken von 4, 5 und 6 nur eine gewisse Resignierung. Dass war mir schon öfters aufgefallen. Daher nahm ich mir vor sie nach unserem Sieg darauf anzusprechen was denn mit ihnen los sei. Doch fürs erste konzentrierte ich mich wieder auf die gegnerische Mannschaft. Wir hatten zwar Aufschlag, aber die Mannschaft war zu gut um so einen Ball nicht anzunehmen. Ich ging in die Knie und war bereit zum Kämpfen als auch schon der Pfiff ertönte. Miranda hatte nun acht Sekunden Zeit den Aufschlag zu machen und er kam auch wie erwartet bereits nach kurzer Zeit zu hören. Ein Aufschlag von oben. Ihre Spezialität. Der Ball kam beim Gegner an. Der Libero nahm den Ball an, spielte ihn zum Steller. Daraufhin liefen von hinten zwei Angreifer nach vorne. Zu einem von den beiden würde der Steller spielen. Ich ließ meinen Blick kurz zu den anderen schweifen. Die deckten schon den der von rechts kam. Alice rannte in die Mitte um rechtzeitig reagieren zu können, während der Rest sich hinten bereit machte um reagieren zu können, falls der Ball lang gespielt wird. Der Steller spielte seinen Ball zum Angreifer auf der rechten Seite, also konzentrierte ich mich in diesem Moment nur auf den Block. Ich sprang gleichzeitig mit dem Angreifer nach oben. Der einzige Unterschied war, dass ich deutlich höher springen konnte als sie. Doch sie drehte während sie schlug ihr Handgelenk und schmetterte den Ball an meinen Händen vorbei. Ich stand wieder auf dem Boden und beobachtete Alice dabei wie sie den Ball schaffte zu retten. Doch irgendwas musste dabei schief gelaufen sein, da der Ball zwar hoch aber sehr schnell nach links flog. Da da niemand stand und ich dieses Spiel nicht verlieren wollte rannte ich dem Ball so schnell wie möglich hinterher. Er flog übers Aus hinweg und ich sprang hoch um den Ball rückwärts zurück ins Feld zu Baggern und erstaunlicher Weise gelang mir dies sogar. Doch ab dem Moment, indem ich den Ball nach hinten geschleudert hatte passierte für mich alles in Zeitlupe. Ich landete noch mit extrem viel Schwung auf meinem rechten Fuß. Dieser wurde durch den Schwung und meinem Körpergewicht nach rechts gedrückt. Dadurch knickte ich mit diesem Fuß um. Doch ich knickte nicht irgendwie um. Mein Fuß knackte dabei unfassbar laut und fasst zeitgleich setzte ein stechender Schmerz in meinem Fuß ein. Alles dauerte nur ein paar kleine Sekunden, doch diese Sekunden waren so schmerzhaft, dass ich einfach auf dem Boden liegen blieb mein rechtes Bein näher zu meinem Körper zog und mein Sprunggelenk festhielt. Ich weiß nicht, wie lange ich dort lag, aber ich hörte das jubeln meiner Mannschaft. Dadurch schloss ich, dass sie sich den Punkt geholt hatten. Kurze Zeit später pfiff der Schiedsrichter ab und kam auf mich zu. Er fragte mich ob mit mir alles in Ordnung sei. Auch meine Trainerin war mittlerweile bei mir und schaute mich besorgt an. Ich nickte schnell den beiden zu, da wir erstens nun eine Chance hatten zu gewinnen und wir zweitens keinen Auswechselspieler dabei hatten. Wenn ich jetzt aufhören müsste, dann hätten wir das Spiel sofort verloren. Also stand ich schnell auf und ging einen Schritt nach vorne, nur um dann wieder zusammen zu brechen. Ich konnte einfach nicht auf meinen rechten Fuß auftreten. Der Schiedsrichter schüttelte den Kopf und fragte meine Trainerin, ob man mich auswechseln könne, doch ich protestierte lautstark dagegen. Beide ignorierten mich und diskutierten kurz über das weitere Verfahren. Für mich klang dieses Gespräch ziemlich verschwommen. Auch fing ich leise an zu weinen, nachdem mir klar wurde, dass es meine Schuld war, dass wir dieses Spiel nun verloren hatten. Der Schiedsrichter ernannte unsere Gegner zum Sieger und unsere Trainerin half mir hoch. Da ich nicht auf beiden Beinen stehen konnte stützte ich mich an ihr ab. Ich sah wie Alice und Pauline auf mich zu gelaufen kamen und besorgt auf mich einredeten. Pauline nahm meinen anderen Arm und legte ihn sich um ihre Schultern. Mein Fuß brannte regelrecht und pulsiert wie wild. Es war schon schmerzhaft ihn nicht zu bewegen. Gerade als meine Trainerin und Pauline anfangen wollten sich fort zu bewegen, liefen die anderen aus der Mannschaft an mir vorbei. Sie schauten mich alle hasserfüllt an und liefen mit erhobenen Kopf an mir vorbei. "Alice übernimm Mal, ich glaube ich muss da was klären." mit diesen Worten ließ sie mich los und lief den anderen hinterher. Alice übernahm den Platz von meiner Trainerin und wir humpelten in Richtung Ausgang. Naja ich humpelten, die anderen trugen mich beinahe. Wir liefen auf direktem Weg nach draußen los, in die Richtung des Busses. Währenddessen redeten die beiden immer wieder beruhigend auf mich ein. Doch ich nahm dies alles nicht wahr. Meine Gedanken kreisten sich darum, dass es meine Schuld war, dass wir verloren hatten. Dass ich unser letztes Spiel versaut hatte. Und meine Gedanken kreisten auch, so selbstsüchtig es auch war, um meinen Fuß. Doch diese Gedanken waren zu klein, um die Schuld, die ich verspürte zu verdrängen.

Der Rabe und die Löwin (Haikyuu/Nishinoya Yuu FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt