Morgen?
Ian. Ich frage einfach ihn! Er ist perfekt dafür. Bei ihm bin ich mir sicher, dass er nichts falsches hinein interpretiert, wenn ich ihn meiner Familie vorstelle. Ich muss ihn fragen!
Ja, komm vorbei! Hab dann noch ein Anliegen!
Von ihm kommt keine Antwort mehr, das bin ich gewohnt. Mit den Pizza-Kartons im Arm schnappe ich mir meine Schlüssel und schlüpfe in Schuhe, bevor ich mich auf den Weg in den Keller mache, wo unser Müll gesammelt wird. Die Schachteln verstaue ich im Papier-Container und steige dann wieder die Treppen zu meiner Wohnung hoch. Eine ältere Frau kommt mir entgegen, mustert mich skeptisch von oben bis unten. “Guten Tag.“ grüße ich sie freundlich, doch sie nickt mir lediglich zu. Ich weiß nicht, ob sie immer so unfreundlich ist, zu mir jedenfalls meistens. Aber was soll sie auch von einer jungen Frau denken, die nur mit einem langen Kapuzenpullover und Kniestrümpfen ihren Müll wegbringt? Oben angekommen öffne ich die Wohnung, streife die Schuhe wieder von meinen Füßen, werfe die Tür ins Schloss und die Schlüssel in die Schale neben der Tür, bevor ich mich auf den Weg ins Wohnzimmer mache. Dort klappe ich meinen Laptop auf, da es bereits 19:49 Uhr ist und gehe auf Facetime. Dann rolle ich mich noch in eine Decke und wenig später kommt bereits Rosies Anruf. Ich nehme ihn an und sehe meine beste Freundin, die wie verrückt in die Kamera winkt. “Hey Rosie.“ begrüße ich sie mit einem leichten Lächeln. Sie fehlt mir wirklich sehr. “Hey! Und? Wie geht es dir?“ fragt sie aufgeregt und sieht mich gespannt an. Verwirrt runzle ich die Stirn. “Wie soll es mir denn gehen? So wie immer eben.“ antworte ich, aber jetzt zieht Rosie die Stirn kraus. “Sag nicht du weißt nichts davon!“ Sie klingt entsetzt und ihre Augen sind geweitet. Ich jedoch bin noch immer verwirrt. Ich habe nicht den leisesten Schimmer, was ich wissen sollte. “Wovon, Rosie?“ frage ich also. Sie keucht kurz auf, bevor sie tief Luft holt. “Er wurde heute frei gelassen.“ erklärt sie mir. In meinem Kopf beginnen sich die Rädchen zu drehen. Sind tatsächlich schon drei Jahre vergangen? Ist er wirklich auf freiem Fuß? Und was bedeutet das für mich? Und was bedeutet es für das Kontaktverbot? Wieso hat er sich nicht gemeldet? Will er überhaupt noch Kontakt zu mir? Ich merke, wie sich eine Träne aus meinem Auge löst, als ich an den Tag denke, als ich ihn besuchen wollte. Man hat mir gesagt, dass ich das vergessen soll, dass er sowieso kein Interesse daran hat, mich zu sehen und dass es wegen dem Kontaktverbot auch nicht möglich wäre. “Woher weißt du das?“ frage ich Rosie. “Von Matt. Wir überlegen, ob wir für eine Woche vorbeikommen. Er will für ihn da sein, schließlich sind sie beste Freunde.“ erklärt Rosie mir vorsichtig. Sie weiß genau, wie sehr das Thema mich verletzt. “Okay.“ murmle ich lediglich. Unter normalen Umständen würde ich einen Freudentanz machen, weil sie nach Deutschland kommt, aber gerade bin ich wie gelähmt. Er ist tatsächlich frei.
Dass ich heute nicht zur Uni gehe habe ich schon beschlossen, als ich um 6 Uhr morgens wach war. Wohlgemerkt, noch wach war. Ich kann Liam nicht aus meinem Kopf verbannen. Sollte ich mich bei ihm melden? Will ich das überhaupt? Ist es ein Zeichen von ihm, dass er sich nicht meldet? Hat er mich vergessen? Bin ich für ihn vielleicht nur noch das Mädchen, wegen dem er ins Gefängnis musste? Wollte er mich deshalb im Gefängnis nicht sehen? Hat er keine Gefühle mehr für mich? Seufzend trinke ich einen Schluck von meinem Tee, bevor ich mich tiefer in meine Decke grabe. Wieso kann ich ihn nicht genauso vergessen, wie er mich? Erschöpft beschließe ich, noch eine Runde zu schlafen, das schadet mir sicher nicht.
Erschrocken fahre ich hoch, wer klingelt denn bitte bei mir? Stöhnend setze ich mich auf und schlurfe zur Tür, wo ich auf den Öffner der Haustüre drücke. Wer auch immer das ist kann gleich wieder gehen. Heute ist ein verdammt schlechter Tag und ich brauche sicher niemanden hier, der ihn noch schlechter macht indem er mich aufweckt. Einige Sekunden später öffne ich die Tür, weil von draußen Schritte zu hören sind. “Dachte schon du machst gar nicht mehr auf.“ brummt Ian, während er an mir vorbei in die Wohnung geht. Verwirrt runzle ich die Stirn. Was will er hier? Gerade will ich ihn fragen, ob wir verabredet sind, als mir seine Nachricht von gestern einfällt. Ich habe ihn komplett vergessen. Schnell sehe ich an mir herunter. Besonders vorzeigbar bin ich gerade nicht. “Ich bin gleich wieder da.“ entschuldige ich mich bei Ian, bevor ich schnell ins Bad husche. Dort wasche ich mein Gesicht und kämme meine Haare, bevor ich sie kurz aufschüttle. Dann putze ich noch schnell meine Zähne und hole mir währenddessen aus meinem Schlafzimmer frische Wäsche und das Shirt, dass ich Ian letztes Mal geklaut habe. Wieder im Badezimmer angekommen spüle ich kurz aus, ziehe mich um und werfe meine alten Sachen in den Wäschekorb. Dann eile ich zurück ins Wohnzimmer, wo Ian bereits wartet und mir von oben bis unten mustert. Grinsend kommt er auf mich zu. “Du hättest dich nicht stylen brauchen, du bist auch so heiß.“ murmelt er in mein Ohr, bevor er seine Lippen auf meine Haut senkt und Küsse auf meinem Hals verteilt. Ich nehme sein Gesicht in meine Hände und verwickle ihn in einen leidenschaftlichen Kuss, während ich uns in Richtung des Schlafzimmers bewege.Schwer atmend liegen Ian und ich nebeneinander in meinem Bett. “Wasser?“ fragend sehe ich zu ihm, während ich schon aus dem Bett aufstehe. Ian nickt lediglich und schnappt sich sein Handy. Also hole ich zwei Gläser mit Wasser aus der Küche und lege mich dann wieder zu ihm. “Danke.“
Dann liegen wir ruhig nebeneinander, trinken unser Wasser und hängen unseren Gedanken nach. Es ist oft ruhig zwischen uns, aber genau das ist für uns beide so angenehm. Dass wir wirklich gut harmonieren mussten wir selbst erst herausfinden. Am Anfang waren wir füreinander nur eine Gelegenheit und Spaß zu haben, als wir beide zu tief ins Glas geschaut hatten. Inzwischen treffen wir uns oft, aber keiner von uns hat Gefühle für den anderen.
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Teacher 2
RomanceJa, ich habe mich verändert. Das weiß ich genauso gut wie du. Und vielleicht bin ich eine rauchende und saufende Schlampe, aber immerhin bin ich absolut das Mädchen, das er nie in mir sehen wollte." murmle ich mit Tränen in den Augen, bevor ich an m...