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So schön diese Stille auch ist, muss ich sie unterbrechen. Schließlich habe ich noch ein Anliegen. “Was machst du nächsten Samstag?“ frage ich also erst einmal. “Noch nichts. Wieso?“ mit gerunzelter Stirn wartet Ian auf meine Antwort, während ich tief einatme. “Meine Mutter denkt ich hätte einen Freund.“ fange ich meine Erklärung an, wodurch ich ihn augenscheinlich noch mehr verwirre. “Am Samstag gibt sie eine Familien-Feier und sie will, dass ich ihn mitnehme. Aber ich habe wie du weißt ja keinen Freund. Würdest du mitkommen?“ fahre ich vorsichtig fort, bevor ich ihn flehend ansehe. Als Ian mein Anliegen verstanden hat stöhnt er erst einmal auf. “Kannst du nicht jemanden anderen mitnehmen?“ fragt er lustlos. “Nein.. keine Chance. Du bist der einzige den ich kenne, der sich deshalb keine Hoffnungen auf eine Beziehung machen würde.“ kläre ich ihn auf. Meine Hoffnung sinkt gleichzeitig auf den Tiefpunkt. Dass er absolut keine Lust hat ist nicht zu übersehen. “Und du kannst auch nicht sagen dass dein Freund spontan arbeiten muss oder krank ist?“ versucht Ian erneut, mich von dem Gedanken abzubringen. Dann eben nicht, ich werde mir schon irgendetwas ausdenken, warum ich alleine komme. “Schon in Ordnung. Verständlich dass du keine Lust hast.“ meine ich deshalb nüchtern und greife nach meinem Handy. Natürlich bin ich irgendwie enttäuscht, weil ich gedacht habe er würde so etwas für mich tun, aber andererseits verstehe ich ihn auch. Lustlos scrolle ich durch Facebook, markiere ein Foto von Rosie mit Gefällt mir und sehe mir ein Video über Pinguine an. Plötzlich spüre ich, wie Ian seinen Arm um meine Taille legt und mich zu sich zieht. “Nicht schmollen.“ nuschelt er in mein Ohr. “Tue ich doch nicht.“ antworte ich nüchtern und lege mein Handy beiseite. “Doch. Wenn es dir wirklich so wichtig ist dann komme ich eben mit.“ gibt er sich geschlagen. Aber das will ich nicht, ich merke genau dass er überhaupt nicht will. “Es ist schon in Ordnung, ich sehe dir doch an wie wenig Lust du darauf hast.“ winke ich also ab. “Nein, du wolltest dass ich mitkomme, jetzt habe ich zugesagt, sei zufrieden.“ stellt er klar, bevor er sich von mir löst und in seine Unterhose schlüpft. Augenblicklich breitet sich ein Grinsen auf meinem Gesicht aus. "Du bist der Beste." teile ich ihm mit, und mit einem Kopfnicken verschwindet mein Retter aus der Tür. Das wird sicher eine heitere Autofahrt mit Ian und Dustin...

"Vergessen Sie nicht, dass die Abgabe der Themen für Ihre Hausarbeiten nächsten Mittwoch fällig ist. Ich wünsche Ihnen ein entspanntes Wochenende." beendet Dr. Schöble seine Vorlesung. Ich hasse ihn - nicht, weil er ein schlechter Dozent ist, seine Vorlesungen sind erträglich. Aber es ist Freitag Abend, 20:20 Uhr um genau zu sein. Diese Vorlesung findet zur wohl schlimmsten Zeit statt - und das jede Woche. Ich muss jetzt noch knapp 10 Minuten zur U-Bahn Station laufen und verpasse somit - wie jede Woche - die Bahn um 20:23 Uhr. Genervt mache ich mich auf den Weg dorthin, als Sina neben mir auftaucht. Sie besucht die gleiche Vorlesung und wir gehen manchmal zusammen feiern. "Heute Hausparty bei Mike. Das ist seine Adresse, hoffe du kommst!" erklärt sie mir aufgeregt, während ich einen Zettel in die Hamd gedrückt bekomme. Hausparty klingt gut. Obwohl Sina bereits aus meinem Sichtfeld verschwunden ist nicke ich und biege in die Seitenstraße ein, die mich am schnellsten zur U-Bahn bringt. Während ich den Zettel in meine Hosentasche stopfe, sehe ich mich um. Irgendwie wirkt es hier heute dunkler als sonst. Ich lege einen Schritt zu, da dießer Teil der Straße etwas unheimlich ist und ich gerade die einzige hier bin. Plötzlich höre ich ein Geräusch. Ängstlich drehe ich mich nochmal um und der Schreck zieht sich durch mein Mark und Bein. Ein Schatten verschwindet gerade in einem Hauseingang, aber ich habe ihn genau gesehen und bin mir ziemlich sicher, dass es ein Mann war. Panisch fange ich an um mein Leben zu rennen. Was wenn das ein Vergewaltiger oder Entführer war? Außer Atem komme ich schließlich auf der nächsten Abbiegung an, laufe noch einige Schritte in die nächste Straße und sehe mich ein letztes Mal um, doch das einzige was noch zu sehen ist sind andere Fußgänger, die mich kritisch beäugen. Also atme ich tief durch und gehe erleichtert in die U-Bahn Station. Das war ziemlich unheimlich. Ich lasse mich auf  eine der ranzigen Bänke fallen und sehe auf dem Bildschirm, dass meine Bahn noch 2 Minuten Verspätung hat. Ich muss also fast 20 Minuten warten,was mich genervt die Augen verdrehen lässt, bevor ich meine Kopfhörer in mein Handy stopsle und mir Musik anmache.

Gähnend schließe ich meine Tür auf und werfe sie dann hinter mir ins Schloss, während ich meine Schuhe von den Füßen kicke. Eigentlich sollte ich wohl jetzt ins Bett gehen, vor allem weil morgen die Familienfeier ansteht, aber die Hausparty bei Mike klingt viel zu verlockend. Also mache ich mir eine Tasse Kaffee und finde mich kurz darauf damit im Badezimmer, wo ich mir meine Haare locke. Sobald ich damit fertig bin schminke ich mich und trinke den Rest Kaffees. Dann schlüpfe ich in meinem Zimmer in frische Wäsche und ein etwas aufreizenderes T-shirt - Kleid. Dazu noch Overknees und dunkelrote Vans, sowie Lippenstift in der selben Farbe und fertig bin ich. Einige Minuten später stehe ich mit einer Tasche, Kopfhörern und Google Maps mit Mikes Adresse auf meinem Handy vor der Haustür. 11 Minuten Laufzeit sind hier ein Katzensprung, also mache ich mich auf den Weg, während mein Kopf zum Beat nickt. "Du warst mal gutes Mädchen, ich war mal Untergrund. Du warst mal Königin von Kreuzberg in deinem blauen Kleid, mit Omas alter Perlenkette und den grauen Nikes." Ein sarkastisches Lachen kommt bei Prinz Pis Worten aus meiner Kehle, wie sehr dieses lied doch zu mir passt.

"MILA!" Schreit Sina bereits, als ich durch die Tür komme. Dann wackelt sie auf mich zu, erhebt mahnend ihren Zeigefinger und meint dann: "Du kommst jetzt mit Bodyshots trinken!" Ich lache nur und folge der leicht angeschwipsten. Die Party ist schon im vollen Gange. Überall wird getanzt und getrunken und ich kenne bis jetzt niemanden außer Sina. Das ist allerdings auch kein Wunder, da ich im Moment eigentlich keine Freunde habe. Schließlich kommen wir an einer provisorischen Bar aus Biertischen an, wo bereits 3 Jungs, etwa in unserem Alter warten. Sina findet sich sofort in den Armen von einem der Jungs wieder, ich grinse nur kurz und stelle mich neben die Jungs. Kurz darauf applaudieren die Jungs, als ein anderer mit einem Tablett voll Vodka Shots auf uns zukommt. "Du hast es ja echt geschafft, Max." Meint einer davon. "Klappe." Antwortet besagter Max nur, bevor er anfängt Shots an uns alle auszuteilen. Dabei bleibt sein Blick an mir hängen und er mustert mich mit einem anzüglichen Grinsen. Ich grinse zurück und sehe dann abwartend in die Runde. "Ich und Elias." Stellt Sina selbstsicher klar, leckt die Backe des Jungen neben ihr ab und streut Salz darauf, was er dann bei ihr wiederholt. Anschließend drückt er wortlos Max den Salzstreuer in die Hand. Der grinst nur siegessicher, bevor er mich am Handgelenk zu sich zieht. Seine unglaublich dunklen Augen treffen meine und er leckt sich kurz über die Lippen, bevor er seine Lippen auf meinen Hals legt. Er drückt mir einen kuzen Kuss auf, bevor er quälend langsam an meinem Hals entlang leckt. Eine Gänsehaut überzieht meinen Körper, weshalb er nur noch mehr grinst, als er sich von mir löst und Salz auf die feuchte Stelle streut. Aber dieses Spiel kann ich auch spielen. Also nehme ich ihm selbstbewusst das Salz aus der Hand, nähere mich langsam seinem Hals und wandere dann mit sanften Zungenküssen sein Schlüsselbein entlang, um das Salz darauf zu verteilen. Max verkneift sich gerade noch ein Keuchen, weshalb ich im siegessicher in die Augen schaue. Die anderen beiden Jungs verteilen das Salz nur auf ihrem eigenen Handrücken, solche Langweiler. Dann stoßen wir alle an, lecken das Salz ab, trinken unseren Shot und beißen in eine Zitrone. Dieses Spiel wiederholt sich noch weitere 6 Mal, bevor ich mich von der Bar löse. "Ich geh eine rauchen." Verkünde ich, bevor ich mich auf den Weg in den Garten mache. Dort hole ich eine Zigarette aus der Schachtel zünde sie an und lasse genüsslich das Nikotin in meine Lungen gleiten. Ich rauche nur, wenn ich trinke. Zur Sucht lasse ich es sicher nicht werden, das wäre das Ganze mir nicht wert. Ich gehe ein paar Meter von der feiernden Meute weg und setze mich auf einen der großen Steine, die die Grenze des Grundstücks anzeigen - wie originell. Doch da kneife ich verwundert meine Augen zu schlitzen zusammen. Ist da gerade ein Schatten hinter dem Baum verschwunden? Dann schüttle ich aber den Kopf, ich kann doch nicht schon betrunken sein, oder?

Teacher 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt