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In meiner Straße angekommen sehe ich bereits Dustin, der wütend vor der Tür auf und ab geht. Genervt verdrehe ich die Augen. Was will er denn hier? “Waren wir verabredet?“ frage ich, ohne ihn zu begrüßen, weshalb mein Bruder herumwirbelt. “Bei wem warst du?“ stellt er mir die Gegenfrage, während sein aggressiver Blick an mir herunter gleitet. “Rosie.“ lüge ich ohne rot zu werden an, bevor ich die Tür öffne und die Treppen in den fünften Stock hoch steige. “Lüg mich nicht so dreist an.“ zischt Dustin hinter mir, weshalb ich erneut meine Augen verdrehe. “Na schön, Ian.“ informiere ich ihn genervt, bevor ich die Tür aufschließe. “Mila! Was ist nur los mit dir?“ Dustin weiß über mein Sex-Leben Bescheid und er ist definitiv nicht sehr überzeugt von meinem Lebensstil. “Nichts.“ murmle ich, während ich mein Shirt auf den Küchentisch werfe und dann eine Flasche Wasser aufschraube. “Verdammte Scheiße, Mila! Ich habe keine Lust, dass meine Schwester zu einer Schlampe wird also hör endlich damit auf, mit jedem der nicht bei drei auf dem Baum ist in die Kiste zu springen.“ schreit er mich an, weshalb auch in mir die Wut hoch kocht. “Es geht dich nichts an wie ich mein Leben lebe.“ zische ich, die Augen zu Schlitzen verengt. “Natürlich geht mich das etwas an! Du bist meine kleine Schwester und du bist nicht mehr die Mila, die ich kenne! Weißt du was ich mich inzwischen frage? Wer bist du?“ schreit Dustin wieder. Seine Aussage trifft mich wie ein Schlag ins Gesicht. “Ja, ich habe mich verändert. Das weiß ich genauso gut wie du. Und vielleicht bin ich eine rauchende und saufende Schlampe, aber immerhin bin ich absolut das Mädchen, das er nie in mir sehen wollte.“ murmle ich mit Tränen in den Augen, bevor ich an meinem Bruder vorbei ins Wohnzimmer gehe und mich aufs Sofa fallen lasse, um tief durchzuatmen. Kann er nicht einfach akzeptieren, dass ich nicht mehr das kleine unschuldige Mädchen bin? Langsam beruhigt mein Puls sich wieder und ich schließe die Augen, bis ich merke, wie sich jemand neben mich setzt. “Tut mir leid.“ nuschelt Dustin leise. In seiner Stimme höre ich Reue und ich weiß, dass er diese Entschuldigung ernst meint. “Ich mache mir doch nur Sorgen um dich. Typen wie Ian nutzen dich nur aus und auch wenn du dich darauf bewusst einlässt bist du dir nicht darüber im Klaren darüber, welche Konsequenzen das alles haben kann. Warst du diese Woche schon einmal in der Uni? Ich glaube nicht. Wie oft warst du dafür in dieser Woche schon betrunken? Und wie oft hast du dich auf fremde Männer eingelassen? Du weißt nicht einmal, ob sie eure Geschichten weitererzählen, ob sie irgendwo Kameras haben, womit sie euch währenddessen filmen. Ich mache mir wirklich nur Sorgen um dich, Mila.“ Dustin sieht während seinem Monolog stets zu Boden, klingt traurig und ernsthaft besorgt. Ihn so da sitzen zu sehen versetzt mir einen Stich ins Herz. Er ist mein Bruder und ich will ihn nicht verletzen, aber im Moment geht es nicht anders. “Ach Dus... Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du dir so viele Gedanken darüber machst und ich verstehe dich auch, aber ich bin mir dessen bewusst, was ich tue. Im Moment bin ich diese Person, und es tut mir gut, so zu leben. Ich hole den Stoff aus der Uni nach, das kriege ich locker hin, aber bitte mach dir nicht so viele Sorgen um mich. Ich komme schon klar.“ versuche ich meinen Bruder zu beruhigen, während ich meine Hand sanft auf seine Schulter lege. “Aber wie soll das gehen? Wie soll ich mir keine Sorgen um dich machen? Du rauchst, du trinkst, du isst kaum, du machst dich selbst kaputt. Sieh dich an, deine Augenringe sind größer als die Augen selbst, jeglicher Glanz ist aus ihnen verschwunden. Deine Lippen sind trocken, ebenso wie deine Haut. Du hast deine Haare immer so sehr geliebt und jetzt? Kurz geschnitten und braun gefärbt. Das bist einfach nicht mehr du und das macht mir Angst.“ erklärt er, während er mir tief in die Augen sieht und meine Haare in seiner Hand hält, um seiner Aussage Nachdruck zu verleihen. Er hat recht mit dem was er sagt, aber ich kann nicht mehr die sein, die ich war. Nicht ohne Liam. Ich musste mich verändern, um der Situation stand zu halten, um stark zu bleiben und um mit all dem klar zu kommen, was um mich herum passiert. Ich habe die Liebe meines Lebens für immer verloren, er darf sich mir nicht einmal nähern, wenn er aus dem Gefängnis entlassen wird. Nie wieder wird es so sein wie früher, und deshalb kann auch ich nie wieder so sein, wie früher. Eine einzelne Träne löst sich aus meinem Auge, als ich Dustin umarme. Ich habe wegen dieser Situation schon zu viel geweint, bin fast wie ausgetrocknet, doch in diesem Moment tut es mir unendlich leid, dass ich zur Zeit so leben muss, und meinen Bruder damir so sehr verletze.

Teacher 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt