"Du wirst es mir nicht erzählen oder?" Fragt Ian nach einer Weile stummen Schweigens. Ich schüttle nur den Kopf. "Lass uns hier abhauen." Meint er daraufhin nur und zieht mich hinter sich her, während er sein Handy aus der Hosentasche holt. "Wir müssen nur mit der 803 fahren und dann in die 685 umsteigen." Erklärt Ian mir die Busverbindung, die er gerade gecheckt hat. "Ich weiß." Ich habe Mum einige Male besucht, nachdem ich weggezogen bin. Da ich kein Auto habe musste der Bus immer herhalten. Schweigend lassen wir uns nebeneinander auf der Bank in der Haltestelle nieder und warten auf unseren Bus. Das eisige Schweigen ändert sich auch nach dem Einstieg nicht und sogar als wir an der nächsten Haltestelle warten, verliert keiner von uns Beiden ein Wort. "Sorry, aber ich kann einfach nicht darüber reden." Beginne ich schließlich dass notwendige Gespräch. "Es ist eine lange Geschichte und ich will nicht darüber nachdenken, geschweige denn darüber reden. Ich kann dir jedoch sagen, dass etwa die Hälfte der Menschen auf dieser Party mich verurteilen, obwohl sie noch nicht einmal die ganze Wahrheit kennen. Sie kennen nur das, was mit der Zeit ans Tageslicht gekommen ist und meinen, dass sie jetzt das Recht haben, über mich zu urteilen. Tut mir leid, dass ich dich da mit hinein gezogen habe, ich wusste einfach nur nicht, wen ich fragen soll. Wahrscheinlich hätte ich einfach gar nicht hingehen sollen." Erkläre ich Ian langsam, ohne ihn auch nur einmal anzusehen. "Okay." Scheinbar ist das seine einzige Antwort darauf, denn sofort nachdem das Wort seinen Mund verlassen hat dreht Ian sich von mir weg und sieht aus dem Fenster. Resigniert seufze ich und rutsche tiefer in meinen Sitz. Wenn wir hier noch etwa eine halbe Stunde im Schweigen feststecken kann ich genauso gut schlafen. Also mache ich es mir so gut es geht gemütlich und schließe meine Augen.
"Mila." Blinzelnd komme ich zu mir, als Ian dem Versuch mich aufzuwecken mit einem Hieb in meinen Oberarm Nachdruck verleiht. "Wir müssen gleich aussteigen." Meint er genervt. Seufzend öffne ich meine Augen nun ganz, um den tristen Bus zu betrachen, wie er an besagter Haltestelle anhält. Also schultere ich schnell meine Tasche und laufe dann gefolgt von Ian zum Ausstieg. "Du könntest ruhig auf mich warten." Jemand ist wohl noch immer genervt. Also bremse ich ab bis Ian direkt neben mir läuft. Von dieser Bushaltestelle sind es noch etwa 20 Minuten Fußmarsch zu meiner Wohnung, das kann mit seiner Laune ja nur heiter werden. "Weißt du Mila, ich werde aus dir nicht schlau. Erst schleppst du mich zu dieser Party und lässt mich deinen Freund spielen und dann kannst du mir nicht einmal erzählen warum so gut wie jeder uns dort verurteilt hat? Du hast dich nicht einmal von deiner Mum oder deinem Bruder verabschiedet und hältst es trotzdem nicht für nötig mir ein kleines bisschen Info zu geben? Und dann bin ich so nett und fahre mit dir mehr als 2 Stunden in einem ranzigen Bus, nur damit du neben mir schläfst und ich den Creep verscheuchen darf, der dich dabei beobachtet? Und jetzt habe ich auch noch die Ehre eine halbe Stunde nach Hause zu laufen und du redesr nicht mit mir? Es ist okay wenn du nicht darüber sprechen willst aber unterhalte mich wenigstens. Du wolltest dass ich mitkomme, weil ich mir keine Hoffnungen deshalb machen würde. Also verhalte dich jetzt nicht als wären wir ein Paar und müssten aus jedem Dreck einen Streit machen. Wir sind Freunde, also können wir uns auch so verhalten. Oder etwa nicht?" Ians Ton klingt noch immer ein wenig genervt, jedoch merke ich ihm auch an, dass er sich versöhnen will. "Du hast Recht, sorry." Stimme ich ihm deshalb zu. Worüber ich jedoch gerade wirklich nachdenke ist, dass ich beobachtet wurde. Unweigerlich muss ich an gestern Nacht denken, als ich mich auf dem Heimweg von der Uni beobachtet fühlte. "Von welchem Creep hast du da geredet?" Frage ich also. Ian zuckt kurz zusammen und beginnt dann leise zu kichern. "So ein komischer Typ. Er ist kurz nach uns eingestiegen, du hast schon geschlafen. Dann saß er zwei Reihen vor uns, lehnte für etwa 15 Minuten nur am Fenster und hat dich beobachtet. Ich habe ihn dann darauf angesprochen und dann ist er zusammengezuckt wie ein Küken bei Gewitter und bei der nächsten Haltestelle so schnell er konnte aus dem Bus gesprungen. Ich wusste gar nicht, dass ich so angsteinflößend bin." Ian lacht am Ende seiner Erzählung kurz. Mir ist jedoch noch immer nicht nach Lachen zumute. Die ganze Geschichte stinkt meiner Meinung nach gewaltig. Es klingt fast, als hätte der Mann mich gekannt. "Und wie sah er aus?" Frage ich deshalb neugierig nach. Ian scheint kurz nachzudenken, runzelt seine Stirn und meint dann "Ein bisschen wie ein Knasti. Kurz geschorene Haare, Bart, kaputte Lederjacke und einen ziemlich stechenden Blick. Für einen kurzen Moment hatte ich sogar ein wenig Angst vor ihm." Diese Beschreibung kommt mir nicht im Geringsten bekannt vor, weshalb ich den Gedanken, dass der Mann mich gekannt haben könnte aus meinem Kopf verbanne. Es war bestimmt nur irgendein komischer Kauz, der seine Tage damit verbringt, sich an jungen Frauen zu ergötzen. Um mich abzulenken verwickle ich Ian in ein Gespräch über anstehende Partys und ob er heute Abend noch etwas vor hat, bis wir schließlich vor meiner Wohnung ankommen. "Danke für alles." Meine ich grinsend, doch Ian winkt nur ab. "Nicht der Rede wert." Und mit einem schnellen Winken ist er auch schon um die Ecke verschwunden. Ich schließe die Haustür auf und laufe die Treppen hoch zu meiner Wohnung, wo ich meine Schuhe und das Kleid loswerde und mich dann ins Bett fallen lasse, um noch eine Weile zu schlafen.
"Du hättest mich retten können."
Verängstigt sehe ich dem Mann vor mir ins Gesicht. Sein Dreitagebart sieht ungepflegt aus, ebenso seine Haare. Tiefe Augenringe und ein gebrochener Blick hindern mich daran, ihm direkt in die Augen zu sehen. "Das stimmt nicht! Es ist nicht meine Schuld. Wir beide wollten die Beziehung, du hast selbst gesagt jede Sekunde mit mir ist dir das Risiko wert." Verteidige ich mich, den Tränen nahe. "Da habe ich mich wohl getäscht. Meine Zeit im Gefängnis ist vorbei und weißt du was? Ich werde dir dein Leben zur Hölle machen. Ich werde dich zerstören, so wie du es mit mir getan hast. Du wirst dir noch wünschen, mich nie kennengelernt zu haben." Ein hinterhältiges Grinsen legt sich bei den Worten auf seine Lippen und lässt mich erschaudern. "Aber... ich dachte du liebst mich." Starte ich einen letzten Versuch, ihn zu besänftigen, doch er lacht nur. "Es ist ein schmaler Grad zwischen Liebe und Hass, Babygirl." Meint er kalt, während er von oben auf mich herabsieht. Ich kauere mich weiter in die Ecke, drücke mich gegen die kalte Wand. Lachend tritt er mir in meine Rippen. Ein grausamer Schmerz zieht sich durch meinen ganzen Körper und ich schreie gequält auf. Doch er interessiert sich nicht einmal dafür, sondern dreht sich um und wirft die Tür mit einem lauten Knall hinter sich ins Schloss. "Komm zurück Liam." Flüstere ich in die Dunkelheit, mir sehr wohl bewusst, dass er mich nicht mehr hören kann.Schweißgebadet schrecke ich hoch, sitze kerzengerade und keuchend im Bett. Was war das denn bitte für ein grausamer Alptraum?
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Teacher 2
RomanceJa, ich habe mich verändert. Das weiß ich genauso gut wie du. Und vielleicht bin ich eine rauchende und saufende Schlampe, aber immerhin bin ich absolut das Mädchen, das er nie in mir sehen wollte." murmle ich mit Tränen in den Augen, bevor ich an m...