7 || Neues Zuhause

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Kapitel 7: Neues Zuhause

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Wir standen vor einem kleinen, aber hübschen Haus, als Niall sich räusperte und schließlich sagte: "Wir sind da."

Mein Blick fiel auf den Vorgarten, der mit Blumen in verschiedenen Farben verziert war und so aussah, als könnte es eine Filmkulisse sein.
Ein kleines Lächeln drängte sich auf mein Gesicht und ich musste daran denken, dass dieses Haus wie aus einem Märchen zu sein schien. Einem Märchen mit gutem Ende, in dem die Hauptpersonen gerade das Unmögliche geschafft hatten und nun glücklich in einem kleinen, aber schönen Häuschen bis an ihr Lebensende wohnen.

Ich spürte Nialls Blick auf mir hängen und ich wusste, dass er ungeduldig auf meine Reaktion wartete.

"Es ist echt schön hier.", sagte ich als ich meinen Kopf zu ihm gedreht hatte und ihn anlächelte. Seine Schultern sanken ein Stück herunter und die Anspannung entwich ihnen. Ein kleines Lächeln formte sich auf seinen Lippen und er ging den schmalen Weg zur Haustür entlang, nachdem er sichergestellt hatte, dass ich ihm folgte.

Niall sperrte die Haustür auf und öffnete mir die Tür. Ich konnte spüren, dass sich auf meinen Wangen ein leichter Rotschimmer ausbreitete. So etwas hatte noch nie jemand für mich gemacht.

Ich ging ein paar Schritte in das Haus hinein und drehte mich unsicher zu dem Blonden um, unwissend, was ich jetzt tun sollte.
Niall lächelte mich leicht an und kickte sich die Schuhe von den Füßen. Nervös tat ich es ihm gleich und als einer meine Schuhe unabsichtlich auf seinen landete, zuckte ich zurück, auf eine Standpauke wartend.

Als niemand zu schreien begann, öffnete ich zögerlich meine zuvor geschlossenen Augen wieder und sah direkt in das Gesicht meines Engels.
Seine Züge waren etwas verzogen und wahrscheinlich war er sauer, dass mein Schuh auf seinen lag, also kniete ich mich schnell hin und stellte ihn ordentlich auf.
"Tut mir leid, Niall. Bitte sei mir nicht böse.", sagte ich leise, aber klar vernehmbar.

Nialls Gesichtsausdruck änderte sich augenblicklich und aus dem Verzerrten wurde ein geschockter.
"Harry, was machst du denn da? Ich kann dir doch nicht böse sein, du hast ja nur deine Schuhe ausgezogen."

Ich schaute ihn vorsichtig an. "Aber du hast mich doch so angesehen als würdest du mich hassen. Ich kann nicht einmal meine eigenen Schuhe ausziehen ohne das ich etwas falsch mache.", meinte ich und wurde immer leiser.

Noch einmal veränderte sich sein Gesichtsausdruck und ein trauriger Blick traf mich. Langsam streckte Niall eine Hand nach mir aus und ich blieb einfach stehen, bewegte mich nicht. Wenn er mich schlagen wollte, würde er das sowieso tun. Doch wieder tat er mir nicht weh, sondern strich nur meinen Arm entlang.

"Du bist nicht nutzlos. Und es kann jedem passieren, dass er seine Schuhe auf andere stellt. Das ist doch nicht schlimm. Außerdem habe ich nur so geschaut, weil ich es nicht wahrhaben will, dass du so etwas überhaupt denkst. Ich finde es grauenvoll, dass du Angst davor hast, etwas falsch zu machen und bitte merk dir das: Ich werde dir nie, nie, niemals weh tun, okay?", sagte Niall eindringlich und weder sein Blick noch seine Hand verließen mich dabei, nicht für auch nur eine Sekunde.

Ich musste schlucken und Tränen traten mir in die Augen. Noch nie hatte mir jemand eine Rede gehalten, wie 'gut' ich eigentlich war. Immer nur das übliche du bist 'schlecht'. Und wertlos. Und sowieso das Allerletzte.

Alles verlief wie immer und dann kam plötzlich ein Niall dahergelaufen und brachte mein ganzes Leben aus den Fugen. Er veränderte alles und ich war ihm so dankbar, wie noch nie jemandem zuvor.

Eine Hand, die mir die Tränen aus den Augenwinkeln strich, riss mich aus meinen Gedanken und automatisch zuckte ich leicht zurück. Ich konnte Nialls trauriges Gesicht sehen und sofort bildete sich mein schlechtes Gewissen auf.
Ich rückte wieder weiter zu ihm, ohne eine Entschuldigung auszusprechen, aber ich wusste, dass er mich verstand.
Dass er verstand, dass das meine Art von 'Entschuldigung' war.
Dass er verstand, dass ich nicht einfach mein früheres Leben vergessen und ganz neu anfangen konnte.
Dass er verstand, dass das meine Art war, zu sagen, dass er mir helfen sollte. Mein stummer Hilferuf.
Und ich wusste, er würde es tun.

Vorsichtig umarmte er mich und ich ließ mich in seine Arme fallen. Meine Augen flatterten zu und ich atmete einmal tief durch. Sein Geruch drang mir in die Nase und Wärme breitete sich in meinem Körper aus. Ich konnte spüren, wie ich mich merklich entspannte und auch Niall schien das nicht zu entgehen.
Als er sich wieder von mir löste, tat er das nur, um mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen, die mir hereingefallen war.

"Komm mal mit! Ich zeige dir, wo du schlafen kannst.", sagte Niall und ich nickte ihm zu als Zeichen, dass ich ihn verstanden hatte.

Er führte mich durch einen Flur zu einer Tür, die er für mich öffnete. Vorsichtig trat ich ein paar Schritte in ein lichtüberflutetes Zimmer mit einem großen Bett und schönen Möbeln. Ein kleines Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus und Niall entging es nicht.
"Ich nehme mal an, dass es dir gefällt?", sagte er, doch es klang mehr nach einer Frage, so, als wollte er hundertprozentig sicher gehen, dass es mir auch wirklich gefiel. Ich nickte nur.

Er lächelte und stieg dann unsicher von einem Fuß auf den anderen. Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen uns aus bis Niall schließlich sagte: "Was willst du denn jetzt machen? Hast du Hunger, oder willst du fernsehen? Oder etwas anderes?"

Ich zuckte leicht mit meinen Schultern und fragte: "Was darf ich denn machen?"

"Du darfst machen was du willst.", sagte Niall nachdrücklich und ich schluckte. Ich war es nicht gewohnt meine eigenen Entscheidungen zu treffen und ich hatte keine Ahnung, was erlaubt war und was nicht.

"Ich weiß nicht genau.", sagte ich leise und ich konnte die Röte in meine Wangen steigen fühlen. Niall schien klar zu werden, wie unwohl ich mich in meiner Haut fühlte, denn er fragte nicht nach, sondern sagte nur: "Ich werde schauen, was im Fernsehen läuft. Wenn du willst kannst du mitkommen oder du kannst es dir auch in deinem Zimmer gemütlich machen."

Zögernd dachte ich kurz darüber nach, folgte ihm dann aber ins Wohnzimmer.
Wir setzten uns auf die Couch, die mitten im Wohnzimmer stand und Niall schaltete den Fernseher ein. Es lief irgendeine Dokumentation und Niall schaltete durch die Kanäle bis er einen fand auf dem sie einen lustigen Film spielten, den ich nicht kannte.

Ein Blick auf die Uhr an der Wand verriet mir, dass es schon fast sechs Uhr abends war. Hatten wir wirklich so lange gebraucht um meine Sachen hier her zu bringen?

Meine Gedanken schweiften ab und erst als Niall laut lachte, riss mich das wieder in die Realität zurück. Ich sah zu ihm hinüber und beobachtete wie er seinen Kopf beim Lachen zurück warf und ganz ungehemmt laut war. So als gehörte ihm die Welt. Warum konnte ich es nicht so einfach haben wie er? Einfach nur darauf los leben und sich keine Sorgen machen angeschrien zu werden. Ganz normal.
Alles wäre so viel einfacher.

Aber ich durfte mich wirklich nicht beschweren, denn Niall war mir eine echt große Hilfe und vielleicht konnte ich es irgendwann schaffen mein Leben zu leben so wie ich es wollte und nicht so wie andere es wollen. Ich brauchte nur einen Stups in die richtige Richtung und ich hoffte, dass Niall dazu bereit war.

Mit ihm könnte ich es schaffen.

Er war mein Held.

I don't believe you (Narry)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt