11 ~ Mira

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„Hey, wo bist du?", fragte ich Jay am Telefon, als ich ihn im Haus nicht fand. Langsam bekam ich eine Paranoia gegenüber dem Verschwinden von Leuten.
„Musste schnell weg, meine Familie braucht mich. Ich kann dich aber nachher abholen, dann können wir endlich was zusammen machen. Du brauchst etwas Ablenkung. Was hälst du davon?" Ich lächelte breit, was er natürlich nicht sah. Doch ich zögerte. Schließlich wollte ich Valeria finden, sie braucht mich! Aber vielleicht kann Jay mir helfen und mit Loris kann ich auch heute Abend darüber reden.
„Klingt gut!", sagte ich schließlich, obwohl mich die Schuldgefühle jetzt schon plagten. Zu den Sorgen natürlich.
„Dann mach dich fertig, meine Hübsche. Ich hole dich in 2 Stunden ab." Ich legte auf und suchte mir sofort was zum Anziehen heraus, am besten etwas, das richtig ‚badass' aussieht.

Nachdem ich mich fertig angezogen und geschminkt hatte, lief ich runter, um noch was kleines zu frühstücken, bevor Jay mich abholte.
„Wohin gehst du? Um 10 Uhr morgens?", fragte Loris mich in dem Moment als er mich erblickte. Ich musste lachen.
„Jay holt mich ab, wir verbringen den Tag zusammen."
„Du weißt, dass ich davon nicht viel halte", sagte er knirschend.
„Boah Loris. Nur weil deine Kleine deinen Kumpel mag, musst du nicht so drauf sein."
„Es ist doch nicht, weil er mein Kumpel ist, du dumme Nuss."
„Warum dann?" Loris zögerte.
„Pass einfach auf dich auf, okay?", ich nickte langsam. Ich sollte nachfragen, ich wollte nachfragen. Aber normalerweise nahm Loris kein Blatt vor den Mund und wenn ich nachhakte, würde ich ihn nur sauer machen. Also beließ ich es widerwillig dabei und setzte mich zu Luke auf die Couch und aß mein Müsli.

„Wo sind Mama und Papa?"
„Bei Anna und Viktor. Valeria ist immer noch nicht aufgetaucht. Wie geht's dir damit?"
„Das fragst du auch noch? Meine andere Hälfte ist weg, wie soll es mir da schon gehen?", sagte ich kleinlaut. Loris nickte verständnisvoll und kam zu mir rüber, setzte sich neben mich und nahm mich in den Arm.
„Wir finden sie schon. Wenn's sein muss nur wir beide. Okay?", er gab mir wie so oft Kraft, obwohl ich das gar nicht von ihm verlangte. Ich umarmte ihn ganz fest als gerade mein Handy klingelte.
„Jay ist da, ich sollte gehen." Ich gab Loris einen Kuss auf die Wange und streichelte Luke zum Abschied. Dann zog ich Schuhe und Jacke an und ging in den Eingangsbereich. Durch die Glasscheiben konnte ich draußen schon Jay in seinem Auto erkennen; und ganz viele andere Autos, weswegen Jay keinen Platz zum Parken fand. In dem Moment kamen Mama und Papa aus der Tür der Petrovas.
„Hallo", sagte ich etwas verwirrt als ich meine Eltern und Valerias sah und hinter denen einen Haufen anderer Leute in der Wohnung.
„Hey, mein Sonnenschein!" Papa kam auf mich zu und gab mir einen Kuss auf meinen Kopf, während Viktor die Tür hinter sich anlehnte.
„Wo gehst du denn hin?"
„Ein Kumpel holt mich ab, er bringt mich auch wieder nach Hause."
„Aufpassen Kleine, nicht dass der Täter es auch noch auf dich absieht."

Ich lachte etwas, um meine Ideen als lebenden Köder schnell davon übertönen zu lassen. Gleichzeitig versuchte ich durch den Türspalt etwas zu erkennen. Wer sind diese Leute? Und warum sind meine Eltern da?
„Mach ich", sagte ich, zog die Tür auf und ging nach draußen. Ich könnte mich auch nachher damit auseinandersetzen. Wahrscheinlich helfen Mama und Papa einfach der Familie ihre Tochter zu finden, da sind meine Eltern wahrscheinlich ziemlich gute Leute für.

Als ich in Jay's Auto stiegt, verkrampfte sich mein Herz aufgrund der stärkeren Schuldgefühle, aber gleichzeitig spürte ich die Schmetterlinge im Bauch und die Lust nach Abenteuer und Freiheit.
„Können wir?"Ich nickte lächelnd und Jay startete sein Auto.
Wir fuhren schon eine halbe Stunde, redeten über Gott und die Welt und hörten alte Musik, die wir beide teilweise lauthals mitsangen, bis ich fragte:
„Wo fahren wir eigentlich hin?" Jay lächelte verschmitzt, wofür ich ihn wieder hätte küssen können.
„Das ist eine Überraschung."

Als wir endlich vor einem umzäuntem Gelände parkten, stiegen wir aus und Jay kam zu mir. Er umfasste meine Taille mit seinen großen Händen und küsste mich.
„Ein Zaun. Sehr romantisch für ein Date", lachte ich.
„Warte, bis du das eigentliche hinter dem Zaun gesehen hast. Es wird dir sicher gefallen."
„Wenn du meinst", sagte ich lächelnd.

Der Zaun und die großen Gebäude dahinter waren etwas angsteinflößend, da sie die Sonne, als wir hineingingen, so abschirmten, dass es etwas zwischen den Gebäuden deutlich dunkler wurde. Reflexartig griff ich Jays Hand, worauf er mich lächelnd ansah und bestärkend meine Hand sanft drückte.
„Alles gut?" Ich nickte.
„Was ist das hier?", fragte ich verwirrt.
„Die Überraschung! Meiner Schwester gehört das ganze Gelände, das echt riesig ist übrigens. Ihr bester Freund und sie teilen sich alles, weil sie zusammen ein Geschäft leiten." Während wir liefen, schaute ich mir die Umgebung an. Es sah etwas aus wie eine kleine, eigene Stadt. Wir liefen gerade an einem See vorbei, als wir am Waldrand einen Hügel hochliefen.
„Ich wusste gar nicht, dass du eine Schwester hast. Aber warum leitet sie das Geschäft nicht mit dir?"
„Sie ist nur meine Halbschwester, meine Eltern haben sie sozusagen adoptiert. Und ich leite die Geschäfte mit ihr nicht, weil sie genau das macht, was sie will. Ich würde viel zu sehr rebellieren. Ihr bester Freund ist dagegen eher der Arschkriecher."Ich lachte, bis ich bemerkte, dass Jay stehen blieb. Wir waren auf der Spitze des Hügels, worauf wir das ganze Gelände und die Stadt sehen konnten.

„Wow", hauchte ich.
„Ich wusste, es würde dir gefallen", sagte Jay stolz und zog mich zu sich.
„Und das hier gehört auch deiner Schwester?", Jay nickte.
„Und ein Teil des Waldes, aber das war's dann auch." Wir lachten gemeinsam lauthals, wodurch ich das Gefühl hatte, über das Übel von Valeria hinwegzulachen weswegen ich stoppte.
„Ist alles okay?" Ich schaute über die Stadt und dann im seine dunkelbraunen Augen, die mich wohlig warm fühlen ließen, sobald ich in sie schaute.
„Es ist wundervoll." Ich zog ihn zu mir herunter und küsste ihn leidenschaftlich. Er ließ mich gut und seltsam zugleich fühlen. Ich war so eng an ihm, wie nur irgendwie möglich und trotzdem reichte mir das nicht. Ich wollte ihn so nah an mir haben, dass nichts mehr zwischen uns kommen konnte, physisch und mental. Doch dann löste er sich schwer atmend von mir.
„Du machst mich wirklich verrückt, Mira", er sagte es so überwältigt, dass sofort klar war, dass es ein Kompliment war. Doch spätestens als er mich wieder zu sich zog, war es ohnehin klar. Als wir uns sanft von einander lösten und er seine Haare aus dem Gesicht strich, nahm er erneut meine Hand und führte mich ein paar Meter weiter. Er führte mich zu einem lichten Waldstück, ließ meine Hand los und lief etwas von mir weg.

„Ich habe dir versprochen, dass wir Valeria finden. Das geht aber nicht, wenn du nicht vorbereitet bist. Deswegen müssen wir dich trainieren." Ich musste innerlich lachen. Ich war wahrscheinlich besser trainiert als er, was Kämpfen angeht.
„Und das willst du mir beibringen?" Er nickte stolz.
„Hast du nicht meinen Körper gesehen?"
„Allerdings!" Ich musste ihn daraufhin einfach erneut mustern.
„Dann zeig mal, was du drauf hast." Er lief langsam auf mich zu und als er den Anschein machte, mich angreifen zu wollen, schnappte ich seinen Arm. Er versuchte sich natürlich zu wehren, doch ich hatte das Überraschungsmoment auf meiner Seite. Ich wandte mich so schnell um ihn herum und drehte mich geschickt, sodass Jay am Ende auf dem Boden lag.
„Wow! Das habe ich nicht erwartet." Ich lachte stolz, ließ ihn aber nicht los.
„Ähm Mira? Kannst du bitte loslassen? Das tut verdammt weh." Schnell ließ ich von ihm ab, worauf er mich küsste und meine Taille griff. Plötzlich hob er mich hoch und ließ mich über eine seiner Schultern hängen. Erst klopfte ich spaßeshalber auf seinen Rücken.
„Lass mich runter! Sonst wirst du es bereuen!" Diesmal lachte er laut auf.
Also gut, dachte ich mir und lies mich nach vorne kippen, sodass Jay somit nach hinten kippte. Er ließ mich los und ich rollte mich auf dem Waldboden ab, wobei er einfach auf den Rücken viel. Er verkrampfte sein Gesicht wegen den Schmerzen etwas, als ich mich zu ihm drehte. Ich setze mich auf seinen muskulösen Oberkörper und gab ihm einen Kuss.
„Weißt du, was dein Problem ist? Du unterschätzt mich!" Jay schmunzelte.
„Das kann ich nur zurückgeben", nuschelte er, rollte sich auf eine Seite, worauf diesmal ich auf den Rücken viel und er meine Hände festhielt.

Wir "kämpften" noch eine Weile weiter, was mich aber nicht besonders auslastete, da es nichts im Gegensatz zu meinem richtigen Training war. Jedoch hatte ich das Gefühl Jay konnte mehr und nahm schlichtweg Rücksicht auf mich.
Als wir Hunger bekamen, gingen wir zu Jays Wohnung auf dem Gelände, wo wir etwas zusammen kochten und nach dem Essen einem Film anschauten.

Doch mein Fehler war, dann einzuschlafen...

Best Friends SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt