9 ~ Mira

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„Hey Süße, wo bleibst du denn? Ich habe unsere Lieblingssnacks geholt und warte nur noch darauf, dass du deinen Hintern hierher bewegst. Ich habe sogar mein Date mit Jay abgesagt. – Melde dich, wenn du das hörst." Schon wieder die Voicemail. Ich wusste, dass Valeria heute viel zutun hatte, aber so lange? Sie hat doch vorgeschlagen, dass wir uns treffen. Ich schmiss mich frustriert auf mein Bett und starrte die Decke an, als es an meiner Zimmertür klopfte.

„Ja?" Loris öffnete die Tür und steckte seinen Kopf ins Zimmer. „Was ist?" fragte ich etwas gereizt.
„Du hast Besuch", sagte er etwas zähneknirschend und verzog sich. Die Tür ließ er einen Spalt offen, sodass die andere Person eintreten kann.
„Vali?", fragte ich strahlend.
„Nicht ganz.", die tiefe, raue Stimme erkannte ich sofort.
„Was machst du denn hier?", ich sprang von meinem Bett auf, lief zu ihm und fiel ihm in die Arme. Er lehnte sich mit dem Rücken an die Tür und drehte den Schlüssel leise im Schloss, sodass wir nicht gestört werden.
„Ich bin zwar nicht Valeria, aber ich habe dich vermisst und deswegen musste ich einfach vorbei kommen. Auch wenn du das Date abgeblasen hast", sagte Jay und hatte wie so oft sein schiefen Lächeln auf dem Gesicht, was ihm unglaublich gut stand. Da konnte ich ihm nichtmal für sein unpassendes Erscheinen böse sein.
„Valeria hätte nicht an Loris vorbeigemusst, um zu mir zu kommen", lachte ich.
„Das stimmt! Seit er weiß, dass ich was von dir will, habe ich das Gefühl er hasst mich." Ich lachte und er stimmte ein.
„Nimm ihm das nicht übel, ich bin wie seine kleine Schwester, er passt auf mich auf wie ein Wachhund."
„Das habe ich gemerkt." Jay streifte seine Lederjacke von seinen Schultern und musterte mich, als ich mich im Schneidersitz auf mein Bett setzte. Seinen braunen Augen war die Lust, die er verspürte, förmlich anzusehen und ich liebte es damit zu spielen. Ich schaltete die Musik an und Jay lächelte erneut verschmitzt, als er sich zu mir setzte. Er streichelte mit einer Hand mein Gesicht und die andere strich meinen Arm auf und ab. Seine Hand legte er passend an mein Gesicht, als wäre sie dafür geschaffen und zog mich sanft zu ihm. Mit dem Daumen strich er über meine Wange und blickte mir tief in die Augen. Ich strich durch seine welligen Haare und zog ihn etwas zu mir. Ich spürte seine Bartstoppeln an meinem Gesicht kurz bevor unsere Lippen sich berührten. Mit seiner Hand an meinem Gesicht zog er mich noch näher an sich ran und strich mir meine Haare aus dem Gesicht. Dann drückte er mich sanft aufs Bett, sodass ich auf dem Rücken lag und wir küssten uns eine Weile. Ich weiß nicht wie lang es war, es könnte eine Ewigkeit sein aber genauso gut auch paar Sekunden. Wir knutschten ab und zu rum, wenn wir uns trafen, aber wir haben nie beschlossen was festes daraus zu machen, was von uns beiden gewollt war. Doch immer wenn ich mit ihm zusammen war, suchte ich seine Nähe noch mehr.

Wir fuhren auseinander, als es plötzlich an der Tür klopfte. Jay gab mir noch einen intensiven Kuss bevor ich aufstand und zur Tür ging, um sie aufzuschließen.
„Jonny? Was machst du denn hier?", ich öffnete die Tür etwas mehr und bat ihn herein. Hinter ihm war noch ein Junge, der ihm folgte. Die beiden nickten Jay zu und Jonny lächelte etwas, als er zwischen mir und ihm hin und herschaute. Doch das Lächeln verschwand seltsamerweise wieder sehr schnell.
Weder Jonny noch der andere Typ sagte eine Weile lang etwas, also durchbrach ich die Stille.
„Du hast meine Frage nicht beantwortet, was machst du hier? Und wer ist dein Freund? Und wo ist Vali? Sie hätte schon seit Stunden hier sein sollen."
„Deswegen sind wir hier", meldete sich der Anzugtyp. Plötzlich viel mir auf, dass er es hätte sein können, den Nora gesehen hat. Würde zumindest in ihr Schema passen.
„Das ist Alex, mein großer Bruder." Ja, er war eindeutig der Typ, von dem Nora geredet hatte. „Und wir sind hier, weil wir mit dir reden wollten.", ich stutzte.
„Wieso, ist was mit Valeria? Ich habe sie tausend mal angerufen." Als ich das sagte, zog Jonny ein Handy aus der Tasche und drückte auf den Home Button um den Hintergrund anzuzeigen. Der Bildschirm war zerbrochen, aber man konnte gut das Hintergrundbild erkennen. Es war eindeutig ihr Handy. Und man sah meine Anrufe in Abwesenheit.

„Wissen wir.", sagte der ältere in einem Ton, den ich nicht ganz deuten konnte.
„Shit. Warum ist der Bildschirm zerbrochen? Und wo ist sie, wenn ihr das Handy habt?" Die Gedanken in meinem Kopf schienen mich zu erdrücken.
„Wir haben ihr Handy auf der Straße gefunden, als ich versuchte sie anzurufen."
Ich setzte mich zu Jay und lehnte mich an ihn.
„Oh Gott", hauchte ich.
„Wir wollten dich fragen, ob du irgendwas weißt. Hat sie sich in letzter Zeit irgendwie komisch benommen oder hat sie irgendwas komisches gemacht?", fragte Alex. Ich schüttelte langsam den Kopf.
„Glaubt ihr, sie ist abgehauen?", fragte Jay betroffen. Sie und er mochten sich sehr schnell, als ich sie einander vorstellte.
„Das glaube ich nicht. Gib mir mal ihr Handy.", Jonny reichte es mir und ich dachte laut, als ich es mit meinen Fingerabdruck entsperrte.
„Sie hat sich etwas komisch benommen. Sie hat gesagt, es geht um Familienprobleme, aber irgendwie kam das nicht glaubwürdig rüber. Das alles hat damit angefangen, dass sie einmal seltsam auf ihr Handy gestarrt hat." Ich schaute durch ihre Whatsapp Nachrichten, aber da war nichts außergewöhnlich. „Sie wirkte total verstört und war plötzlich blass." Ich redete so schnell, weil ich nervös war, dass Jay eine Hand auf meine Schulter legte, um mich zu beruhigen.
„Hey. Atme erstmal."Ich umklammerte ihr Handy fest und nickte. Nach einer kurzen Pause kam ich etwas runter.
„Auf jeden Fall war sie ab dem Moment so seltsam drauf und war wie abgeschottet. Also gedanklich." Ich schaute ihre SMS Nachrichten durch und da sah ich es.

„Du bist nicht in Sicherheit. Wir werden dich holen."

Nein. Nein nein nein nein. Sie konnte doch nicht entführt worden sein. Wer würde sie bitte entführen? Die Nummer war unbekannt, doch ich hätte sie wegen den Tränen in meinen Augen ohnehin kaum lesen können. Ich bekam kein Wort mehr heraus, sondern hielt Jonny nur noch ihr Handy hin. Mein Arm zitterte so stark, dass es mir schwer fiel es länger als die nötigen paar Sekunden ihm hinzuhalten, weswegen ich ihm sehr dankbar war, als er das Handy nahm.
Als Alex und er die Nachricht sahen, sahen sie nicht besonders geschockt aus. Eher als würden ihre Vermutungen sich bestätigt haben.
„Warum sollte jemand Valeria entführen?", fragte ich und schaute zu den beiden hoch.

„Wissen wir nicht", sagte Jonny knapp. Warum hatte ich das Gefühl, er würde nicht ganz die Wahrheit sagen?
„Wir müssen gehen", meldete sich Alex zu Wort und steckte das Handy ein.
„Sollten wir nicht die Polizei rufen?", fragte nun Jay.
„Ich glaube, das haben unsere Eltern schon getan." Die beiden verabschiedeten sich und schlossen die Tür hinter sich. Jonny war mir schon so gut vertraut, dass ich mir nicht die Mühe machte ihn herauszubegleiten. Aber er war mir auch so gut vertraut, dass ich schon ahnen konnte, wenn er lügt und das war eindeutig der Fall gewesen. Irgendwas stimmte nicht und ich musste herausfinden was.
Nur nicht heute, dazu war ich viel zu geschockt. Außerdem ließ mich das ganze an meine Schwester denken.

„Ist alles okay? Also den Umständen entsprechend?", fragte Jay, als ich mich auf mein Bett fallen ließ. Ich nickte und schaute ihn an, obwohl ich Tränen in den Augen hatte. Er hatte sich neben mich gelegt und auf einen Arm gestützt, sodass er von oben auf mich sehen konnte. Ich strich ihm mit meiner Hand über seine bärtige Wange und gab ihm einen sanften Kuss.

„Wir werden sie finden", sagte Jay. „Wir können das schaffen, das verspreche ich dir." Mir lief eine Träne die Wange herunter. Ich war so dankbar ihn zu haben, vor allem weil er genau wusste, dass ich das nicht anderen überlassen konnte. Jay legte sich auf den Rücken und ich mich auf seinen Brustkorb. Seine gleichmässige Atmung und die sanften Bewegungen seiner Hand auf meinem Rücken ließen mich erstaunlich schnell einschlafen.

Am nächsten Morgen wachte ich schweißgebadet auf und schaute mich um. Puh, nur ein Albtraum. Aber wo war Jay?

Best Friends SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt