5. Dezember- Der Albtraum beginnt

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Ein lautes Zischen und Pfeifen dringt in meine Ohren, worauf ich hoch schrecke. Ich brauche einen Moment, bis ich realisiere wo ich bin. Ich liege immer noch auf der Couch, doch draussen ist es bereits dunkel und ich befinde mich alleine im Wohnzimmer. Erneut ertönt das helle Pfeifen. Mir die Ohren zuhaltend laufe ich in die Küche, von wo das Geräusch kommt und entdecke die Teekanne, die das Pfeifen verursacht. Wer wollte denn Tee machen? Verwirrt nehme ich die Kanne und giesse das Wasser in eine Tasse. Als ich ein Teebeutel aus der Verpackung nehme, fällt mein Blick auf die Backofenuhr, die 02:45 Uhr anzeigt. Vermutlich bin ich eingeschlafen und die Mädels sind nach Hause gegangen. Denn als ich mit der Tasse Tee in der Hand ins Wohnzimmer laufe, ist der Fernseher ausgeschaltet und es wirkt so, als ob sie gar nicht hier gewesen sind. Ich zucke mit den Schultern und setze mich auf die Couch. Vielleicht sind meine Eltern in der Zwischenzeit nach Hause gekommen und haben vergessen, dass sie das Wasser heiss gemacht haben. Ich nehme einen Schluck von meinem Tee und stelle die Tasse auf den Glastisch vor mir. Müde reibe ich mir über die Augen und lege mich wieder hin. Hoffentlich kann ich noch ein wenig schlafen. Kaum zu Ende gedacht, höre ich irgendwo im Haus ein lautes Klirren. Hört sich an, als ob Glas zerbrochen ist. Mich beschleicht ein komisches Gefühl und ich kuschle mich in die Decke, die während des Schlafens herunter gefallen ist. Ich spüre wie mein Herz schneller klopft und versuche mich selber zu beruhigen. Das war bestimmt meine Schwester, der ein Glas herunter gefallen ist. Allerdings ignoriert mein Herz die logischen Erklärungen und schlägt in doppeltem Tempo weiter, als plötzlich eine Tür zu knallt. Was ist eigentlich los? Sonst ist es doch auch immer ruhig. Wieso zur Hölle müssen solche unheimlichen Geräusche immer dann kommen, wenn ich wach bin. Ich bin sowieso schon schreckhaft. Ich nehme einen tiefen Atemzug und schliesse dann meine Augen. Geister gibt es nicht, also muss es dafür eine logische Erklärung geben. Im nächsten Moment verlässt ein lauter Schrei meinen Mund, als etwas Kaltes meine Wange streift. Aus der Reaktion heraus will ich aufstehen und nach oben rennen, als mich eine Hand am Arm packt und nach unten in die Polster drückt. Während sich die andere auf mein Mund legt. "Drehe dich langsam um.", höre ich eine Stimme, worauf ich aufhorche und die Stirn runzle. Die Stimme kenne ich doch von irgendwo her. Mein Herz rast und ich streiche meine feuchten Hände an meiner Hose ab, als ich spüre, wie sich der Griff um meinen Arm lockert und ich mich langsam umdrehe. 

"Noah!", rufe ich erschrocken aus und blicke ihn ungläubig an. "Nicht so laut.", meint er sofort und zieht mich hoch. "Was machst du hier?", frage ich und mustere ihn. "Und wieso trägst du Tarnkleidung?", füge ich hinzu und schüttle ungläubig den Kopf. Er machte doch einen netten Eindruck. Wieso steht er mitten in der Nacht im Wohnzimmer, bekleidet mit einer Tarnhose und einer schwarzen Jacke, einem Messer am Gürtel und einem ebenfalls schwarzen Rucksack am Rücken. "Wir müssen weg.", meint er und nimmt mich an der Hand. "Nein müssen wir nicht. Ich gehe jetzt nach oben und schlafe weiter und du verschwindest hier." "Kate, du bist in Gefahr.", meint er mit Nachdruck und blickt mir fest in die Augen. Obwohl seine Augen Ehrlichkeit ausstrahlen, verstehe ich das Ganze nicht und bin verwirrt. "Du bist in Gefahr.", erwidere ich und füge hinzu: "Und zwar genau ab diesem Zeitpunkt, in dem meine Eltern die Treppe hinunter kommen und dich hier sehen." "Glaub mir, deine Eltern werden nicht kommen, dafür aber etwas Anderes.", antwortet er und ich glaube einen Schimmer von Angst in seinen Augen zu erkennen. Tatsächlich höre ich schwerfällige Schritte von oben und erneut ein Klirren, als irgendetwas zu Boden fällt. Noahs Augen weiten sich und er zieht mich unter den Küchentisch, unter dem wir regungslos verharren. "Was ist hier los?", frage ich ihn nun etwas leiser, als die Schritte näher kommen. Obwohl ich es nicht glauben will, können die Schritte weder von meiner Schwester noch von meinen Eltern kommen. Dafür sind sie viel zu schwerfällig und zu laut. Dazu das leise Ächzen und Schnauben, das ich wahr nehme. "Du musst mir einfach glauben und mit kommen.", antwortet der Braunhaarige leise. "Das ist jetzt ein schlechter Witz.", antworte ich nur, obwohl mir langsam wirklich unbehaglich wird. Er meint es total ernst und ich kann keinen Funken von Belustigung in seinen Augen erkennen, eher Angst. "Ich kenne dich nicht einmal. Wieso sollte ich mit dir mit kommen und wie hast du mich überhaupt gefunden?" In meinem Kopf schwirren tausend Gedanken umher. Es wirkt alles so unrealistisch. Was soll denn bitte in unserem Haus herum laufen, was Noah solche Angst macht, dass wir abhauen müssen. Ich blicke ihn an, worauf er schwer schluckt und meint: "In dem ich ihm gefolgt bin.", flüstert er so leise, dass ich ihn fast nicht verstehe. Er deutet mit dem Finger vor uns, worauf ich zusammen zucke. Haarige, grosse Füsse stehen direkt vor dem Tisch und das Ächzen ist nun direkt über uns. Noah legt einen Finger über seine Lippen, um mir zu vermitteln ruhig zu sein. Ich nicke nur und versuche mich möglich nicht zu bewegen. Das kann doch nicht sein, was ist das für ein Tier? Ein Bär? Aber welcher Bär macht solche Geräusche und kann ausserdem so problemlos auf zwei Beinen laufen. Leise atme ich auf, als sich die Schritte entfernen und aus meinem Blickfeld verschwinden. Vorsichtig wage ich einen Blick unter dem Tisch hervor und augenblicklich stockt mir der Atem, als ich erblicke, was sich hinter den stämmigen Füssen verbirgt. Jetzt wird mir klar, wovor Noah solche Angst hat. 

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