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Ihr Magengefühl wurde noch um etliches unbehaglicher, doch schon startete der Motor. Sie fuhren mit ihr irgendwohin. Sicher eine halbe Stunde, ... was denn dreißig, vierzig Kilometer, schätzte Mia überrascht. Es schien auf jeden Fall ewig zu dauern.
Die Kälte und Dunkelheit setzten ihr zudem viel ärger zu, als dass es Schläge getan hätten. Und als sie dann auch noch anhielten und Mia die Türen schlagen und dann nur Schritte sich entfernen hörte, ohne dass sie die mitgenommen hätten, sah sie sich in einer echt gut gestellten Rogue-Falle gefangen.

Ich gebe dir mein Wort, ... ja, klar. Es hatte schon die ganze Zeit so komisch hier drin gerochen. - Chemie und Blut?!
Das hier war also demnach deren Rogue-Lager.
Ein Endlager!
Scheiße auch ... Ihr Bruder hatte auch so eins. Da kamen besonders gefährliche Mörder, Rudelverräter, wilde Rogues und Vergewaltiger rein und blieben auch da drin, bis sie elendig krepiert waren. Aber im Gegensatz zu diesem Endlager war das im Schwarzwald ein zehn Meter tiefer Betonbunker mit einem gusseisernen Deckel oben drauf. Keine Chance auf ein Entkommen.
Hier aber hatten die Taunuswölfe ihr zum Glück noch ihre Sachen mit hineingegeben.
Und ihre beiden Ausbilder, Sebastian und Jens, hatten sie bestens auf alle möglichen Situationen, in die sie hier vielleicht kommen könnte, vorbereitet.

Sie kroch auf den Knien zu ihrem Rucksack hin und tastete dann mit den Fingern nach der verborgenen Tasche außen und unten am Rucksackboden, die Sebastian ihr für den Notfall bestückt hatte. Dort befanden sich eine kleine, aber starke Taschenlampe, ein multifunktionales Messer, ein Beutel Wasser und ein bisschen Werkzeug eingebettet in Watte, um es nicht gleich ertasten zu können.
Uuund ... yes! Die Dreckskerle hatten das Überlebenskit nicht gefunden. Ein Glück.
Sie kramte also den Notfallbeutel hervor. Riss ihn mit den Fingern auf knipste die kleine Taschenlampe an und erleuchtete das tatsächlich grausige Innere des Wagens. Abgewaschene Blutspuren zeugten von dem normalen und ständigen Gebrauch dieser Todesfalle auf vier Rädern.
Die hatten also tatsächlich nie vorgehabt, sie hier im Taunus willkommen zu heißen. Dared hatte demnach mal wieder Recht behalten, sie schon mit zwölf Jahren vor Torbens Rudel zu warnen. Und Selma hatte wohl mächtig einen an der Klatsche.
Eine Luna - selbst in Vertretung - schwor einem Gefangenen Frieden und schenkte ihm stattdessen den Tod?!
Wenn das die anderen Rudel wüssten ... Das war ein ehernes Gesetz, das sie da gebrochen hatte, verdammt!

Mit dem scharfen Messer befreite sie endlich ihre Hände und schüttelte dann über sich selbst erstaunt den Kopf.
Sie hätte wohl besser einfach auf Rahel hören und zu Hause bleiben sollen, wo sie hingehörte. In Mahmens Armen liegend am Wolfsfieber zu sterben war viel schöner als in so einem stinkigen Transporter.
Zur Begrüßung im Taunus gleich gekillt zu werden, war wirklich nichts, das sie erstrebenswert fand oder angenehm.
Ihr Bruder hatte ihr ja noch zum Abschied zugesichert im Falle von wirklich untragbaren Zuständen, in die sie in Torbens Rudel vielleicht geraten würde, zu ihr zu stehen und sie vor dem Taunus-Alpha zu beschützen, wenn sie einfach wieder heimkehren wollen würde.

Natürlich bedeutete es dann auch gleichzeitig den Bruch dieses ohnehin nur losen Abkommens mit dem Taunus. Den Bruch mit allen Höflichkeiten und jeder Zurückhaltung der Wächter.

Es würde auf einen echten, blutigen Krieg hinauslaufen.

Schade nur, dass sie hier noch wohl zu weit vom Schwarzwald weg war, um mit dem Mind-Link um Hilfe zu rufen. Aber immerhin hatte sie noch ihr Handy in der Tasche, dass ihr Rahel noch eingesteckt hatte.
Doch als sie es herausnahm, hatte sie natürlich keinen Empfang. Was auch sonst.

Scheiße!

Rasch und leise packte sie das Telefon wieder ein und holte sich das Werkzeug aus der Tasche.
In so einem umgebauten Transporter gab es viele Schrauben.
Sie würde sicher eine ganze Zeit lang brauchen, um hier herauszukommen, doch immerhin musste sie so nicht in ihrer eigenen Scheiße sitzend, jämmerlich verenden.

Seelenverwandt Mia - Die Luna des Alpha,# WinterAward2018 (Teil 2) abgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt