1➳ À la Mona Lisa

2.1K 107 98
                                    

2018

Κερύνεια| Zypern
{3 Jahre später}

Arzu

»𝕱ünfundvierzig, sechsundvierzig, siebenundvierzig«, murmelte ich vor mich hin und legte die verschiedenen Geldscheine und Münzen vor mir auf den Tresen, bis ich den Betrag an Trinkgeld parat hatte, den ich heute Abend von den Gästen insgesamt bekommen hatte.

Ich stützte mich mit den Händen an der Arbeitsplatte ab und blickte nieder auf dem Gesamtbetrag meines Trinkgeldes, weniger zufrieden, als ich dies dann auch verbal wiederholte:

»Achtundvierzig Lira«, flüstere ich enttäuscht darüber, dass das alles war, was ich heute bekommen hatte, sodass sich unwillkürlich ein Seufzer aus meiner Kehle bannte. So konnte es nicht weiter gehen... Das war zu wenig, viel zu wenig.

Müde richtete ich meinen Blick auf die nun leeren Tische dieses kleinen Restaurants, welcher sich in der Nähe des Hafens befand und praktisch jeden Touristen und Einheimischen hierherzog, der etwas anderes als nur Fisch speisen wollte. Der Hafen war für viele Touristen eine großartige Attraktion, insbesondere in den Sommernächten wimmelte es nur so von Menschen, die entlang des Ufers einen Spaziergang vollführten. Das tat ich auch gerne, wenn ich Mal nicht von einem Nebenjob zum anderen rennen musste.

Ich war froh, dass nur noch ein spärliches Licht den Raum beleuchtete. Das laute Stimmengewirr den ganzen Abend über an den runden Tischen hatte meinen bereits erschöpften Körper zusätzlich an seine Grenzen gebracht, was durch das grelle Licht unterstützt wurde. Ein enormes Pochen hatte dies seit jeher an meiner Schläfe hervorgerufen, welches den ganzen Abend über getestet hatte, wie lange mein Geduldspegel es aushalten würde, ehe ich einen der Teller achtlos fallen lassen und aufschreien würde.

Die gute Nachricht war: Ich hatte es überlebt, ehe ich mir mitten drin jämmerlicherweise wieder eingestehen musste in was für einem Schlamassel ich steckte.

Seit einigen Monaten arbeitete ich Tag und Nacht in diesem kleinen Restaurant, der in dieser Umgebung sehr beliebt war und viele Gäste mit ihren schönen leuchtenden Farben und dem einladenden Flair anlockte. Und trotz der haufenweise Arbeit die ich hier verrichtete, reichte mein Lohn und mein Trinkgeld bei Weitem nicht aus, um meinen Lebensbedarf zu decken.

Frustriert und von der Müdigkeit kaum noch auf den Beinen stehen könnend, rieb ich mir kurz über die Augen, ehe ich das Geld in meine Hosentasche steckte, meine Schürze und mein Arbeitshemd zurechtfaltete und mich mit dem Lappen in der Hand über den letzten Tisch bückte, um diese noch von den Krümmel sauber zu wischen, den der letzte Kunde hinterlassen hatte.

Ganz meinen Bewegungen ergeben, hatte ich fast die Stimme hinter mir überhört, wäre ich nicht im letzten Moment aus meiner Trance erwacht. Mit leicht aufgerissenen Augen, um mich an Ort und Zeit wiederzufinden, stellte ich mich aufrecht und drehte mich in die Richtung um, aus der die Stimme erklang.

Während dieses Aktes schon richteten sich meine Mundwinkel zu einem Lächeln auf.

Ich warf das Handtuch in meiner Hand über den Tresen und schob die dünnen Strähnen meines Ponys, die mir nun leicht vors Gesicht fielen zur Seite, als mein Blick auch schon auf die Quadratöffnung an der Wand fiel, an der sich die groß gebaute leicht pummelige Statur des 65-Jährigen Chefkochs Mehmet anlehnte und mich mit einem warmen Blick anlächelte.

»Geh nach Hause Mädchen, du stehst schon den ganzen Abend auf den Beinen.«

Er nahm sich seine Kochmütze ab, woraufhin seine grauen festen Haare hervorlugten und legte es vor sich hin. Ich währenddessen lehnte mich an die Barhocker auf der anderen Seite der Theke, an der die Bar stand und band mir die Schürze ab.

ℬinbir Gece🌙Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt