Kapitel 18

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Ich las mir die E-Mail von meinem Chef genau durch, bevor ich sie wieder schloss und mich meinen weiteren dreiundzwanzig Nachrichten widmete. Wie viele Leute etwas von dir wollen, wenn du mal ein paar Wochen nicht da bist. Seit gestern Abend waren wir wieder bei mir zu Hause. Die Kinder hatten sich gefreut und ich mich ebenfalls. Ich war so froh sie wieder bei mir zu haben. Louie und Darcy hatten mir ihre ganzen Geschenke gezeigt, während Anne sich die ganze Zeit  an meinem Hosenbein klammerte. Ihre kleinen Löckchen waren in den vergangenen Wochen länger und wilder geworden, das genaue Gegenteil vom den Zwillingen. Man konnte machen was man wollte, aber die beiden hatten glatte, kurze Haare. Es kam mir so vor, als hätte ich vor meinem Trip nie auf dieses Detail geachtet.

Die Tür des Arbeitszimmers wurde geöffnet. Meine Gedanken waren bei allen anderen aber nicht bei Kat. Ich konnte ihre Unzufriedenheit von hier aus sehen.

"Kommst du heute auch mal aus dem Zimmer?", seufzte sie und lehnte sich an die Holztür. Unsere Unterhaltungen verliefen auf Minimum. Wir redeten nicht viel, ich traute mich nicht sie auf unseren kleinen Streit anzusprechen. Telefonate schienen so viel einfacher gewesen zu sein, als ihr in die Augen zu schauen.

"Nein.", antwortete ich und schob die Lesebrille auf meiner Nase zurück. Eine weitere Mail wurde geöffnet, dieses mal eine von meiner Schwester, welche sich in Holmes Chapel umschaute. Ich hörte meine Frau erneut seufzen. Sie brauchte nur wenige Schritte, um sich hinter meinen Stuhl zu stellen. Ihre Hände legten sich sanft auf meine Schulter. Ich wusste was sie da machte.

"Harry, bitte. Deine Kinder haben fast zwei Monate ohne dich auskommen müssen und du sitzt hier vor dem Computer und tust so als ob sie dir egal wären."

"Mir sind sie nicht egal, aber irgendwann muss ich ja auch mal meine Arbeit machen!" Meine Frau schnaubte frustriert und griff nach einem Bleistift auf dem Schreibtisch nur um ihn dann auf den Boden zu werfen. Antiaggression ala Katnis.

"Arbeiten, Harry! Arbeiten kannst du noch, wenn deine Kinder dich nicht brauchen oder deine Freunde nicht unten auf dich warten.", rief sie empört und warf einen weiteren Stift auf den Boden. Ich musste standhaft bleiben. Das war die einzige Möglichkeit um Kat zu beweisen, dass sie mich nicht ganz unter Kontrolle hatte.

"Ich geh gleich runter und unternehme dann was mit den Jungs und heut Nachmittag kommt dann Paul vorbei und die Kinder können mit Liams Sohn abhängen.", versuchte ich sie zu beruhigen. Es hatte jedoch die komplette Gegenwirkung auf sie.

"Spiel doch auch mal mit ihnen und schieb sie nicht zu Liam ab! Wenn das so weiter geht, dann reiche ICH die Scheidung ein und glaub mir, ich werde dafür sorgen, dass ich alle vier Kinder bei mir habe."

"Jetzt beruhige dich doch mal, Kat! Ich hätte doch sicherlich noch etwas mit den Kindern...... gemacht....." Meine Stimme wurde leiser, als ich realisierte, was sie gerade gesagt hatte. Auch meine Frau bemerkte nun ihre verplapperten Worte. Ich versuchte einen Satz in meinem Kopf zu bilden,  aber alles war dabei rauskam war eine riesen große Alarmglocke.

"Kat..was.. du...wie... bist du schwanger?", fragte ich zögernd und schaute sie nun zum ersten mal heute an. Ihre Lippen waren aufeinander gepresst und in ihren braunen Augen bildeten sich Tränen. In mir kam dieses Gefühl hoch. Dieses Gefühl, wenn man weiß,  dass man alles gute verkackt hatte.

***

"Wo ist Mummy?", erkundigte sich Anne. Ihre kleine Hand zog an meinem T-Shirt, damit ich ihr Aufmerksamkeit schenkte. Ich öffnete die Augen und schaute meine kleine von der Seite aus an. Seit gefühlten Stunden lag ich auf dem Sofa und versuchte die neue Nachricht zu verarbeiten.

"Mummy schläft.", antwortete ich knapp. In Wirklichkeit hatte Kat sich im Schlafzimmer eingesperrt und weinte sich die Sorgen aus dem Leib. Ich war ein Idiot, ja, aber so hatte sich das alles noch nie angefühlt. Normalerweise würden wir fest umschlungen hier sitzen und einen Film schauen, während wir spekulieren, was unser zukünftiges Familienmitglied werden und wie es aussehen könnte. Aber heute war es anders. Es war ein kleiner Schock für mich gewesen, als ich es kapiert hatte. Und weil sie so traurig aussah, hatte ich auch ein schlechtes Gewissen. Sie war traurig darüber, dass ich wieder Vater werden würde und dieser Gedanke ließ mich nutzlos und verloren wirken.

The Time Has Changed ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt