TEIL II
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In lagen Schritten marschierte Hillow quer durch die Halle. Sie wirkte größer, zwischen ihren Leuten. Doch die gesammelte Aufmerksamkeit galt allein der Gruppe, die ihr wie verlorene Schafe folgten.
Lewi spürte die Blicke auf sich. Sie tuschelten, wenn sie erkannten wer da hinter seinen Eltern herlief wie ein getretener Hund. Sie rückten von ihm ab und flüsterten seinen Namen, deuteten auf den Armstumpf, als könne er nicht sehen wie sie darüber rätselten, was ihm widerfahren war.
Und es brach sein Herz.
Das hier war die Albtraumversion seiner Vorstellung wie er ankommen würde. Alle Bewunderung war nichts weiter als Spott. Für sie hatte er die Menschlichkeit, seine große Begabung und den Rang eines Wunderkindes verloren. Sie hatten ihn als Betrüger enttarnt, ein bösartiges Wesen, das sie alle versucht hatte zu täuschen.Stur blickte er geradeaus, bemühte sich, nichts anderes zu sehen, als den Tisch, der wie eine rettende Insel im Meer des Getuschels vor ihm auftauchte. Er würde das hier überstehen. Nur einen Abend, ehe sie sich aufmachen konnten, um seine Schwester und Eve zu retten.
Lyanna, die sich bis hierher erstaunlich im Hintergrund gehalten hatte, ließ sich mit einem äußerst uneleganten Plumpsen neben ihn auf eine Bank fallen und lehnte sich ein Stückchen zu ihm hinüber, dass nur Lewi ihre Worte verstand. „So wie die alle über dich reden, bin ich froh, dass niemand mehr weiß wer ich bin. Es hat durchaus seine Vorteile zwanzig Jahre tot zu sein. Vielleicht solltest du es auch mal probieren."
„Ich habe dich sehr wohl erkannt", berichtigte Beanna sie gleichmütig, kaum da sie sich ihnen gegenüber niedergelassen hatte, „Du hast dich wirklich kaum verändert."
Lyanna schenkte ihr ein ironisches Lächeln, ehe sie sich demonstrativ ihrem Bruder zuwandte und ihn in ein Gespräch verwickelte. Wäre Lewi nicht so sehr mit dem eigenen Strudel negativer Gefühle in sich beschäftigt, hätte er sich gefragt, woher diese offene Abneigung zwischen der Familie seines Vaters und Beanna kam.
Stattdessen fing Hillow den gequälten Blick auf und interpretierte ihn zielsicher falsch.
„Ich habe gehört, dass du dir vor all deinen Eskapaden überlegt hattest hier her zu kommen? Beanna hatte mir nach deiner Abreise von der Burg ein Schreiben zukommen lassen, dass dich in den höchsten Tönen gelobt hat. Wenn du möchtest, finde ich für dich eine Gruppe? Deine anderen Kameraden aus der Burg haben sich ebenfalls prima eingegliedert."Lewi hätte sich fast auf die Zunge gebissen.
Die waren auch keine Verfluchten Kinder oder magielose Krüppel. Er wäre für jede Gruppe eine Last.Und wieder deutete Hillow sein Schweigen falsch. Mit einem gewinnenden Ausdruck erhob sie sich von ihrem Stuhl, noch ehe Lewi sie aufhalten konnte.
Die allgemeinen Gespräche, die Lewi bis hierhin überhaupt nicht mehr gehört hatte, verstummten neuerlich, bis auf das Knarren einiger Bänke, als sich einzelne Personen zu ihrer Anführerin umdrehten.
„Ich würde gerne den Moment nutzen, da wir alle versammelt sind und unsere Gäste vorstellen. Ich bin mir sicher, dass die Meisten unter euch bereits Elayn und Jamah Lenlay erkannt haben. Es ist für uns alle eine Ehre", sie legte Elayn eine Hand auf die Schulter und drückte sie einmal kurz, „Und wenn wir ganz nett fragen, können wir sie vielleicht auch um die ein oder andere Anekdote aus ihrer eigenen Rebellenzeit bemühen."Tosender Applaus und Trommeln auf den Tischen unterbrach Hillow bei ihrer Rede. Hier und da steckten einige die Köpfe zusammen, doch dieses Mal war alles, was Lewi sah, reine Begeisterung und Anerkennung. Viele hier vergötterten seine Mutter ähnlich wie ihre Anführerin.
„Kaum weniger bekannt, wenn auch schwieriger zu erkennen, dürfen wir ebenfalls Lyanna Tiàlan unter uns begrüßen", fuhr Hillow mit einem breiten Lächeln fort, das ihre Narben noch blasser aussehen ließ.
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Jagd der Verfluchten Kinder- Das Elfenkind III
FantasíaTeil III der "Verfluchten Kinder"- Reihe. (ABGESCHLOSSEN) Beginn der Geschichte "Jagd der Verfluchten Kinder- Die Rebellentochter" *** Der Blick auf das Schloss war gigantisch. An einem anderen Tag, in einem anderen...