Kapitel 33: Tränen wie Regen

53 2 3
                                    

Jack P.o.V.

Ich riß mich los und lief auf Alice zu, die bewusstlos auf Colin's Schoß lag. "Alice? Alice? Jetzt antworte mir doch! Sprich mit mir!" "Beruhigen sie sich. Sie ist nur bewusstlos.", versichere mir der Sanitäter. "Zur weiteren Untersuchung werden wir sie ins Krankenhaus bringen." Zwei Männer trugen sie in den Krankenwagen und legten sie auf die Trage. "Sie kommen mit", forderte mich der Sanitäter auf. Ich sah zu Colin. "Und was ist mit dir?" "Keine Sorge, ich komme nach. Ich ruf Tristan an. Er fährt mich zu euch." Ich nickte und stieg in den Krankenwagen.

Der Transporter blieb stehen. Die Türen wurden geöffnet und Alice wurde auf der Trage durch die Schwingtür in einen der vielen Räume  gefahren. Eine Schwester kam auf mich zu. "Sie können hier warten, bis ihre Freundin untersucht wurde.", sagte sie und wies mich auf eine der Stühle hin. Sie wandte sich von mir ab und verschwand durch die selbe Tür, durch die Alice gefahren wurde. Erschöpft lasse ihr mich auf den Stuhl sinken und vergrub mein Gesicht in den Händen. Hoffentlich gehts ihr gut.

"Jack. Alles okay?" Ich hörte, wie Colin auf mich zukam und sich neben mich setzte. Ächzend hob ich mein Gesicht und sah ihn an. "Sie wird grade untersucht.", flüsterte ich. Mir wurde es zu viel. "Entschuldige mich kurz" Ich stand auf und lief aus dem Hospital. Ich lief die Straße runter zu einem nahegelegenen Park, setzte mich auf eine Bank und fing an, zu weinen. Es bestand zwar kein Grund dazu, doch ich wollte es. Ich wollte weinen. Jetzt. Hier. In diesem Augenblick.

Als ich mich wieder beruhigt hatte, ging ich zu Colin zurück ins Krankenhaus. Er erblickte mich, sprang auf und lief auf mich zu. "Was ist passiert?" "Keine Sorge, ihr gehts gut. Die Schwester sagte, dass sie nur kollabiert sei. Kein Grund zur Sorge, mann!", beruhigte er mich. Ich war noch nie in meinem Leben so erleichtert gewesen. "Tu mir den Gefallen und ruf mich an, wenn sie zu sich kommt. Ich bin gleich wieder da", sagte er und lief aus der gleichen Tür, aus der ich eben gekommen war.

Ich klopfte an der Tür und wartete auf eine Reaktion von der anderen Seite. Die Schwester, die eben noch mit mir gesprochen hatte, öffnete mir die Tür. "Treten sie ein, aber seien sie leise. Sie ist noch nicht wach." Ich begab mich in den Raum, schnappte mir einen der freien Stühe.

Ich sah sie lange schweigend an. Aber es ist doch nicht meine Schuld, oder? Wäre der Streit nicht passiert, hätte sie sich nie eingemischt. Dann wäre sie nie geschubst worden, ich hätte mich nicht eingemischt und sie wäre nicht bewusstlos geworden.

Ich erhebte mich vom Stuhl und kniete mich nebens Bett. Ich legte mein Hand auf ihre, legte meinen Kopf auf die Decke und schlief ein. Nach einer Weile spürte ich, wie Alice die Cap von meinem Kopf nahm und mir über den Kopf streichelte. Ich musste aufwachen, irgendjemanden benachrichtigen, aber ich wollte nicht. Ich wollte, dass sie mich berührte. Am Kopf und im Herzen.

"Jack? Wach auf, Kumpel, ich hab was für dich." Colin rüttelte mich wach. "Hm? Was denn?" Er hielt mir einen großen Korb hin und ich lugte verschlafen hinein. Eine Shisha, eine Flasche Vodka, Zigaretten und was zu futtern."Wofür?", fragte ich ihn. "Für dich und Alice! Das würde euch beiden gut tun." Verwundert nahm ich den Korb an mich. "Danke...?"

Ich war noch etwas verschlafen, da er mich eben unsanft geweckt hatte. Ich nahm ihm den Korb ab und stellte ihn neben die Tür. "Ich geh mir kurz'nen Kaffee holen." "So wie du aussiehst, bräuchtest du nicht nur das.", vermachte er zu scherzen. "Jaja", winkte ich ihn ab und schlurfte aus dem Raum zum Automaten.

Ich holte mir einen heißen, schwarzen Kaffee und ich versuchte, das Rückgeld aus dem Schlitz zu pullen. Ich nippte kurz und warf ihn angewiedert in den, da zufällig stehenden, Mülleimer. Es ging mir schon mal besser.

Ich hörte, wie Colin rief: "Jack! Sie kommt zu sich!" Dann eine kurze Pause, in der ich gerade realisierte, was grade geschah. "JACK!! Beeil dich!!" Ich rannte los, auf der Suche nach einem Angestellten. Ich fand eine junge Dame, die wie eine Ärztin gekleidet war. "Könnten sie kurz kommen? Meine Freundin ist wieder bei Bewusstsein." "Selbstverständlich.", sagte sie und folgte mir.

Als wir ankamen, waren Alice's Augen (wieder?) geschlossen und Colin stand neben ihrem Bett. "Jack! Sie ist eben aufgewacht. Sie hat auch gesprochen.", redete er mir ein. "Jetzt beruhigen sie sich doch, die Herren. So wie ich sehe, geht es meiner Patientin ausgezeichnet. Sie ist warscheinlich noch zu schwach und braucht Schlaf.", beruhigte sie mich, oder versuchte es zu mindestens.

Ich ließ mich auf den Stuhl sacken und entspannte mich. Ich kann nicht mehr. Echt nicht. Ich schien eingedöst zu sein, denn Colin machte mich wach. "Hier, ein Kaffee.", sagte er und hielt mir ein Pappbecher hin. "Ne, lass mal stecken. Schmecken eh nicht hier.", dankte ich ab. Colin drehte sich um und ließ sich auf einen der anderen Stühle nieder. Ich mache mir Sorgen um sie. Bei sowas kippt man doch nicht sofort um. Aber sie ist anders als die anderen, und das schätze ich so sehr an ihr.

Ich ließ meine Hand auf ihre wandern. Sie ist eiskalt und doch so weich. Wie sie. Auf einmal stöhnte sie leicht auf und ihre Augen öffneten sich ein wenig. "Alice? Geht's dir gut?". Sie sah mich an und nickte leicht. Erleichtert stieß ich die ganze Luft aus den Lungen. "Ein Glück. Ich hab mir Sorgen gemacht. Mach das nie wieder, verstanden?" Ich konnte nicht ernst bleiben, ich musste einfach lächeln. Ihr ging's gut und ich hätte am liebsten losgeheult. Ich fühlte, wie jemand hinter mir stand, ließ ihre Hand los und wechselte die Seite, um weiter ihre kalten, dennoch weichen Hände zu spüren.

"Guten Tag, Frau Darben. Wie geht es meiner Patientin? Mein Name ist Dr. Stoneage." Die Frau, die ich vor, keine Ahnung, wievielen Minuten geholt hatte, stand da, wo ich virher stand.

"Wirkt das Mittel noch immer? In etwa einer Stunde sollte es soweit sein, dass sie nach Hause gehen können." Sie zog ihren Ärmel etwas hoch und sah auf ihre Rolex. Sie kann sich bei ihrem Gehalt bestimmt viel leisten.

Alice blickte nach draußen. Es war bereits stockfinster. "Wie lange habe ich geschlafen?", fragte sie in die Runde. Ich war so froh, ihre Stimme wieder zu hören. Ich wurd langsam nervös. "Keine zwei Stunden. Wir haben null Uhr vierzehn.", antwortete Colin ihr. Nachts. Keine zwei Stunden, hm? Es kam mir viel länger vor.

"Dann lassen sie uns mal sehen, was ihnen fehlt. Hm. Hm. Aja. Sehr interessant. Hm." Sie sah sich ihre Akten durch. "Also, mal von ihrer Kollabiation abgesehen, fehlt ihnen gar nichts." Ein Glück. "Ich verschreibe ihnen hier und da paar Medikamente gegen Angstzustände und Hyperventilation, und dann können sie auch schon gehen.", lächelte sie sie künstlich an.

Nach dem sie ihr erklärte, wie, wann und bei welchen Anzeichen sie die Medikamente nehmen sollte, verließ sie den Raum. "Colin und ich gehen, solang du dich umziehst.", sagte ich und sah Colin fordernd an. "Ja, wenn du fertig bist, komm einfach raus und wir gehen.", stimmte er mir zu und wir verließen den Raum. Ich schloß die Tür hinter mir. "Was ist los mit dir? Du bist sonst anders..." "Huh? Ich..." Mir war nicht aufgefallen, dass er mit mir gesprochen hatte. "...sonst ist es ja auch anders als sonst..." Ich ließ meinen Kopf zu Boden sinken. Die Erleichterung war da, doch ich spürte die Anspannung noch tief in mir sitzen. "Wo ist der Korb, denn ich dir gegeben hatte?", fragte Colin mich, nippte und warf den Becher angewidert in den selben Eimer. "Da steht er" Ich wieß ihn auf den Korb hin, der keine drei Meter entfernt von uns stand. "Pass auf, hör gut zu: Du nimmst den Korb jetzt, gehst in den Park und suchst dir einen wunderschönen Platz. Du stellst alles auf und wartest auf Alice. Wenn sie da ist, gebe ich ihr Anweisungen." Ich war einverstanden. "Okay, und jetzt lauf, LAUF SCHON!! Sie wird nicht lange brauchen. Beeil dich!!" Ich nahm den Korb in die Hand und lief aus dem Krankenhaus, um einen wunderschönen Platz zu suchen.

Das Mädchen mit den grünen AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt