Der Lord des Südens - Ü

1K 32 0
                                    

Sicht von Kagome:

Hätte mir irgendjemand gesagt, Sesshoumaru sei mächtig, hätte ich sofort an seine dämonische Kraft gedacht. Aber, dass es auch unter Dämonen solch eine Macht gab, war mir bis heute nicht wirklich bekannt. Natürlich, ich kannte unsere Geschichte grob aus unseren Büchern und von unserem Unterricht in der Schule. Nur hatten die Lehrer einen für mich wahnsinnig wichtigen Teil ausgelassen.
Schwer schluckend dachte ich weiter darüber nach. Diese Art von Macht wäre mir niemals in den Sinn gekommen. Nicht im Geringsten.
Der überaus große Lord des Westens, Herr über Land, Hab und Gut aller darin lebenden Personen war kein Mensch.
Die tödliche und emotionslose Killermaschine neben mir trug diesen Namen und ein kleiner Teil von mir hoffte auf eine riesige Lüge. Aber diesen Gefallen tat mir mein Verstand nicht. Unbewusst zählte ich eins und eins zusammen und das Ergebnis war, dass Sesshoumaru der mächtige Fürst der westlichen Ländereien ist.
Kurz blickte ich auf einen breiten Rücken und beobachtete, wie der Wind seine silberne Mähne in die Luft hob und wieder fallen ließ. Danach starrte ich wieder mit aufgerissenen Augen und erhobenen Brauen in die Ferne.
Dieses Schloss war gigantisch. Wobei das Wort Palast eher zutraf.
Am Tal eines hohen Berges erkannte ich ein Dorf von beachtlicher Größe. Viele Reis- und Getreidefelder drum herum mit mehreren Wiesen für die Viehzucht. Je höher man sah, desto prunkvoller wurden die Gebäude.
Angefangen mit einem Tor und kräftigen Mauern umzingelten sie dieses Anwesen. Es machte einen sehr wichtigen und gefährlichen Eindruck. Wahrscheinlich sollte allein der Anblick vor feindlichen Überfällen schützen.
Eine alt-japanische Architektur gemischt aus Holz, Papier und Steinen die zum Träumen einlud. Ich hätte schwören können auch goldene Verzierungen zu sehen, der den Stand seines Bewohners darstellen sollte. Wohlhaben und Reichtum.
»Und? Wie findest du es?« Die aufgeregte Stimme von Rin riss mich aus meinen Gedanken und dabei zogen ihre schmalen Finger an dem Stoff meines grünen Rockes.
»Wow.« Die Faszination versteckte ich nicht. Jeder konnte es an meinem Tonfall der Stimme hören.
»Wir werden dort so viel machen können! Der Palast hat hinter dem Berg einen See. Der ist wunderschön! Noch dazu die Blumen aus dem Garten – wunderschöne Kränze werden wir flechten können.«
»Rin!«
»Ja, tut mir Leid Meister.«
Mit nur einem hart ausgesprochenen Wort unterbrach er die Kleine. Ich fand es süß, sie sprach so schnell, dass ihr die Luft ausging und ihre Wangen sich rot verfärbten.
Kurz gönnte uns Lord Kühlschrank noch eine winzige Pause, dann lief er schnurstracks den sandigen Weg entlang – mitten durchs Dorf.
Zu meiner Überraschung lebten hier Dämonen und Menschen.
Kurz war ich so schockiert, dass ich scharf die Luft einsog und weiterhin mit offenem Mund weiter ging. Menschen? So nah bei Sesshoumaru?
Das allein war schon Grund genug mich aus der Bahn zu werfen, aber sie schienen überhaupt keine Angst zu haben. Im Gegenteil. Sie erschienen dankbar zu sein, verbeugten sich und begrüßten ihren Fürsten freundlich mit einem Lächeln im Gesicht.
Bei dieser Ansammlung von Fakten und Geschehnissen wurde mir richtig schwindelig. Konnte es sein, dass Sesshoumaru doch gar kein so schlechter Kerl war, wie ich bis jetzt dachte?
Unbewusst wanderte mein Kopf in die Richtung von Rin. Sie saß mittlerweile auf dem Rücken von Ah Uhn und winkte den Dorfbewohnern lachend zu.
Eigentlich war sie schon allein Beweis genug.
Kurz vor diesem riesigen Tor blieb der Daiyoukai stehen und drehte sich zu mir um.
Mit nur einem Schritt war er bei mir und seine Krallen umgriffen mein Kinn.
»Du solltest deinen Mund schließen«, forderte er schroff. Seine tiefe Stimme bescherte mir mal wieder eine Gänsehaut. Etwas verärgert über seinen Tonfall versuchte ich meinen Kopf aus seinem eisernen Griff zu lösen. Leider erfolglos.
»Hier gibt es Regeln, Miko. Auch für dich, wenn du ein sicheres Lager für die Nacht benötigst. Also halte dich an die Pflichten vom Hofe.«
Ich starrte ihm in die Augen, versuchte seinen herb, männlichen Geruch zu ignorieren und meine Gedanken zu ordnen.
Er schien meine Verwirrung zu sehen, kurz zog sich sein Mundwinkel nach oben, das verging aber so schnell, dass ich daran zweifelte, es überhaupt gesehen zu haben.
»Ohne entsprechende Begleitung hast du nicht im Palast herum zu laufen. Spreche und bewege dich erst nach offizieller Aufforderung und verbeuge dich zukünftig vor mir! Bringe mir den nötigen Respekt entgegen und vor allem, halte dich zurück, wenn meine Vertrauten zugegen sind.«
Wieder kam ich aus dem Staunen nicht heraus. So viel hatte er selten zu mir gesagt.
Sobald ich leicht nickte, ließ er mich los. Danach besah er sich seine Klauen und verzog angewidert sein Gesicht. Schönen Dank auch! Ich hatte ihn nicht darum gebeten mich anzufassen!
Schnaubend lief ich einige Meter hinter ihm weiter.
Mit einem lauten Knarren öffnete sich das schwere Tor und dahinter herrschte das wilde Treiben. So viele Angestellt, selbstverständlich konnte ich nur dämonische Auren wahrnehmen. Also in seinem unmittelbaren Umfeld duldete er doch nur Lebewesen seiner Natur.
Die Wachposten verbeugten sich und die Anderen, die für Hof, Stall und Haus zuständig waren, schmissen sich in den Dreck.
Jaken rannte in einem affenzahn nach vorn und gab den Dämonen Befehle. Sesshoumaru selbst nickte nur einige Male, führte uns stumm in das Haupthaus seines Palastes.
Es glich einer großen Halle, direkt gegenüber vom Eingang führten zwei Holztreppen links und rechts in das obere Stockwerk. Die Geländer wurden mit Gold verziert und an den Wänden hingen große Gemälde von Personen. Da ich auf dem einen Inuyashas und Sesshoumarus Vater erkannte, auf einem anderen den Daiyoukai selbst, war dies wohl die gesamte Familie. Selbst ein etwas kleineres Portrait von Inuyasha fand ich vor. Verwirrt blieb ich davor stehen, bis mich der Dialog zwischen Jaken, einer Dämonin und Sesshoumaru ablenkte.
»Führe die Miko in eines der Gemächer im westlichen Flügel«, befahl er schroff.
Die Dienerin machte große Augen, verbeugte sich leicht und drehte sich daraufhin zu mir um.
»Meister, das ist doch der Familienbereich«, widersprach Jaken.
Sein Herr sah mit einem unzufriedenen Blick auf ihn herab. Mutiger kleiner Kappa...
Im nächsten Moment bekam der Frosch-Youkai einen kräftigen Tritt ab, der ihn einige Meter nach hinten schleuderte.
»Stelle meine Entscheidung nicht immer in Frage, Jaken!«
Sobald er diesen Satz aussprach, machte er sich auf den Weg nach oben und verschwand.
Rin gesellte sich an meine Seite und lächelte.
»Wo ist Ah Uhn?«, fragte ich sie.
»Im Stall. Da kann er sich ausruhen und er hat da auch eine riesige Wiese zum grasen«, erklärte sie mir. Danach winkte sie mir zu und rannte ebenfalls nach oben.
Wie bestellt und nicht abgeholt stand ich in dieser Haupthalle und sah ihr nach. Erst durch ein leises räuspern neben mir, erinnerte ich mich an die Angestellte von Sesshoumaru.
Sie lief voran – direkt in die Richtung in der der Daiyoukai gelaufen war. Es folgten etliche dunkle Flure, die nur von Fackeln beleuchtet wurden, ehe wir an einer Tür endlich Halt machten.
»Das ist Euer Gemach, Herrin.«
Was? Herrin?
»Die Gemächer des Herren und der kleinen Lady befinden sich ebenfalls auf diesem Flur.« Etwas gerührt von der Tatsache, dass ich im Familienflügel nächtigen durfte, sah ich die Tür an. Die Frau öffnete sie und ich trat etwas schüchtern ein. Egal wie nett diese Geste war, ein mulmiges Gefühl im Magen blieb bestehen. Ich wusste, dass das in dieser Zeit ein großes Ding war, wenn man so nah bei der Familie schlafen durfte. Unsicher spielte ich mit dem Saum meiner Kleidung und sah mich um.
Mitten im Raum befand sich ein großes Bett. Das Gestell war aus dunklem Holz und die Matratze musste ein Vermögen wert sein. Normalerweise schliefen die Leute auf Heu am Boden, aber nach einer kurzen Sitzprobe erkannte ich, dass sie noch mit etwas anderem gefüllt war. Ich tippte auf Federn.
An den vier Ecken des Bettes gingen die Pfosten bis an die Decke und diese waren mit seidigen Tüchern verbunden. So schien es wie eines der ersten Himmelbetten zu sein.
An der Wand gegenüber dem Eingang vom Zimmer befand sich eine weitere Tür. Diese gab den Weg zu einem Balkon frei. Daneben war ein Fenster platziert, davor ebenfalls wunderschöne Leinentücher. Wahrscheinlich zum Schutz. Vom Eingang aus links war eine weitere Tür, die in ein kleines Badezimmer führte. An der gegenüberliegenden Wand befand sich ein Schrank aus dem gleichen Holz geschnitzt wie das Bettgestell. Neben dem Schrank stand eine große Schüssel, gefüllt mit klarem Wasser. Anscheinend diente dies als Spiegel.
Auf dem Boden vor meinem Bett lag ein großes Bärenfell.
»Frische Kleidung findet Ihr im Schrank. Das Badezimmer ist hier...«, erklärte sie und zeigte auf die linke Tür, »wenn Ihr noch etwas benötigt, dann lasst mich zu Euch rufen. Ich werde während Eurer Anwesenheit für Euch zuständig sein.«
Ich nickte ihr dankend zu.
»Wie heißt Ihr?«
Meine Frage schien sie zu verwirren. Sie legte ihren Kopf schief und smaragdgrüne Augen sahen in meine.
»Yuki, Herrin«, antwortete sie.
»Freut mich dich kennen zu lernen. Ach übrigens, nenne mich doch Kagome. Ich bin es nicht gewöhnt so förmlich angesprochen zu werden. Ich bin auch gar keine Herrin.« Ob sie meiner Bitte nachkommen würde?
»Wenn das Euer Wunsch ist, Kagome-sama.«
Ich verdrehte genervt die Augen und seufzte.
»Lass das –sama weg. Kagome reicht völlig aus.«
Mit einem Lächeln versuchte ich ihr Sicherheit zu geben. Nach einer zögerlichen Minute erwiderte sie mein grinsen und ich musste gestehen, dass ihr elfenartiges Gesicht sehr schön aussah. Alle Frauen schienen hier besonders gut auszusehen. Ob das ein Kriterium war, um hier überhaupt arbeiten zu dürfen?
Nachdem Yuki kurz im Badezimmer verschwunden war, kam sie wieder zu mir.
»Ich habe euch ein Bad eingelassen, Kagome. Ich vermute stark, dass Eure Knochen erschöpft von der Reise sind.«
Welch eine nette Geste. Ich musste ihr aber auch recht geben. Jetzt wäre ein kurzes Bad wirklich Willkommen.
Yuki ging zum Schrank, nahm einen Kimono heraus und legte ihn auf mein Bett. Danach verabschiedete sie sich höflich und ließ mich allein.
Kurz betrachtete ich den lila-farbigen Stoff. Ich gab dem Drang ebenfalls nach, ihn anzufassen. Zwischen meinen Fingern fühlte er sich seidig und weich an. Was für eine teure Angelegenheit.
Doch nun bemerkte ich auch den Dreck an meinen Händen und ließ den Kimono sofort fallen. Es war definitiv an der Zeit für eine richtige Reinigung und keine Katzenwäsche.
So betrat ich ohne zu zögern das Bad und war erstaunt. Eine, in den Boden gelassene, Wanne begrüßte mich und der wohlig warme Dampf des Wassers ließ mein Innerstes vor Freude jubeln. So schnell wie auch nur möglich schlüpfte ich aus meiner völlig verdreckten und zerrissenen Uniform. Ich stieg in die mittelalterliche Wanne. Die Scham, dass sich das Wasser sofort dunkler verfärbte, überspielte ich mit einem lauten zufriedenen Seufzer. Schnell setzte ich mich. Kurz massierte ich mit meinen Händen die verspannten Muskeln an den Schultern und Armen, danach lehnte ich mich an den Rand. Kurz hörte ich, wie unter mir einige Holzstücke nachgeworfen wurden, daraufhin stieg die Temperatur und ich schloss genießerisch die Augen. Nach einigen Minuten driftete ich in einen oberflächlichen Schlaf.

»Kagome«, rief eine kindliche Stimme nach mir. Ich identifizierte sie sofort.
»Ich bin hier«, murmelte ich leise. Rin klopfte, trat jedoch nicht ein.
»Komm, es ist Zeit zum Essen!«
War es schon so spät? Dann schien ich lange geschlafen zu haben. Ein kurzer Blick auf die schrumpelige Haut meiner Finger bestätigte meinen Verdacht.
»Ja, ich bin gleich da.«
Es dauerte auch nicht lang und ich schnappte mir das Leinentuch und spannte es um meinen Körper. Danach verließ ich das Badezimmer und bemerkte erst jetzt, wie warm es dort drinnen war. Die kühle Luft im Schlafbereich war erfrischend, doch fast schon zu kalt.
»Los, Beeilung!«
Sie zog meine Bürste aus der Tasche und half mir mich fertig zu machen. Schnell zog ich den Kimono an und überprüfte mein Aussehen im Spiegelbild des kleinen Eimers.
»Du bist wunderschön«, bemerkte Rin. Ich wurde rot und kratzte mich verlegen am Hinterkopf.
»Danke Liebes.«
»Nun aber flott. Sesshoumaru-sama hasst es zu warten«, erklärte sie mir und zog mich an der Hand aus meinem Gemach.
Draußen im Flur wartete ein ungeduldiger Kappa, der mal wieder nur vor sich hin brabbelte.
Stimmt. Ich durfte nicht ohne Begleitung durch das Schloss laufen. Das hatte mir der Daiyoukai persönlich befohlen.
Wir liefen zurück zur Haupthalle, danach in die untere Etage und wieder etliche Flure entlang. Irgendwann kamen wir an einer großen Flügeltür zum stehen.
»Kagome, morgen werde ich dir das Schloss zeigen und den Garten. Den musst du unbedingt sehen!« Ich nickte und stimmte in ihr Gekicher ein. Was für ein süßes Mädchen sie doch war.
Die Türen wurden beiseitegeschoben und zum widerholten Male blieb mir die Spucke weg.
Mitten in diesem Speisesaal stand eine lange Tafel – an dieser konnten mindestens fünfzig Personen Platz nehmen. Die Decke war hoch und die Wände mit Tüchern geschmückt. Das Muster erinnerte mich an das Zeichen auf Sesshoumarus Kleidung. Ob das das Zeichen des Westens war?
Rin rannte sofort zum Daiyoukai, der selbstverständlich am Kopf des Tisches saß. Sie nahm direkt neben ihm Platz.
Unsicher biss ich mir auf die Lippe. Wo sollte ich sitzen? Neben Rin? Ausgeschlossen war der Platz neben dem Hausherren.
Sesshoumaru schien mein Zögern zu bemerken und wies mir den Platz neben Rin zu. Erleichterung machte sich in mir breit. So konnte ich wenigstens gemeinsam mit ihr essen. Apropos.
Wenn ich diese Speisen so sah, da lief mir das Wasser im Munde zusammen. Reis, Fisch, Fleisch in verschiedenen Variationen, ganz viele Beeren, Pilze und andere Leckereien gab es zu finden. Welch eine Freude.
»Du wirst das hier lieben!«
Ohne, das ich darum bat, reichte sie mir eine Schüssel voller Erdbeeren und Weintrauben. Ich dankte ihr, aß sie genüsslich auf und erlaubte mir noch etwas Reis mit angebratenen Pilzen zu probieren. Es schmeckte alles sehr, sehr gut.
Rin war bereits fertig, Sesshoumaru trank Tee, so vermutete ich es jedenfalls, ansonsten starrte er auf eine Schriftrolle. An unserem Gespräch nahm er nicht teil.
Die Kleine stand auf, verabschiedete sich von mir und dem Daiyoukai, wünschte uns eine gute Nacht und verschwand.
Ich stand ebenfalls auf, überlegte kurz ob ich den Tisch abräumen sollte, aber als ich einen eigenartigen Blick eines Angestellten abbekam, zog ich meine Arme zurück und senkte meinen Blick.
Eigentlich wollte ich schlafen gehen, aber da brannte mir noch etwas auf der Seele.
Lord Kühlschrank bemerkte es sofort – welch ein Wunder.
»Frag.« Der tiefe Bariton schenkte mir mal wieder ein eigenartiges Gefühl.
»Ich weiß nicht recht, wie ich es formulieren soll... mein Herr.«
Die Endung in meinem Satz klang eher wie ein Flüstern. Manchmal war ich wirklich ein Feigling.
»So wie immer, Miko.« Die Arroganz war nicht zu überhören. Ich unterdrückte den Drang ihm eine patzige Antwort vor die Füße zu werfen.
»Ich verstehe nicht recht, wieso ich im Westflügel untergebracht wurde. Dazu habe ich doch keinerlei Rechte«, fragte ich ruhig.
»Ich dachte mir, dass ich dich nicht von Rin trennen sollte. Das Rin nicht im Familienflügel lebt ist ausgeschlossen.«
Mit dieser Erklärung hatte ich nicht gerechnet. Ein Teil von mir wünschte sich, dass Rin das gehört hätte. Das wäre bestimmt eine schöne Nachricht für sie gewesen.
»Darf ich noch eine Frage stellen, Sesshoumaru-sama?«
Wie mich diese Höflichkeit ankotzte. Seine Brust füllte es mit falschem Stolz und mein Level sank.
Er antwortete nicht und nickte nur.
»Beginnt morgen mein Unterricht mit Rin?«
Die Frage hatte er wohl nicht erwartet, denn für einen kurzen Moment ließ er seine übliche Maske fallen und sah erstaunt aus.
»Ja. Ihr werdet von euren Dienern geweckt. Nach dem Frühstück wird der Unterricht beginnen.«
Vor Freude klatschte ich in die Hände, was einen ziemlich lauten Schall in diesem riesigen Raum auslöste. Böse funkelte mich Sesshoumaru an.
Ich verbeugte mich kurz, drehte mich um und lief in Richtung Tür.
»Halt!«
Was denn noch? Augenblicklich blieb ich stehen und sah den Herren des Westens an.
»Ja, Sesshoumaru-sama?«
»Lass das –sama weg, wenn wir unter uns sind. Mir ist durchaus bewusst, dass du es nicht ernst meinst!«
Erstaunt blickte ich zu ihm. Nach einigen Sekunden fing ich mich wieder.
»Nun gut, ich werde mich jetzt jedoch schlafen legen«, erklärte ich und daraufhin ging ich zu Yuki, die mich zu meinem Gemach begleitete.

Wie versprochen wurde ich am nächsten Morgen von Yuki geweckt, sie brachte mein Frühstück ins Zimmer. Ich aß brav auf und danach wurde ich wieder zu einem anderen Raum gebracht. Ich konnte die Regel –laufe nicht ohne Begleitung herum- immer mehr verstehen. Dieser Palast war das reinste Labyrinth. Hier würde ich mich niemals zurechtfinden – jedenfalls nicht allein!
Hinter der besagten Tür konnte ich bereits Sesshoumarus Youki spüren.
Yuki klopfte und kündigte mich an.
»Komm rein«, forderte der Lord.
Ich tat wie mir befohlen wurde und sah Sesshoumaru an einem großen Tisch auf dem Boden sitzend. Hinter ihm an der Wand hing ein großes Portrait des Inu no Taishou.
Mit einer kurzen Geste bot er mir ein Sitzkissen vor seinem Tisch an. Ich setzte mich.
»Heute bekommen wir Besuch«, erklärte er mir.
Ich nickte.
»Okay. Wer denn?«
Nun sah er mir ins Gesicht, schob einen Papierstapel beiseite und blickte mir direkt in die Augen. Ich musste zugeben, die Schönheit blendete mich jedes Mal auf ein Neues.
»Mein langjähriger Freund und enger Verbündeter mit seiner Gefährtin und dessen Erben. Sie werden schon bald eintreffen.«
Um ein Haar hätte ich ihn beinahe gefragt, wie es sein könne, dass er Freunde hat.
»Es ist das Fürstenpaar des Südens. Er will unbedingt die Miko kennenlernen, die Naraku besiegt hat. Deshalb ist deine Anwesenheit erforderlich. Zudem hat er noch Informationen über diese Drachen aus dem Norden.«
Überrascht sah ich ihn an. Nervosität breitete sich rasend schnell in meinem Körper aus. Zitternd krallte ich mich in meinen Kimono von gestern.
»Da der Thronfolger ebenfalls da sein wird, sollte ich dich warnen. Er hat eine sonderbare Art und du solltest dich von ihm fernhalten. Es sei denn, du möchtest den Ärger des Lords auf dich ziehen.«
Schluckend lauschte ich seinen Worten und das Zittern nahm zu.
»Sonderbare Art?«, stotterte ich. Ob Sesshoumaru meine Unsicherheit bemerkte?
»Er hasst Fremde jeglicher Rasse.«
Oh. Was für eine ungewöhnliche Eigenschaft. Dann hätten es die Eltern im Kindergarten nicht leicht. Schnell ermahnte ich mich mit einem Kopfschütteln zur Ruhe! Wir waren hier im Zeitalter der kriegerischen Staaten und die Eltern sind schließlich Dämonen. Ob es auch Kindergärten für Dämonen geben sollte? Kagome! Reiß dich zusammen!
»Fällt der Unterricht heute also aus?«
»Hn.«
Nach dieser vielversprechenden Reaktion seinerseits widmete er sich wieder seinen Schriftrollen. Ich unterdrückte das Gefühl genervt seufzen zu müssen und stand langsam auf.
Ein Klopfen an der Tür ließ uns beide aufhorchen.
»Herr, sie sind bereits eingetroffen«, berichtete Jaken völlig außer Atem. Der kleine Frosch-Youkai schwitzte sogar ein wenig.
Lord Kühlschrank stand daraufhin auf, sah mich an und befahl mir, ihm zu folgen.
Gemeinsam liefen wir zu dritt in die Haupthalle. In der unteren Etage standen bereits die Gäste.
»Sesshoumaru, mein Freund.«
Ein großer Mann breitete zur Begrüßung seine Arme weit aus. Er trug eine silberfarbige Rüstung und darunter einen dunklen Kimono und Hakama. An seiner Schulter sah man ein weißes Wappen – es war eine Kirschblüte.
Er hatte schulterlange, brünette Haare, jedoch zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden. Eine tiefe Narbe fand man in seinem Gesicht unter seinem linken Auge vor.
Sesshoumaru und ich liefen die Treppen herunter, ich blieb jedoch am Absatz stehen.
Als der Lord des Westens direkt vor ihm stand, erkannte ich, dass die beiden gleich groß waren.
»Hallo Yasu. Über deinen spontanen Besuch freue ich mich ganz besonders.«
Kühl, arrogant und etwas zornig klang seine Stimme. Wie immer eigentlich.
»Ach hab dich nicht so. Ich bin einfach zu neugierig. Du kennst mich!«
Der Youkai grinste bis über beide Ohren und stupste Sesshoumaru an. Das erzeugte natürlich eine Gegenreaktion – ein Knurren seitens Lord Eisschrank.
Als sich sein Kopf plötzlich zu mir drehte, senkte ich meinen Blick. Er war schließlich ein Lord. Außerdem wollte ich meine Nervosität noch etwas geheim halten.
»Ist sie das?«, fragte er, »welch blöde Frage. Diese Aura, so heilig und rein. Das kann sie nur sein.«
Mein Blick war immer noch auf den Boden gerichtet. Doch ich zuckte im nächsten Moment zusammen, da sich zwei starke Arme um mich legten.
»Es ist mir eine Ehre, die Miko kennen zu lernen, die diesen Hanyou besiegt hat.«
Er klang so sympathisch und seine Stimme war voller Wärme. Sofort legte sich meine Unsicherheit ein wenig.
»Mir ist es eine Ehre, MyLord.«
Ob das so richtig war? Schüchtern sah ich zu Sesshoumaru, er verzog keine Miene und starrte uns nur an.
»Mein Name ist Yasu. Verratet ihr mir auch Euren?«
Daraufhin nahm er meine Finger und hauchte einen Kuss auf meinen Handrücken.
»Mein Name ist Kagome, Yasu-sama«, antwortete ich freundlich und er brachte mich dazu automatisch zu lächeln. Zu meiner Überraschung brachte ihn meine Reaktion zum Lachen.
»Nicht so förmlich Kagome. Ich hoffe, dass wir gute Freunde werden.«
Überrumpelt und verwirrt versuchte ich meine Gedanken zu ordnen. Solch ein Lord oder Dämon kannte ich noch nicht.
»Das würde mich freuen, MyLord.«
Kurz wuschelte er durch mein Haar.
»Nenne mich Yasu.«
Er trat einen Schritt zurück und drehte sich zu der Frau hinter Sesshoumaru um.
»Lass mich dir meine Gefährtin vorstellen, Kagome.«
Die Frau vor uns war ein lebender Beweis für schöne Perfektion. Sie war ebenfalls brünett, lang zusammengebundene Haare und sie trug einen sehr hochwertigen Seidenkimono. Ihre Haut war makellos – wie aus Porzellan. Anmutig, als würde sie ein Weltmodell sein, kam sie zu uns.
»Das ist die Lady des Südens. Meine Frau Sumiko und mein Thronfolger – unser Sohn – Kouhei.« Erst jetzt bemerkte ich unter den losen Strähnen der Mutter den kleinen Jungen.
Vor mir blieb die Dame stehen und wir verbeugten uns.
»Freund mich Euch kennen zu lernen, MyLady. Mein Name ist Kagome.«
Dieses Mal stellte ich mich richtig vor.
»Verbeugt Euch nicht, Kagome.« Ich sah wieder auf und in strahlend blaue Augen. Sie schien mindestens genauso freundlich zu sein, wie ihr Mann. Beide strahlten eine angenehme Atmosphäre aus.
Sie lächelte und nun bewegte sich auch der Sohn. Kurz setzte mein Herz einen Schlag aus, als mich sein neugieriger Blick traf. Nach allem was Sesshoumaru gestern erzählte, war ich wirklich nervös.
Ich spannte meine Muskeln an und rechnete mit einem Aufschrei.
Doch er blieb aus.
Kouhei reagierte nicht, sondern beobachtete mich nur.
War die Sorge umsonst?
Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, ergriff der Lord des Westens wieder das Wort.
»Lasst uns an einem geeigneteren Ort weiter sprechen.«
Danach führte er uns in eine Art Besprechungszimmer.
Mir wurde der Platz zwischen den beiden Lords zugewiesen. Gegenüber von uns saß Sumiko
So, nun erzählt einmal. Kagome? Was wollen die Drachen des Nordens von dir?«, fragte Yasu.
Die Erinnerungen an die ersten Treffen waren immer noch präsent und da begann ich zu erzählen...

»Interessant.«
Yasu formte seine Augen zu Schlitzen.
»Also wollen sie im Grunde Rache«, wiederholte er. Ich nickte.
»Rache für den Tod von Naraku.«
Ungläubig schüttelte er den Kopf.
»Der hatte Freunde?«
Bei der Frage musste ich kichern.
»Bitte entschuldigt. Diese Reaktion hatte ich auch, als ich das erfuhr,« erläuterte ich, »es sind fünf Brüder plus der Anführer. Den habe ich jedoch noch nicht getroffen. Jeder der Brüder hat seinen eigenen Kampfstil und sie sind in einer bestimmten Farbe gekleidet. Papuya – er trug die Farbe rot – ebenfalls seine Haare. Nur an der Stirn hatte er eine einzelne grüne Strähne. Sein Element war das Feuer.« Kurz holte ich Luft.
»Dann gibt es noch Ryu, seine Farbe ist grün. Auch er besitzt wie sein Bruder eine farbige Strähne an der Stirn – bei ihm ist es blond. Er bestreitet seine Schlachten mit Giften. Der dritte Bruder heißt Katsu, er besitzt eine rote Strähne, seine Haare und seine Sachen sind schwarz. Sein Element ist der Wind. Ähnlich wie Kagura damals, nur noch gefährlicher wenn ihr mich fragt.
Der jüngste Bruder – Gorou – gelb, orangene Kleidung und blonde Haarfarbe mit einer grünen Strähne. Er kann sehr gut mit Klingen umgehen. Dann der letzte Bruder, dessen Name ich noch nicht kenne, erkennt man an seiner blauen Haarfarbe, sowie Kleidung. Er kämpft mit dem Element Wasser.«
Verblüfft sah mich Yasu an.
»Sehr informativ. Aber hast du eben Papuya gesagt? Er war?«, hakte er nach.
Ich nickte zustimmend.
»Ich besiegte ihn, nachdem er meinetwegen Rin entführte.«
Der Lord des Südens riss die Augen weit auf. Sumiko schnappte nach Luft.
»Du bist wahrlich ein Wunder, kleine Kagome«, sagte er voller Respekt.
»Für einen Menschen bist du wirklich ziemlich stark«, fügte er hinzu. Das Kompliment brachte meine Wangen zum Glühen und ich sah schüchtern auf die Tischplatte.
»Was weißt du über diese Dämonen?«
Sesshoumarus Stimme schnitt die gute Raumatmosphäre wie mit einem Messer glatt durch.
»Nun mein Freund, das sind die Brüder der verschollenen Familie des Nordens. Soweit ich das aus den Erzählungen heraus hören kann, dank Kagomes ausführlicher Beschreibung.«
Ein Detail hatte ich vergessen zu erwähnen.
»Ich habe vergessen zu sagen, dass jeder der Brüder zwei Sterne im Gesicht hat. Einen auf der linken Wange und der anderen auf der rechten Seite.«
Nun schlug jemand wütend auf den Tisch.
»Das ist definitiv diese Familie. Sie wurden damals von der Hauptfamilie wegen Verrats auf unbestimmte Zeit des Landes verwiesen. Irgendwann war die Strafzeit vorbei und die Hauptfamilie wollte sie wieder zurück holen, doch sie waren nicht mehr aufzuspüren«, erklärte er uns kurz.
»Diese Idioten müssen sich damals dann mit Naraku verbündet haben«, presste er zwischen seinen Zähnen heraus. Der Frust schien ihn wohl an damals zu erinnern.
»Dann kam Naraku irgendwann und zog sie auf seine Seite. Das würde passen«, murmelte ich in Gedanken vor mich hin.
Doch ein Schlag auf meinen Kopf holte mich augenblicklich zurück in die Gegenwart. Aua.
Sesshoumarus Augen funkelten mich wütend an. Er sah zu mir herab, als wäre ich ein Stück Dreck. Oh, ich hatte dieses Mal einfach gesprochen ohne Erlaubnis und wichtiger Information.
»Na na mein Freund. So behandelt man weder einen Gast noch eine Frau.«
Yasu gefiel es gar nicht und Sumiko gab ihm Recht.
Sesshoumaru blieb unbeeindruckt.
»Sie ist ein schwacher Mensch und hat ihren niederen Platz zu kennen. Ohne offizieller Aufforderung unsererseits hat sie nicht das Recht ein Wort zu ergreifen.«
Kalt, kälter, Sesshoumaru. Was für ein arroganter Arsch!
Niederen Platz? Aha.
Dieser Mensch hatte seiner Ziehtochter bereits mehrfach das Leben gerettet und Seite an Seite mit ihm gekämpft!
In mir wuchs eine Wut heran, die drohte heraus zu brechen. Mein Reiki schwebte unruhig um mich herum. Meine Aura machte seinem Youki Konkurrenz und beide Energien schienen sich gerade zu bedrängen. Keiner von beiden wollte nachgeben.
Yasu fing an zu lächeln und rückte etwas von mir weg. Sumiko schien sich zu sorgen.
Wenn ich die Worte vom Daiyoukai nochmals Revue passieren lasse, wurde ich noch wütender.
Nun konnte ich mich nicht mehr beherrschen. Und wieder einmal wurde mein Temperament mein größter Feind. Oh, wie oft wurde ich schon deswegen gewarnt? Ich stand auf, sah Sesshoumaru finster an.
»MyLord. Ich habe zwar unaufgefordert gesprochen und den Schlag auf meinem Kopf verdient, jedoch gibt es Euch nicht das Recht so abwertend über mich und meinesgleichen zu sprechen. Ich habe Euch wohl oft genug bewiesen, dass ich zwar ein Mensch bin, doch bestimmt alles andere als schwach.«
Selbstbewusst trat ich ihm entgegen. Mein Reiki strahlte auf vor Zorn und Entschlossenheit, mir langsam nicht mehr alles gefallen zu lassen. Natürlich rechnete ich mit einer erneuten Bestrafung, aber das war es mir wert.
So schnell konnte ich gar nicht blinzeln, da stand der Lord des Westens auf einmal vor mir und umschlang meinen Hals mit seinen Krallen. Im nächsten Moment wurde ich quer durch den Raum geschleudert, sodass mich eine Wand bremste, ich gegen sie knallte und an ihr herunter rutschte. Unsanft landete ich auf meinem Hinterteil.
Etwas schockiert, wie heftig die Bestrafung ausfiel, hob ich meine Hand und tastete an meinem Hinterkopf. Ich ahnte schon, dass ich blutete.
Aber nun gut. Das war es mir wert. Die Genugtuung einer Träne vor seinen Augen würde ich ihm bestimmt nicht gönnen. Somit sammelte ich mich einige Sekunden lang, stand langsam auf, klopfte den Staub auf meinem Kimono ab und setzte mich mit blutender Wunde wieder auf meinen Platz.
Ich unterdrückte die aufkommenden Tränen und gewann den Kampf. Die pochenden Schmerzen an meinem Kopf versuchte ich so gut wie es ging zu ignorieren.
Sumiko kam zu mir und besah sich meine Wunde.
»Kagome, Ihr blutet ja«, stellte sie erschrocken fest, »das muss verarztet werden!«
Ich konnte Ihre Reaktion verstehen, aber für mich und Sesshoumaru war das ja schon fast normal.
»Wie kann ich helfen?«
Das war ja eine offizielle Aufforderung.
»Macht Euch keine Sorgen, Sumiko-sama. Das war es mir Wert.«
Zum Schluss wurde meine Stimme immer fester. Sollte der Daiyoukai mich doch so oft gegen die Wand knallen, bis ich nicht mehr aufstand! Wenn es diesen eiskalten Lord befriedigte. Er hatte kein Recht so vor anderen über mich zu sprechen und bei diesem Standpunkt blieb ich.
»Nun gut. Sesshoumaru, das war nun wirklich nicht nötig. Wir sitzen hier in einer gemütlichen Runde und sie kann sprechen wann sie will. Jedenfalls vor uns.«
Sumiko tadelte den Lord des Westens mit einem finsteren Blick. Sesshoumaru schwieg.
»Lasst uns das Gespräch erst einmal auf morgen verschieben«, schlug Yasu vor und berührte kurz meine Hand. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich zitterte.
Danach standen die beiden auf und verließen den Raum. Ich zögerte nicht länger und ließ Sesshoumaru komplett allein. Vor dem Raum wartete Yuki bereits, die mich zu meinem Zimmer brachte.
Ich ging hinein und bat sie, mich allein zu lassen. Sie wollte eigentlich meine Verletzung versorgen, aber das konnte ich gut auch alleine machen. Ich wollte niemanden sehen. Zumindest vorerst.
Vor dem Schrank stand mein Rucksack, aus dem ich Verbandszeug und Desinfektionsmittel heraus nahm. Danach schnappte ich mir ein Stück Stoff und reinigte die Wunde.
Als auf einmal die Tür aufging, wollte ich mich umdrehen und denjenigen anschnauzen, aber mein Blut gefror sofort in der Sekunde, in der ich sah, dass es der Lord des Westens persönlich war.
Was wollte er hier?
Mich zu Tode foltern? Mich weiterhin für mein ungezogenes Verhalten bestrafen? Ich machte mich auf alles gefasst. Meine Muskeln waren bis zum kleinen Zeh auf ein Maximum angespannt.
Auf in Runde zwei.
»Miko.«
»Du weißt, warum ich dich bestraft habe?«
Sein kalter Tonfall und der dazugehörige Blick ging mir durch Mark und Bein.
»Ja. Und du weißt, wieso ich sauer wurde und die Schleuder in Kauf nahm?«
Verwirrung spiegelte sich auf seinem Gesicht wieder.
»Ich habe auch meinen Stolz, Sesshoumaru. Ob du es glaubst oder nicht. Ich lasse mich nicht so herablassend behandeln. Nicht von dir oder sonst irgendwem. Ich zeige dir in der Öffentlichkeit genug Respekt und habe auch nichts falsch gemacht! Lange Rede kurzer Sinn, das habe ich einfach nicht verdient, dass man so über mich spricht. Da kannst du mich auch tausende Male gegen eine Wand feuern oder mich auf der Stelle töten!«
Ich sah ihm direkt in die Augen und für einen kurzen Moment, versank ich in diesem goldenen See. Aber als er sich in Bewegung setzte und zu mir kam, da kniff ich meine Augen zusammen. Meine Gedanken drehten sich nur noch um Blut, Zerstückelung und Folter. Vielleicht würde er doch etwas gnädig sein und es wenigstens schnell durchziehen. Das wäre zur Abwechslung ein nettes Abschiedsgeschenk. Aber auch wenn mein Leben nun zu Ende ging, ich bereute meine Worte nicht.
Ich war Kagome und eine Kagome ließ sich nicht so widerlich behandeln.
Sesshoumaru lief um mich herum und blieb hinter meinem Rücken stehen. Aha. Von hinten also? Rückgrat brechen? Genick oder Peitschenhiebe? Was würde wohl zu meinem Tod führen?
Eine Kralle berührte meinen Rücken und drückte mich vor. Ich kam zu meinem kleinen Hocker und dann packte er meine Schultern und zwang mich dazu mich zu setzen.
Daraufhin nahm er mir den Verband aus der Hand und das Reinigungstuch und betupfte meine immer noch blutende Wunde.
Träumte ich? Ging der Tod so schnell, oder war ich bewusstlos?
»Sesshoumaru?«
Keine Antwort.
Erst als er meinen Kopf komplett verbunden hatte, versuchte ich es erneut.
»Sesshoumaru?«
Ich sah ihn fragend und sichtlich verwirrt an. Er erwiderte kurz meinen Blick, ehe er sich der Tür zu wandte.
»Hn.«
Nach diesem Laut verschwand er aus meinem Gemach.
Zurück ließ er meine Wenigkeit, die völlig perplex auf diesem Hocker saß und die Welt nicht mehr verstand.  

Schicksalhafte EntscheidungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt