Kapitel 39

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  Stolz oder Kagome? 


  Kagome's Sicht:

Taub! Alles in mir war wie gelähmt. Kein einziger Muskel konnte ich noch wahrnehmen, geschweige denn bewegen. Mein Kopf schmerzte, als würde man immer wieder ein Stück Metall gegen meine Schädeldecke knallen. Mein Hals war trockener, als jede Wüste. Jeder Atemzug brannte in meinen Lungen, die sich eh schon zu voll anfühlten, fast als würden sie jeden Moment platzen.
Meine Beine gaben nach und somit knallte ich hart, mit meinen Knien, auf den Boden, mein Oberkörper fiel nach vorn und gerade noch so, konnte ich meine Arme nach vorn ausstrecken und mich damit abstützen. Sonst wäre ich mit dem Gesicht auf den Boden geknallt.

Mein Herz hämmerte mit einer unheimlich, schnellen Bewegung, gegen meine Brust. Zwischendurch setzte es kurz aus, wahrscheinlich aber nur um danach wieder viel zu schnell zu pumpen. In meinem Kopf herrschte gerade das komplette Chaos. All meine Gedanken drehten sich um den Tod.
Den Tod meiner besten Freundin – Sango. Nicht einmal einem Meter neben meiner Hand, lag ihr Kopf. Kikyou hatte wohl die Augen von Sango geschlossen und im ersten Moment schien es dadurch so, als würde sie ruhig schlafen. Doch wenn man genauer hinsah, erkannte man die, viel zu blasse Haut, dort wo sie sonst immer leicht rosa war. Tiefe, dunkle Ringe unter ihren, sonst so glatten Augenwinkel. Ihre Lippen waren nicht mehr rot, sie waren blau angelaufen. Am Mundwinkel konnte man noch eine kleine Spur, von ihrem getrockneten Blut, erkennen. Ihr Haar war zerzaust und wenn man ihren Körper beachtete, war es nicht mehr zu übersehen. Mitten in ihrem Bauch, war eine tiefe und grausame Wunde. Die anderen Kratzer und Schürfwunden brauchte ich gar nicht weiter erwähnen. Meine Augen konnten den Blick nicht von diesem ‚Loch' in ihrem Bauch wenden. Nicht einmal Blut trat noch aus der Wunde aus, es schien so, als wäre sie ausgetrocknet. Nur noch die harte Kruste, vom vorherigen Austreten der roten Flüssigkeit, war zu sehen. Sie sah wirklich schrecklich aus und diese Erkenntnis traf mich wie ein direkter Faustschlag, ins Gesicht. Meine Brust zog sich schmerzhaft zusammen, ein verzweifeltes Keuchen, verließ meinen Mund, mein Magen drehte sich gerade um.

Am liebsten hätte ich mich übergeben, doch die aufkommende Säure, brannte so sehr in meiner Kehle, dass ich es wieder hinunterschluckte. Mir wurde ganz schwindelig von dem Anblick, meiner verstorbenen Freundin.

Genau, sie war tot.

Dieser schreckliche Gedanke hämmerte so schnell in meinen Kopf, dass mir wieder schlecht wurde. Alles um mich herum verschwamm, nur Sango's Körper konnte ich scharf erkennen. Das leise schluchzen von Kikyou und die immer wiederkehrenden Schreie von Miroku, nahm ich nur am Rande wahr.
Die fehlende Bewegung, ihrer Brust, sollte mich eigentlich zum Schreien bringen, doch nichts dergleichen verließ meine Lippen. Ich kniete immer noch, bewegungsunfähig, über dem leblosen Kopf von Sango und starrte sie an. Nicht einmal Tränen konnte ich in diesem Moment vergießen. Eigentlich erwartete ich das brennen, der aufkommenden Tränen, doch sie blieben versiegelt.

Zu gern hätte ich meinen Kummer heraus geschrien, getobt vor Wut und den Wald um uns herum nieder gemetzelt. Mein Körper aber, konnte es nicht. Warum oder wieso, wusste ich nicht. Mir war nicht klar, was ich denken oder tun sollte. Zu geschockt war mein Geist, von den vergangenen Geschehnissen. Ich bemerkte das erste Mal, dass ich über jede Träne dankbar sein sollte, denn wenn ich, so wie jetzt, nicht weinen konnte, war es eine grausame Folter. Den Kummer nicht heraus zu lassen und wie gelähmt hier zu sitzen, war das schrecklichste, was ich bis jetzt erlebt hatte. Erneut fixierte ich Sango's Gesicht, doch was hatte ich erwartet? Dass sie die Augen aufschlug und mich anlächelte? Verdammt, ja! Genau das wollte ich, wünschte ich mir von ganzem Herzen. Dass sie wieder anfing zu atmen, ihre Augen öffnete und uns verwirrt fragte, was passiert war.

Genau das war mein sehnlichster Wunsch, im Moment. Ich wollte meine beste Freundin zurück. Wie sollte ich weiter machen? Wie sollte Miroku weiter leben....

Ihr Mann, ihre Kinder, verdammter Mist! Sie war Mutter von zwei wunderschönen Töchtern. Ich riss geschockt meine Augen auf, daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Sie sollte doch ihre Kinder aufwachsen sehen, sie auf das grausame Leben, dort draußen, vorbereiten. Mit ihnen lachen, spielen und mit ihnen zusammen weinen, wenn der erste Liebeskummer kam. Sango und Miroku wollten doch noch mehr Kinder, sollte es nun vorbei sein? Nein, das war ungerecht.

Ein plötzlicher Zorn gab mir die Kraft, mich zurück zu lehnen, auf meine Knie zu setzen und meine Arme zu erheben. Ich verzog wütend mein Gesicht und packte meine Hand auf die Augen. Das erste Mal, seit dem wieder wach war, wendete ich meinen Blick von ihr ab. Nur die Dunkelheit konnte ich gerade erkennen. Doch vor meinem inneren Auge sah ich wieder Bilder von ihr, wo sie am Leben war. Bilder in denen sie ihre Mädchen auf dem Arm trug, sie mir lächelnd und glücklich vorstellte. Wie sie die beiden fütterte und sie sanft in ihren Armen hin und her wog.

Nachdem mir diese Bilder einen erneuten Stoß ins Herz rammten, tauchten im nächsten Augenblick neue Momente auf, in denen sie, in den Armen von Miroku friedlich schlief. Wie sie rot wurde, weil er ihr gerade vor allen, näher gekommen war. Wie sie zusammen auf Kirara durch die Luft flogen.
Und dann...

Tauchten neue Erinnerungen auf, wie sie mit uns gegen die Drachen kämpfte und...
Tödlich verletzt wurde. Ihr Schrei, noch einen Moment vorher und ihr Körper auf der Klinge, des Gegners. Diese Bilder machten mich so zornig. Solch eine Wut hatte ich selten gefühlt.
Diese widerlichen Drachen würden dafür bezahlen, das schwor ich mir. Auch wenn es das letzte war, was ich tat, sie würden es bezahlen, mir meine Freundin und Frau von Miroku genommen zu haben.

Diese niederträchtigen Kreaturen war es nicht eine Sekunde länger gestattet, auf dieser Erde zu verweilen. Genau das war mein Gedanke, der mir die nötige Kraft gab, mich aufzurichten und langsam auf zu stehen. Als ich stand, blickte ich nochmals auf Sango, ehe ich mich umdrehte und los ziehen wollte. Ich musste diese Wiederlinge aufsuchen und sie leiden lassen. Langsam und qualvoll, sollten die Drachen sterben. Ich würde ihnen jede Gliedmaße einzeln heraus reißen und ihnen dabei voller Spaß in die Augen sehen. Niemand, wirklich niemand vergriff sich an meiner Familie.

Geleitet vom Gefühl der Rache, machte ich mich gerade auf den Weg, die kleine Lichtung zu verlassen. Ich achtete nicht weiter auf die anderen und ging voran. Ein Bein vor das andere setzend, wurde meine Wut immer größer. Immer wieder spielten sich verschiedene Möglichkeiten in meinen Gedanken ab, die Drachen langsam zu töten. Sollten sie doch in der Hölle schmoren, dass hätten sie definitiv verdient. Einige Meter, hatte ich schon hinter mich gelassen, als ich plötzlich an der Schulter berührt wurde. Zornig, weil mich jemand in meinem Handeln unterbrach, drehte ich mich um und sah im nächsten Moment in Yasu's Gesicht. Er sagte nichts, blickte nur in meine Augen. Herrgott, wieso sprach er denn nicht? Diese Augen, dieser Blick von ihm, machte mich verrückt! Er brachte mein gesamtes Vorhaben in Gefahr und drängte es beiseite. Ich musste los gehen, diese Dreckskerle finden und köpfen, das war das Einzige und Richtige, was ich noch tun konnte. Für sie – für ihren trauernden Mann. Für meine Freunde.

Ich schaute böse in das Gesicht vom Lord des Südens und riss mich los. Meine Schritte wurden nun schneller, ich durfte nicht zulassen, dass er Zweifel in mir hervorrief. Sie mussten sterben, sofort!
Doch erneut wurde ich an den Schultern gepackt, herumgewirbelt und nun stand ich ihm wieder gegenüber. Ein lautes und drohendes Knurren entwich mir. „Lass mich los.", fauchte ich ihn an, ihn schien es aber nicht zu beeindrucken. Er schüttelte nur mit seinem Kopf. Nun war ich es, die versuchte sich erneut aus seinem Griff zu befreien, leider vergeblich. Er verstärkte diesen und hielt mich gefangen. Verzweifelt beleidigte ich ihn und wollte damit bezwecken, dass er mich endlich losließ, es passierte nichts dergleichen. Einen Moment später wurde ich in seine Arme gedrückt und kräftige Muskeln fesselten nicht nur meinen Körper. Auch meine Gedanken wurden etwas besänftigt. „Ich lass dich nicht gehen.", sprach er sanft an meinem Ohr. Ich schluchzte kurz auf, doch ohne Tränen. „Bitte.", flehte ich aber Yasu blieb stur.

„Nein, du rennst damit in dein persönliches Unglück. In deinem jetzigen Zustand, bist du verletzlicher.", erklärte er kurz und ich verstand was er damit meinte. Aber akzeptieren konnte ich es immer noch nicht. Langsam schüttelte ich meinen Kopf, sah zu ihm auf. „Nein, ich bin stark.", flüsterte ich, merkte jedoch wie zerbrechlich meine Stimme klang. Nicht einmal ich selbst, würde mir glauben.
„Ja das stimmt, du bist stark.", kurz machte er eine kleine Pause, „Jedoch gibt es Momente, wo auch du keinen kühlen Kopf bewahren kannst und Unterstützung benötigst.", was sollte das denn heißen?

Noch nie, war mein Kopf klarer als jetzt. „Aber...", gerade wollte ich wiedersprechen, als er mich unterbrach: „Nichts aber, wenn du jetzt zu den Drachen gehst, wirst du sterben. Das werde ich nicht zu lassen.", sanft und dennoch bestimmend drückte er mich an seine Brust. Es war eine tröstende Geste, worüber ich wohl im Normalfall dankbar gewesen wäre, doch im Moment machte mich das sauer. „Ich muss das jetzt tun, Yasu.", erneut schüttelte er den Kopf. „Und dich umbringen? Nein. Das hätte auch Sango nicht gewollt.", und mit einem Schlag überwog wieder die Trauer. Anstatt wütend auf ihn zu sein, vergrub ich mein Gesicht an seiner Brust und weite trockene Tränen.

Zärtlich strich er mir trötend übers Haar, ehe er mich los ließ. „Bist du wieder bei Sinnen?", fragte er vorsichtig nach und ich nickte nur. Was war nur mit mir los? Das hätte doch absolut nichts gebracht, jetzt los zu ziehen und mich auf die Drachen zu stürzen. Diese würden ihre gerechte Strafe noch bekommen. Ich lächelte etwas zaghaft, dennoch war jedem hier bewusst, dass dieses Lächeln meine Augen nicht erreichten. „Ich wünschte...", den Satz musste ich nicht einmal beenden, denn Yasu verstand auch so, was ich wollte. „Ich weiß.", sagte er und schob mich wieder zurück zu den anderen. Als ich wieder auf der Lichtung stand, konnte ich nicht zu ihr schauen. Ich konnte nicht wieder aufs Spiel setzen, meinen Kopf zu verlieren. Verzweifelt ging ich an ihr vorbei und überlegte, wie ich ihr helfen konnte. Gab es eine Möglichkeit?

Genau in diesem Moment, kam Inuyasha zu uns und sein Gesicht war voller Trauer. Doch als ich in seine goldenen Augen sah und die silbernen Haare im Wind entdeckte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Natürlich! Das war die einzige Chance!
Sofort machte ich mich auf den Weg.


Sesshoumaru's Sicht:

Wie paralysiert, beobachtete ich, das Kagome auf die Knie ging und vor ihrer Freundin regelrecht zusammen brach. Erneut zuckte es ungemütlich in meiner Brust, dieser Verlust würde sie womöglich nicht überstehen. Doch was konnte ich dagegen tun? Ihr helfen? Alles in meinem Inneren schrie gerade danach und gab meinem Gedanken Recht. War es aber richtig? Ich bezweifelte es stark, denn jeder musste lernen, dass eine Schlacht, kein Spaziergang war.

Meine Frau kniete verzweifelt vor ihrer gerade verstorbenen Freundin. Mir war ohnehin schon klar, dass sie diese Verletzung nicht überleben würde und erneut wunderte ich mich über die Naivität der menschlichen Rasse. Hatten sie wirklich erwartet, dass sie es überlebte? Anscheinend, diese wiederbelebte Miko versuchte verzweifelt, ihren Körper zu retten aber das war vergebliche Lebensmüh', verschenkte Energie. Der Anblick, meiner Kagome schmerzte etwas in meiner Brust, weshalb ich mich umdrehte und auf einen großen Baum zuging. Kurz bevor ich abspringen wollte, spürte ich Yasu hinter mir. „Warum hilfst du ihr nicht?", sofort kam er zum Punkt. Ich drehte meinen Kopf zurück und antwortete nicht. Wieso auch?

„Du könntest ihr helfen, dass weißt du.", natürlich wusste ich das, ich hatte aber kein großes Bedürfnis dazu, einen Menschen zu retten. „Hn.", machte ich nur und ging noch einen Schritt nach vorn. „Es würde dich ein Lächeln kosten, mein Freund.", immer noch versuchte mich Yasu davon zu überzeugen, die Menschenfrau wiederzubeleben. Erneut drehte ich meinen Kopf zu ihm und antwortete: „Tja und wie wir alle wissen, lächle ich nie.", also war das viel zu viel verlangt, „Also belästige mich nicht weiterhin mit diesem Weib.", schließlich hatte ich schon ihren Körper zurück geholt, dass reichte doch wohl.

„Dieses Weib, wie du sie liebevoll betiteltest, ist die beste Freundin von deiner Frau.", Meine Güte, war ich das Wiederbelebungs-Kommando für Menschen, oder wie?
„Ja und?", fragte ich nach und zog dabei eine Augenbraue in die Höhe. Was wollte er damit sagen? Es war meine Pflicht, Kagome zu schützen und nicht jeden dahergelaufenen Menschen, den sie mochte.
„Sei doch nicht so stur und packe für einen Moment deinen Stolz beiseite, Sesshoumaru.", selten nannte mich Yasu beim Namen, umso mehr verwirrte es mich, dass er sich so für sie einsetzte.
„Was kümmert dich das Weib, eigentlich?", das würde ich wirklich gern mal wissen.„Sie gehört zu Kagome. Und ich liebe Kagome, als Freundin, nicht als Frau.", erklärte er und ich schnaubte abfällig. Was wäre wenn es Inuyasha erwischt hätte? Hätte er dann auch verlang, dass ich ihn wiederbelebe? Wirklich, das wurde mir langsam zu blöd. Ich drehte mich von ihm weg und sprang auf meinen Ast. Dort oben angekommen lehnte ich mich mit dem Rücken gegen den Stamm und streckte ein Bein aus, das andere ließ ich angewinkelt herunter hängen. Mein Blick ging zu der langsam aufgehenden Sonne, doch genießen konnte ich dieses Bild nicht. Meine Gedanken drehten sich die ganze Zeit um Kagome und die Dämonenjägerin.

Was war daran so schwer zu verstehen, dass ich nun mal keine Menschen rettete?
Gut, Rin hatte ich mithilfe von Tensaiga gerettet, doch das war eine einmalige Ausnahme. Ich hatte mir damals geschworen, keinen Menschen oder Hanyou wieder zu beleben, diesen Vorsatz würde ich bestimmt nicht brechen. Kagome litt, ohne Worte, dass wollte ich gar nicht abstreiten, doch sie musste lernen, dass es nicht immer so glatt lief. Auf dem Schlachtfeld starben nun mal Leute. Egal ob Dämon oder Mensch, es war natürlich. Verluste gab es überall und am besten sie lernte es jetzt, als später. Irgendwann hätte sie sich sowieso von ihrer Freundin verabschieden müssen, schließlich lebten Dämonen viel länger, als Menschen. Lieber jetzt als später, dachte ich nur zufrieden. Jeder musste so etwas Mal erlebt haben, jetzt war es nun mal die beste Freundin.

Auch ich musste schon einige Verluste in meiner Vergangenheit ertragen. Etwas gedankenverloren, dachte ich daran zurück. Es war eine grausame Zeit, selbst für mich. Ich ließ nicht viele Emotionen zu, so wurde ich nun mal erzogen, doch diese Situation veränderte sogar meine Gefühlswelt. Noch nie war ich so traurig, wütend und verzweifelt zugleich.

„Vater.", schrie ich lauter, als ich wollte. Mir war klar, dass er so etwas nicht erlaubte. Jedenfalls war es früher so. Meine Beine trugen mich schnell zu ihm, während ich auf halben Wege, erneut angegriffen wurde. Dieser Panther Dämon war aber bald Geschichte. Als ich bei meinem verehrten Vater ankam, sah ich erschrocken, dass sie ihn schwer erwischt hatten. Er war in die Knie gegangen und stützte sich an seiner Klinge ab, damit er nicht ganz zusammenbrach. „Vater.", flüsterte ich nun ganz leise, natürlich aber hörte er es. „Sesshoumaru, verschwinde.", schrie er mir entgegen und ich versteifte mich sofort. „Nein.", wiedersprach ich stolz, ich wollte ihm helfen. Es war schließlich nicht nur seine Schlacht, ich war groß und mächtig genug, an seiner Seite zu kämpfen. Während der bald geborene Hanyou bestimmt nicht in der Lage sein wird, ihn zu unterstützen. „Ich sagte, verschwinde!", drohte er mir knurrend, ihn ignorierend, kämpfte ich weiter und gab ihm somit Rückendeckung. „Ich bleibe.", beschloss ich kühl und sprach meine Entscheidung somit aus. Als einige Gegner von mir niedergestreckt wurden, konnte mein Vater irgendwann aufstehen. Ich schaute zu ihm und erkannte den Schmerz in seinen Augen. Seit wann war er so verletzlich? Lag es vielleicht an dieser Prinzessin? Solche Gefühle ließ er sonst nie zu, umso verwunderte war ich, dass es jetzt geschah. „Inu no Taisho, deine jämmerliche Gefährtin wird bald sterben, genau wie dein ungeborener Bastard.", sprach der Anführer der Panther Dämonen und lachte dabei gehässig. Wie ich solche Dämonen verabscheute, schon fast mehr, als Menschen und Hanyou's.
„Lasst eure dreckigen Finger von ihr.", mein Vater wurde wütend und hob sein Schwert an. „Haha, wir fassen sie auch nicht an, es gibt da einen Mann, einen Menschen, der sie gerne...", weiter kam er nicht, denn auf einmal hatte mein Vater seinen Schmerz vergessen und direkt in sein Herz gestochen. Das erfüllte mich natürlich voller Stolz, so kannte ich meinen verehrten Vater. Niemand konnte ihn aufhalten. „Aaaargh.", schrie er und schlachtete die gesamten Dämonen ab, wie im Blutrausch metzelte er die Wichte nieder. Diese jämmerlichen und unwürdigen Gegner hatten nicht die leiseste Chance gegen den Daiyokai und Lord des Westens. Als es vorüber war, stand er einfach nur da und starrte auf den Boden. Ich fragte mich sofort, was er hatte und ging zu ihm. Seine Augen hielt er geschlossen und er reagierte auch sonst nicht. Nach einigen Augenblicken, öffnete er seine Seelenspiegel und ich erschrak erneut. Schon wieder so viele Emotionen, was war das nur? Er schaute mich schon fast fürsorglich an und... umarmte mich plötzlich. Sofort versteifte sich mein gesamter Körper. „Pass auf dich auf, mein Sohn.", flüsterte er leise und irgendwie klang er...wie nannte man dieses Gefühl... traurig?
„Du wirst ein guter Anführer sein, dass weiß ich.", danach ließ er mich los. Ich sah ihn fragend an, hob eine Augenbraue in die Höhe. „Was hast du vor?", fragte ich deshalb, sichtlich überfordert mit der gesamten Situation. „Die Wunden aus dem Kampf mit Ryukotsusei werde ich nicht lange überleben. Diese Schlacht hier hat mir meinen Rest gegeben. Ich muss nun weg.", sofort war mir klar, wohin er ging, „Ich muss sie retten.", nach diesen Worten von meinem Vater pulsierte sein Schwert Tensaiga.
„Und meinen zweiten Sohn auch.", erklärte er schnell und erneut wuchs in mir dieses eine bestimmte Gefühl heran... Sie hatten es geschafft meinen Vater zu verändern, das war nicht gerade gerecht.
Seine Hand streifte nochmals über meine Schulter, ehe er sich umdrehte und schnell verschwand. Zum Schluss konnte ich nur noch eine eigenartige salzige Flüssigkeit riechen. Das war das letzte Mal, dass ich ihn sah.


Ab diesem Moment, hasste ich Menschen und Hanyou's noch mehr, als zuvor. Vielleicht fing ich gerade deswegen erst richtig an, diese Kreaturen aus ganzem Herzen zu verachten. Ich wünschte Inuyasha die Pest an den Hals und seine jämmerliche Mutter konnte gleich mit in die Hölle gehen. Mir war sofort klar, dass er seine Frau mit Tensaiga wiederbelebt hatte, doch meiner Meinung nach, hatte sie das nicht verdient.

Genauso wenig wie diese Dämonenjägerin. War sie besonders wichtig? Ja vielleicht für Kagome, aber nicht für mich. Sie hatte auch keine besonderen Fähigkeiten. Klar, sie konnte gut kämpfen, aber das war's auch schon. Wieso also, sollte ich gegen meinen Stolz, mein Erbe benutzen? Nur um meine Gefährtin wieder lächeln zu sehen? Das würde sie auch irgendwann wieder tun, auch ohne, dass ich ihr ihre Freundin wieder gab. Vielleicht würde es einige Jahrzehnte dauern, ich hatte ja aber Zeit. Irgendwann hatte sie sich bestimmt beruhigt.

//Bist du dir da so sicher?//, was meinst du?

//Ich glaube, sie zerbricht gerade.//, das war übertrieben.

//Schau doch selbst.//, Tze, gib mir keine Befehle.

Nach einem kurzen Moment sprang ich vom Ast hinunter und ging zu den anderen zurück, jedoch achtete ich darauf, im Hintergrund zu bleiben. Als Meine Augen nach Kagome suchten und sie fanden, stockte mein Herz. Der Stich in meiner Brust wurde härter und somit schmerzhafter.
Ihre schönen Augen waren trüb und ohne jegliches Gefühl. Ihre Wangen blieben trocken, doch blass war sie wie der Bauch eines Fisches. Ihr Gesichtsausdruck war so, als wäre sie diejenige, die gerade sterben würde. Das konnte doch nicht wahr sein. Wie konnte ich die ganze Zeit so egoistisch sein und das übersehen? Kagome war eine emotionale Daiyokai, die das Herz am richtigen Fleck besaß. Natürlich würde sie den Verlust nicht wirklich überleben. Sie würde daran zerbrechen und...

Ich war daran schuld. Ich war auch der einzige, der ihr helfen konnte.


Mit voller Wucht traf mich diese Erkenntnis und stellte meinen Stolz ganz nach hinten, in die dunkelste Ecke. Durch das unangenehme Ziehen in meiner Brust, ertrug ich ihren Anblick nicht mehr. Sie kam gerade auf Inuyasha zu und blickte nicht mehr zu der Menschenfrau.
Als sie den Hanyou sah, flammten auf einmal Gefühle, wie Hoffnung, in ihr auf. Das sah ich ganz genau. Plötzlich drehte sie sich zu mir und kam auf mich zu.

Jetzt würde es sich zeigen, war ich immer noch zu stolz? Würde ich meine Vorsätze, meine Werte, über Bord werfen und nachgeben?

Nach einem kleinen Moment, in dem ich alles abwog, war ich mir sicher.

Ich hatte mich jedenfalls entschieden. 

Schicksalhafte EntscheidungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt