Kapitel 2

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Sie zogen an meinen Fesseln und lösten sie.
Selbst ich musste zugeben, dass die gar nicht so doof waren, wie sie aussahen.
Lucas Männer hatten mir immer nur eine Hand zur Zeit befreit und mindestens einer der vier um mich herum stehenden Männer hatte die befreite Extremität immer im Griff. Ich hatte nicht die geringste Chance mich ihnen zu widersetzen.
Letztendlich, nachdem sie mir ein einfaches, schwarzes, knielanges Kleid übergeworfen hatten, legten zwei der Männer eine ihrer Hände in Handschellen. Das jeweils andere Ende der schweren Eisenkette legten sie um mein Handgelenk. Sie waren wirklich gut!
Wir stiegen in einen auffälligen SUV mit abgedunkelten Scheiben. Abgesehen von den Entführungs- und Fesseltechniken machten sie einfach alles falsch. Es war alles komplett gegenteilig zu dem, was wir lernten. Was wir unseren Mitarbeitern Predigten.

Bei uns ist Regel Nummer 1: „Der Anzug bei Männern ist Pflicht und die Frau hat bei ihrem Outfit dem Mann in nichts nachzustehen." Was so viel bedeutet wie: „Jeder MUSS schick herumlaufen".
Hier waren alle so leger gekleidet, als ob sie gleich noch zum Fussballtraining gehen wollten. Was waren das nur für Proleten.
„Bitte, Daddy, hol mich hier so schnell wie möglich raus! Ich gehöre zu dir, an deine Seite!"

Ich schaute aus dem Fenster und prägte mir jede Kurve und jede Straßenecke ein. Ich achtete auf die Schilder und zählte die vergangenen Sekunden. Eine Angewohnheit, die mir helfen sollte, den Weg erneut nachfahren zu können. Sollte es mir jemals gelingen zu entkommen.
Plötzlich wurde mir bewusst, was es war dass mir die ganze Zeit seit dem Einstieg in den Wagen so komisch vorkam.
Ich konnte sehen. 
Man hätte mir nicht die Augen verbunden. Und das hatte nur zwei Möglichkeiten zur Auswahl. Entweder war Luca wirklich doof und dachte sich, ich würde es gar nicht erst versuchen den Weg, sobald ich hier raus war, wieder nachzufahren. Oder, und das war die viel wahrscheinlichere Variante, er war sich seiner Sache absolut sicher. Er dachte wohl, ich sei ihm unterlegen. Ich wäre schwach und hätte keinen Kampfgeist. „Oh, mein lieber Luca, da hast du dich aber gewaltig geirrt. Komm du mir nur mal in die Finger und ich zerquetsche dich wie eine kleine Made!" dachte ich als wir das Tor zu seiner modernen Villa am Rande der Stadt passierten.

„Schaut an, schaut an, wer da zu mir stößt! Willkommen in deinem neuen Zuhause, Aurora." Luca kam die steinernen Treppen herunter geschlendert. Er trug eine kurze, graue sportliche Shorts und dazu ein einfaches schwarzes T-shirt. Waffen trug er also schon mal keine bei sich. Doch ich war mir sicher bei diesen Händen und diesen Armen brauchte er auch keine Waffen.
„Soweit ich weiß, wird man in seinem Zuhause nicht gefesselt.", stellte ich ihn mit einem schnippischen Augenrollen klar.
Er lachte gekünstelt: „Dein Humor ist einfach wunderbar. Keine Sorge, mein Liebling, bald bist du sie los." Er ging an mir vorbei und die Wachen, an die ich immer noch gekettet war, folgten ihm. Wir gingen an großen hellen Räumen vorbei, die eingerichtet waren, wie Möbelhäuser. Es schien als sei alles für die neuen Sommerkataloge hergerichtet und man wartete nur noch auf den unterbezahlten, genervten Fotografen. Als wir am Ende einer versteckten Wendeltreppe angelangt waren, standen wir vor einer massiven Tür, die mit einem Zahlenschloss verriegelt war. Die Männer drehten mich so, dass ich nicht sehen konnte, welche Kombination Luca eingab, aber ein leises Summen und Klicken ließ darauf schließen, dass die Tür geöffnet wurde.

Ich wurde grob herum gerissen und blickte in einen dunklen, langen Gang, der von kühlen Lichtern an beiden Seiten gesäumt wurde und an dessen Ende eine weitere Tür war. Ich schluckte denn mir war automatisch bewusst, dass das, was sich hinter der zweiten Tür verbarg meine Zelle sein musste. Dort wurde ich die nächste Zeit verbringen. Entweder bis ich ihnen verrate, was sie hören wollen oder aber, was viel wahrscheinlicher war, sie mich zu Tode gefoltert hätten.
Keine dieser Optionen gefiel mir. Das erste Mal seit dem mein Training vollendet war, spürte ich Angst. Es war nicht die Angst vor Schmerzen. Damit würde ich klarkommen.
Nein, es war die Angst vor dem Ungewissen.

An der zweiten Tür wurde die eine Handschelle von dem bulligen Typen mit den dunklen Schmalzlocken gelöst und um meine linke Hand geschlossen. Die zweite Seite, die ebenfalls von meiner linken Seite ausging und bei dem anderen Typen, den sie Marko nannten endete, wurde auch gelöst, aber, wider meines Erwartens, nicht um mein rechtes Handgelenk geschlungen. Luca kettete sich an mich. Die beiden Männer drehten sich um und Luca legte seine Hand auf ein Touchpad. Das wäre für Außenstehende schon mal hart zu knacken. Doch damit nicht genug Sicherheit. Ein kleiner grüner Lichtstrahl fuhr über sein Gesicht. Wenn man nicht genau wusste was einen an dieser Tür erwartete, war das beinahe schon ein unüberwindbares Verriegelungssystem.

Nachdem die Identität von Luca identifiziert war, öffneten sich nacheinander gleich drei Tore. Hier würde ich ohne die Erlaubnis von Luca niemals herauskommen.

„Na, habe ich es endlich geschafft dich zu beeindrucken?", er grinste breit als er mich in einen großen tropischen Garten führte.

Seine TochterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt