Kapitel 14

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Seitdem der Entschluss gefallen war, Rache zu üben, verbrachte ich täglich mindestens 8 Stunden damit, mich körperlich wieder zu meinen Glanzzeiten aufzuraffen. Ich trainierte bis zum Umfallen. Einige der Männer, die mich vor einigen Wochen noch in der Lagerhalle an einen Stuhl gefesselt hatten, waren nun meine Trainingspartner geworden. Ich war geschwächt, schwächer als zu meinen schlechtesten Zeiten. Und dafür schämte ich mich unendlich. Jeden Morgen um 4 klingelte mein Wecker und ich machte mich auf, um mit einer großzügigen Runde laufen in den Tag zu starten. Ich verließ dabei natürlich nicht mal für eine Minute das Gelände und mehrfach kam ich an Wachposten vorbei, die ich mittlerweile zu grüßen pflegte. Ich hatte Lucas rechte Hand, Toni kennengelernt. Er kam jeden Abend vorbei, um mich an die Waffen zu gewöhnen, mit dem der Clan arbeitete. Sie waren nicht großartig anders, als die, mit denen ich bisher zu tun hatte, doch das schnelle Wechseln des Magazins und auch der Umgang mit den schwereren Geräten, musste regelmäßig geübt werden, damit man im Einsatz keine noch so kurze Sekunde verlor. Denn auch diese eine kleine Sekunde, könnte mein Ende bedeuten.

Dabei wurde mir währende meiner Ausbildung von meinen Lehrern immer wieder eingetrichtert, dass das Schlimme nicht mein eigener Tod wäre. Es ginge viel mehr um die Verluste der Familia. Wenn wegen eines Fehlers meinerseits auch nur einer meiner Angehörigen sterben müsste, trüge ich eine lebenslange Schuld in mir, die man mit nichts wieder ausgleichen könnte. Als einer der obersten Mitglieder war ich für die Sicherheit meiner Leute zuständig. So war es zumindest bisher gewesen. Und diese Ausbildung hatte Spuren in mir hinterlassen. Es war tatsächlich nicht mein eigener Tod, vor dem ich am meisten Angst hatte. Nein, meine größte Angst war schon immer, verstoßen zu werden. Nicht mehr dazuzugehören. Niemanden der einem zu Hilfe kommt. Niemanden, für den man bereit wäre zu sterben.

Seit kurzem aber wusste ich, dass diese Angst unbegründet war. Denn ich hatte Luca. Luca und seinen Clan. Und ich war mir sicher, dass ich ihm vertrauen konnte und ich niemals wieder allein wäre. Dieser Clan war wirklich wie eine Familie. Hier gab es keine besondere Hierarchie. Soweit ich es mitbekommen hatte, gab es nur 3 Ebenen. Ganz oben war wie man schon erwarten konnte, Luca. Nach ihm kam Toni, der die Befehle weitergab. Alle anderen im Clan waren weitestgehend gleichgestellt und mir kam es so vor, als würde Luca sie alle persönlich kennen.

Doch eines wusste ich nicht. Wie weit und an welcher Stelle Luca mich in den Clan mit einführen würde. Doch aus irgendeinem Grund, bezweifelte ich, dass ich nur weil ich seine Frau war, direkt gleichgestellt wäre mit Luca. Im Grunde genommen war ich ein Neuling. Und so wurde es nun mal schon immer mit Neulingen gemacht. Man startete von unten und musste sich erst mal das Vertrauen erarbeiten. Da machten Beziehungen nicht so viel. Zumindest war es bei den Carbones so gewesen.

Ich erinnerte mich noch an meine ersten Einsätze, als ich nichts wert war. Ich war durch Glanzleistungen die Erfolgsleiter steil nach Oben gestiegen, dass ich zum Schluss eine der mächtigsten Positionen innehielt, verdankte ich meiner Skrupellosigkeit, meiner Schnelligkeit und meinem Talent mich fast schon unsichtbar an meine Opfer annähern zu können. Ich war leichtfüßig, wie eine Gazelle an sie herangeschlichen, tötete aus nächster Distanz mit einem Messerschnitt. Kurz, tief und präzise. Meistens eine riesen Sauerei, doch so hatte ich es am liebsten. Ich genoss es das Zeugnis meiner Taten an meinen Händen zu sehen. Ich genoss es abends in der Dusche nach einem gelungenen Einsatz das Blut von mir zu schrubben und die rötlich-braune Flüssigkeit durch den Abfluss verschwinden zu sehen. Krank, ich weiß, aber so war ich nun mal. Erfolgsorientiert. Hart. Ohne jegliches Gewissen.

Ich kam aus der Dusche und band mir das noch nasse Haar zum Zopf. Nach nur einer Woche fühlte ich mich bereits energiegeladener als je zuvor. Ich schmierte mir gerade eine Scheibe Brot, als Luca zur Tür hereinkam. Er gab mir einen Kuss auf den Hinterkopf und stellte sich neben mich. „Du siehst gut aus, meinst es wirklich ernst, was?" Er grinste mir frech ins Gesicht als er mir eine der Scheiben vom Teller stibitzte und um die Kücheninsel herum ging. Ich schnaubte spielerisch vor Zorn und nahm mir eine weitere Scheibe aus dem Regal. „Ei?", fragte ich ihn und hielt ihm die Pfanne hin. Er nickte und nahm sie mir aus der Hand. Ich stellte zwei Tassen unter den Kaffeeautomaten und drückte die Taste für 2 Espressi. Der Kaffee hier im Haus schmeckte besonders gut. In den letzten Tagen hatte ich erfahren, dass der Clan seine Hände auch im Kaffeegeschäft hatte. Das diente zu Beginn nur der Geldwäscherei, hatte sich jedoch mittlerweile verselbstständig und war eine der größten Einnahmequellen des Clans geworden. Der hier war aus der eigenen Rösterei und er schmeckte wirklich unbeschreiblich. Er war vollmundig, leicht süßlich im Abgang und nicht die geringste Spur einer Bitternote war zu verspüren.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 06, 2019 ⏰

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