Kapitel 13

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Ich wurde in dem großen gemütlichen Bett im Schlafzimmer wach.

„War das 'ne Nacht", dachte ich und ging auf wackeligen Beinen ins Badezimmer. Ich schaute mich in dem großen Spiegel an. Genau so wie ich mich fühlte, sah ich auch aus. Dunkle Ringe unter den Augen, die von Tränen geröteten waren. Die fahle Haut. Die fettigen Haare, die mein Antlitz säumten. Diese schrecklichen Alpträume mussten aufhören.

Das war doch ein Traum, oder? „Doch, klar", kam ich zu dem Entschluss. „Natürlich war das nur ein Traum."

Ich stieg vorsichtig unter die Dusche und schrubbte meinen müden Körper. Ich fühlte mich, als hätte ich tagelang auf einem harten Boden gelegen. Jedes meiner Gliedmaßen schmerzte und ich fühlte mich erschöpft. Ich brauchte dringend wieder erholsamen Schlaf, so konnte das nicht weiter gehen. Das kühle Wasser erfrischte mich etwas und ich hatte das Gefühl ein wenig wacher zu sein, als ich in meinen Bademantel stieg und aus dem Zimmer trat. Luca saß am Tresen und wartete bereits mit dem Frühstück auf mich.

„Wie geht es dir?", fragte er mich und sah mir mit seinem durchdringenden Blick tief in die Augen. Es war einer dieser durchdringenden Blicke, der mir in Mark und Bein schoss. Ein Glück saß ich bereits, andernfalls hätten meine Knie wohl nachgegeben und ich wäre einfach zusammengesackt. Wie tief waren meine Gefühle nur für ihn? Wie viel er mich doch bedeutete. Mit jedem Tag, den ich länger an seiner Seite verbrachte, umso mehr wurde ich mir dessen bewusst.

„Ich bin müde. Es wäre einfach schön, wenn ich mal wieder eine Nacht ohne diese Alpträume erleben könnte. Einfach mal wieder in Ruhe schlafen!", antwortete ich ihm und trank einen Schluck des Kräutertees, der für mich bereitstand. Die heiße Flüssigkeit brannte sich meine Kehle hinunter und wärmte mich von innen.

„Aurora, wir müssen über das reden, was gestern war." Er legte seine Hand auf die meine und drückte sie fest. Ich schluckte erneut. Wovon redete er?

„Wie bist du in das Zimmer gekommen?", fragte er mich mit einem Hauch Freude in seiner Stimme.

Ich zuckte kaum merklich zusammen, als es mir bewusst wurde. „Es war also kein Traum...", sagte ich mehr zu mir selbst und versuchte mich an das Hier und Jetzt zu klammern, um nicht wieder von dem Schmerz übermannt zu werden.

„Was ist da passiert, Baby? Ich habe dich auf dem Boden in Lillys Zimmer gefunden. Total verstört. Hysterisch am Weinen. Ich musste einen Arzt kommen lassen, der dich sediert hat, damit ich dich aus dem Zimmer tragen konnte. Was zum Teufel ist geschehen?" Nun bestand Lucas Stimme nur noch aus reiner Sorge. Kein Hauch Freude mehr. Keine Hoffnung. Lediglich Sorge. Die Sorge um seine Frau. Ich stand auf und ließ mich in seine Arme fallen. „Ich kann mich an alles erinnern. Ich weiß wieder alles. Jeden einzelnen Moment. Die Tür. Es hat mich einfach zu ihr hingezogen. Meine Finger haben wie von selbst den Code eingetippt..." – „Du erinnerst dich also auch an die Daten?" – „Nein.", widersprach ich und schüttelte mit dem Kopf. „Es war ein Automatismus. Ich habe keine Ahnung, weshalb ich genau diese Zahlen eingetippt habe. Ich hab's einfach getan."

Luca festigte den Griff um mich und gab mir einen sanften Kuss auf den Hinterkopf. „5.8. unser Hochzeitstag. 3.8. der Tag an dem wir hier eingezogen sind und 3.6. Emilias Geburtstag." Seine Worte sollten eigentlich ein Licht aufgehen lassen. Schließlich ich erinnerte mich doch jetzt wieder an alles, aber irgendwie rührte sich nichts bei mir. Ganz so einfach wie im Film war es dann wohl eher doch nicht.

Luca zog mich zu ihm in eine warme Umarmung. Eine Umarmung voller Liebe und Zuneigung. Ich spürte, dass er sich Sorgen machte, aber da war noch etwas. Etwas, das ich nicht deuten konnte. Er fühlte sich einen winzigen Hauch versteift an. Irgendwas lag ihm wohl noch auf der Seele. Wenn ich allerdings etwas seit dem erneuten Einzug in dieses Haus von meinem neu wiedergefundenen Ehemann erfahren hatte, dann, dass ich ihn nicht drängen dürfte. Er würde sich mir schon anvertrauen, wenn er bereit dazu wäre, oder wenn es überhaupt etwas gäbe, das er mit mir teilen wollte.

„Du hast doch bestimmt schon einen Plan, oder?" Ich löste mich aus seiner Umarmung und ging hinüber zur Kaffeemaschine. Es trat eine lange, unangenehme Stille ein. Luca antwortete nicht. Alles was man hörte, war das Plätschern des Kaffees und das Brummen der Maschine.

Erst nachdem ich Milch dazu gegossen hatte und mich zu ihm an die Theke gesetzt hatte, fing Luca an zu reden.

„Hör zu, Babe, was ich dir jetzt sagen werde, wird nicht einfach für dich sein. Immerhin geht es hier ja um deinen Vater..." Ich unterbrach ihn auf der Stelle: „In dem Moment als er die Hand gegen meine Tochter erhob, hat er jedes Recht sich meinen Vater nennen zu dürfen verloren." Luca schüttelte den Kopf. „Das sagst du jetzt noch. Wie wird es aber sein, wenn du ihm gegenüberstehst? Wenn du seine Stimme hörst? Seinen enttäuschten Blick siehst?" Er stand vom Stuhl auf und ging in dem großen Raum umher. Er atmete einige Male durch bevor er sich zu mir umdrehte und mit ernster Miene und fester Stimme sagte: „Ich werde es nicht riskieren dich noch ein Mal zu verlieren. Das letzte Mal hat mich fast schon zerstört. Noch ein Mal lasse ich nicht zu!" – „Willst du mich hier einsperren, oder was?", ich schaute ihn entsetzt an. „Nein, Babe, ich will dich beschützen." – „Oh, nein, damit kommst du mir nicht davon. Es ist mein gutes Recht, den Verlust meines Babys zu betrauern. Ich habe genau so ein Kind verloren wie du auch. Du konntest dich wenigstens verabschieden. Scheiß' auf die Blutsverwandtschaft. Scheiß' auf die Familia. Du bist nun meine Familie. Ich unterstütze dich und deinen Clan in jeder Hinsicht. Wir zerstören meinen Vater. Ich bin seine größte Schwachstelle, aber auch immer seine schlimmste Waffe gewesen. Er hat mich alles gelehrt. Ich bin seine Tochter!"

Während meines kurzen entschlossenen Monologs war ich aufgestanden und auf Luca zugegangen. Ich hatte ihn an den Oberarmen gepackt und ihn während meiner Worte immer wieder geschüttelt.

„Bist du dir da ganz sicher?", fragte er mich mit dunklem Blick. Ich nickte kurz. „Dann lass uns das Training beginnen. Ich will Vendetta!"

Seine TochterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt