Mein Name ist Clyde

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Ich schaute geradewegs von meinem Versteck im Unterholz raus in den Regen. Das war der einzige Ort wo ich hinkonnte und allein war. Meine Eltern, beziehungsweise meine Mutter, hatte das ganze Geld für Drogen hinausgeworfen. Mein Vater war zu unfähig um zu arbeiten. Er lag nur krank im Haus herum. Also war ich da. Ich heiße Clyde Winnstock und bin gerade 11 Jahre alt. Meine kleine Schwester ist 6 Jahre. Ich bettle gelegentlich oder arbeitete in einem Zirkus. Der Zirkus war mein zweites Zuhause, er gab mir hauptsächlich das Nötige was ich brauchte. Dafür half ich bei den Tieren oder beim Kochen aus. Manchmal durfte ich sogar meine kleine Schwester zu einer Vorstellung mitnehmen; im Hintergrund natürlich. Keiner der Gäste sah uns. Letzte Woche durfte ich ihr sogar die Tiere zeigen. Sie war so glücklich, es machte mich einfach froh sie so zu sehen. Ihr Lächeln ist das Beste was es auf der Welt für mich gibt. Auch wenn alle paar Wochen, beziehungsweise Monate, ein neuer Zirkus dort stand nahmen sie mich alle auf. Der, der mir am Meisten bedeutete stand sogar noch hier. Er kam schon zum dritten Mal hier her und jeder freuet sich, wenn sie mich wieder begrüßen durften.

Es begann gerade zu regnen, als ich fast eingeschlafen war. Ich rieb mir das Gesicht und kroch wieder hervor und zog meine gelbe Kapuze an. Nach ein paar Minuten war ich schon wieder Zuhause.

„Dummes Kind, verschwinde aus meinem Zimmer, oder ich prügle dir deine scheiß Fresse zusammen!", hörte ich schon von außen. Diese Stimme gehörte meiner alkoholisierten Mutter. Ich beeilte mich die letzten paar Meter und riss die Tür auf, welche wieder sofort auf dem Boden fiel. Meine Schwester Leonie rannte mit einer violetten Beule auf der Stirn auf mich zu und umschlang meinen Bauch fest. Im Hintergrund kam meine Mutter hinterher mit einer kleinen Holzplatte. Ich zog Leonie hinter meinen Rücken: „Lass sie in Ruhe, sie ist nicht nervig, sie will dir helfen!"

Meine Mutter lies das Holz fallen und antwortete: „Entschuldigung...Ich lege mich wieder ins Bett.", danach ging sie wieder. Meine Schwester ließ mich in der Zwischenzeit nicht los. „Alles in Ordnung, Leonie. Sie ist weg.", beruhigte ich sie. Mit zittriger Stimme erwiderte sie: „Sie war total komisch, ich habe Angst." Ich nahm sie bei der Hand und ging mit ihr in ihr Zimmer. „Ich mache dir etwas zum Essen, ist das okay?", fragte ich sie. Lächelnd nickte sie und ich marschierte in die Küche, wo mein Vater gerade seine Medizin nahm. Ungewöhnlich, dass er sich dazu bewegte und aufstand. „Geht es dir besser?", wollte ich wissen. Mein Vater drehte sich zu mir um. „Nein, nur niemand brachte mir meine Medizin, Kind. Beinahe wäre ich wegen diesen kaputten Treppen gestolpert. Wieso hast du sie nicht schon längst repariert?" Wenn er das so sagt fiel mir ein, dass ich noch nicht die Türe an ihren Platz stellte. Das Haus ist generell klein, alt, schmutzig und hässlich. Aber besser das, als völlig blank dazustehen. Ein Wunder, dass es fließendes Wasser hatte. Ich gab ihm nur ein stummes ‚hmpf' als Antwort und machte dann ein Sandwich mit Käse. „Für deine Schwester?", „Ja." Keiner meiner Elternteile verstand wieso ich zu meiner Schwester so fürsorglich war. Ganz einfach: Sie wurde ahnungslos und hilflos in die Welt gesetzt. Ich erinnerte mich noch gut daran wie ich sie mit der Flasche füttern musste, weil meine Mutter sich ihren Rausch ausschlief. Ich verspürte so einen tiefen Hass gegen die beide.

BlutsuchtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt