Mehr als ein Clown

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Nachdem ich Leonie verließ lebte ich versteckt und tat meine alltäglichen Arbeiten. Als mir die alle zu langweilig wurden streifte ich tief im Wald umher. Dort fand ich ein abgebranntes, aber noch gut erhaltenes Zirkuszelt. Mehrere eigentlich. Eines war das Hauptzelt, dann gab es jeweils noch drei kleinere. Ich hatte mich sofort in diesen Ort verliebt. Er war so gut versteckt wie es ging und noch dazu ein Zirkus, mein Lieblingsort. Ich zog mir ab diesen Tag immer eine Latzhose mit buntem Stoff an und darunter ein weißes Hemd mit Dreiviertelärmel. Dazu habe ich mir schwarze dünne Augenringe ins Gesicht gemalt mit drei kleinen Sternen unter dem linken Auge. Ich fühlte mich wohl in diesen Sachen.

So lebte ich mein Leben. Ich tötete Menschen, fühlte mich gut und dann zerfraß es mich. Als berge ich die unschuldigen Seelen meiner Opfer in meinem Herzen. Dennoch war ich keineswegs depressiv. Im Gegenteil: Wenn mir jemand sympathisch war dachte ich gar nicht einmal daran ihn zu töten. Aber diese Freundschaften hielten nie lange.

Auf dem Bett sah ich zum Kalender der auf meinem kleinen Nachtkästchen stand. Ich hatte mir einen Tag markiert. Es war der Tag von Leonies College Abschluss.

Auch wenn ich mich ihr nie wieder gezeigt habe, hatte ich sie stets im Auge. Ich wusste es wenn ihr jemand etwas antat. Als sie 18 war und am Beginn ihrer Karriere wurde sie von ihren dritten Freund betrogen. Ich selbst hatte keine Ahnung weswegen sie so häufig Partner wechselte. Jedoch hatte sie keine Ahnung welches Schwein er war. Ein paar Tage später stand in der Zeitung, dass er vermisst wurde.

Am Nachmittag stand ich am Rande der Veranstaltung. Das Publikum war riesig und endlos. Ich konnte die Absolventen leider gar nicht erkennen. Mir war es wichtig, dass man mich nicht erkennt. Nach einer Weile ging es los und jemand hielt eine Rede, welche mich sehr langweilte. Danach kamen die ersten mit ihren Urkunden und erst am Ende Leonie. Ich konnte sie nicht sehen, aber ich hörte ihre sanfte Stimme. Sie klang so reif und erwachsen. Ich war mehr als nur stolz auf sie. Allein schon, dass sie es so weit geschafft hat. Sie hielt eine Dankesrede, von den Personen die ihr all den Jahren geholfen haben. Mich erwähnte sie nicht. Das wunderte mich auch nicht. Ich lehnte an dem Baum und hörte ihr genau zu.

Ich fühlte wie ein kaputter Schutzengel der über ihr wacht. Ich wusste nicht wie es weitergehen sollte, falls sie eines Tages nicht mehr auf der Welt war.

BlutsuchtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt