Lian
Ben und ich waren gerade auf dem Weg aus dem Lokal, als Lion seine Clique herein kam und wir ihnen auswichen. Ben erzählte mich gerade etwas, als ich einen Blick auf mir spürte, ich drehte meinen Kopf in die Richtung und blickte in Noels dunkle Augen. Es war als ob die Zeit angehalten wurde, alles bewegte sich nur noch wie in Zeitlupe. Der Moment wurde unterbrochen als wir das Lokal verließen und hinter uns die Tür ins Schloss viel. Er hielt mich aber auch jedes mal wieder mit seinem Blick gefangen.
Wir stiegen in Bens Mercedes und fuhren schweigend zu dem Haus meiner Eltern. Ich sah aus dem Fenster, sah wie die Bäume an dem Auto vorbei zogen und hatte angst meinem Vater unter die Augen zu treten. Würde er mir vorwürfe machen? Würde er überhaupt etwas zu mir sagen?
Ich ballte meine Hände zu Fäusten, um das Zittern zu verstecken. „Es wird schon alles gut werden Lian, ich bin ja da und werde dich unterstützen." Seine Worte beruhigten mich sehr, ich war froh das ich Ben alles erzählt hatte.
Wir fuhren auf unsere Einfahrt, ich öffnete die Autotür und stieg aus, mit wackeligen Beinen ging ich zur Haustür, holte meinen Schlüssel und schloss auf. Ich holte aus dem Keller ein paar Umzugskartons hoch, zusammen trugen wir sie in unser Zimmer. Dort packte ich nur das Nötigste ein, Kleidung, ein paar Bilder meiner Familie, Utensilien aus dem Bad, mein Laptop und mein Tagebuch. Das wollte ich unter gar keinen Umständen hier lassen.
Ein knarrendes Holzbrett ließ mich zusammen zucken. Mein Dad stand in der Tür, er hatte ebenfalls ein blaues Auge und seine Nase sah auch nicht sehr gut aus. Sein Blick war klar, aber auch sehr traurig. „Es tut mir leid Lian, es tut mir alles so schrecklich leid. Ich werde mich bessern." Seine Stimme klang heiser und er flüsterte auch nur. Ich nickte stumm, unfähig auch nur ein Wort herauszubringen. Mein Vater drehte sich wieder herum und verschwand wieder. Es brach mir mein Herz ihn so zerbrechlich und so am Ende zu sehen, der Mann war nur noch ein Schatten seiner selbst und weit davon entfernt so zu sein wie früher. „Das wird schon wieder, er braucht etwas Zeit und Hilfe, dann wird es wieder vorwärtsgehen. Ich glaube an deinen Vater, gib ihn niemals auf." „Niemals. Ihr beide seit schließlich meine einzige Familie die mir noch geblieben ist und euch würde ich niemals einfach so aufgeben."
Ich packte ebenfalls noch mein kleines Kissen und ein paar Stofftiere ein, dann war ich bereit erst einmal zu Ben zu ziehen. Wir gingen den Flur entlang und die Treppe runter, unten war mein Vater am aufräumen. Der erste Schritt in die richtige Richtung. „Lässt du uns einen Moment alleine?" Ben nickte nur und brachte schon mal ein paar Kisten ins Auto.
Zögerlich ging ich auf meinen Vater zu, er hatte aufgehört mit aufräumen und beobachtete jeden meiner Schritte. Kurz vor ihm blieb ich stehen und blickte in die selben grünen Augen die ich auch hatte und stellte fest das er geduscht und rasiert war, er roch nicht mehr nach Alkohol. Bis auf die Blessuren sah er gut aus, sein kurzes braunes Haar könnte mal wieder einen ordentlichen Schnitt gebrauchen, sah aber sonst sehr gut aus. Er trug ein sauberes blaugraues Shirt und eine ausgewaschene Jeans, auch er hatte an Gewicht verloren. Warum war mir das nie aufgefallen? Vielleicht weil du ihn kaum zu Gesicht bekommen hast? Da war was dran.
Er schaute mich einfach nur an, wartete auf das was als nächstes kam. Ganz langsam trat ich noch näher an ihn heran und umarmte ihn ganz vorsichtig, wartete. Keiner bewegte sich. Dann ganz zögerlich nahm er mich auch in den Arm, drückte mich leicht an sich und wir versanken in der Umarmung. Leise fing mein Vater an zu weinen und mir kamen ebenfalls die Tränen. „Es tut mir so leid das ich nicht für dich da war, ich werde mich ändern und dann wird wieder alles gut. Das Verspreche ich dir." „Ich weiß Papa, ich weiß." Ich drückte ihn noch einmal kurz an mich, dann löste ich mich von ihm und trat zurück. „Bis bald." Ich drehte mich um, nahm ebenfalls Kisten und verließ unser Haus. Es tat mir leid ihn so zu sehen, so fertig und alleine. Es versetzte mir einen Stich ins Herz, doch wir mussten jetzt beide dadurch.
Ich stieg wieder zu Ben ins Auto und weinte dort noch ein paar stumme Tränen, dann wischte ich sie weg und blickte nach vorne. „Es muss ja irgendwie weitergehen." Ich sagte es mehr zu mir selber. „Es tat ihm gut zu wissen das du hinter ihm stehst, ich denke das wird ihm ungemein helfen weiter voran zu kommen." Das hoffte ich doch sehr.
Endlich kamen wir wieder beim „Schlüssel 17" an, Ben und ich schleppten die Kisten hinein. Ich freute mich endlich mal wieder etwas Zeit für mich zu haben und ich musste endlich nicht mehr in diesem Club arbeiten. Ein lachen kroch in meinem Hals los und brach dann aus mir heraus, so gingen wir in den Laden. Ich lachte und lachte, ich war so glücklich und achtete in dem Moment auf nicht anderes. Ich half Ben die Kisten erst einmal in die Küche zu bringen, als ich die vorletzte Kiste in die Küche gebracht hatte, kam Ben auf mich zu. „Ich räume den Rest aus, du kannst schon mal weiter machen." „Alles klar." Ich umarmte Ben noch einmal und küsste ihn schnell auf die Wange, er grinste mich an und auch ich strahlte. Heute ging es mir endlich mal wieder gut. Ich ging wieder zurück in die Küche, von dort in die Umkleiden und zog mir dort eine neue frische Bluse an. Ich trat wieder nach vorne, nahm dort einen Besserstellungszettel von der Wand und fing an die Getränke fertig zu machen. Ich sah zu spät das die Bestellung für den Stammtisch war, an dem meine Klassenkameraden alle versammelt waren, unter ihnen saß auch Noel. Ich hob meinen Kopf, drückte den Rücken durch und betrat die Höhle des Löwen. Ich stellte die Getränke so schnell ich konnte ab, sah dabei keinen an, spürte aber Noels Blick auf mir. „Euer Essen kommt gleich." Dann verschwand ich wieder. Sein Blick bohrte sich in meinen Rücken, oder eher in mein Hinterteil, deswegen ging ich extra langsam und wackelte betont mehr mit meinem Hinter, als sonst. Gut das ich heute eine meiner beste Jeans angezogen hatte.
Erleichtert atmete ich auf. Ich hasste es die Clique zu bedienen, wenn es sich vermeiden ließ.
Ich lief wieder hinter die Theke und begann Gläser abzuwaschen und zu polieren, dabei schielte ich immer wieder zu Noel. Sina hatte sich an seine Seite geschmissen und befingerte ihn. Ich knurrte vor mich hin und zerbrach fast ein Glas mit der Hand, so wütend war ich. Sina musste ständig überall mitmischen, überall im Mittelpunkt stehen, immer alles wissen und sich jedem aufdrängen. Ich wusste das nur zu gut, Luna und ich hatten es auch zu spüren bekommen. Ich weiß gar nicht mehr wann wir alle begannen uns zu verändern, aber irgendwann passte nichts mehr. Es gab nur noch streit und Eifersüchteleien, es nervte nur noch. Luna und ich waren von Geburt an schon immer zusammen und uns konnte einfach nichts trennen, egal wie sehr Sina es auch versuchte und nur weil sie ihren willen nicht bekam, hatte sie uns verstoßen. Manche Leute waren sehr kleinlich.
Die Klingel in der Küche riss mich aus meinen Erinnerungen, ich ging nach hinten und holte die Teller. Dann machte ich mich wieder auf den weg zum Stammtisch, ich stellte die Teller ab, Noels zuletzt. Ich warf ihm einen kurzen Blick zu, zwinkerte und lächelte leicht. Er erwiderte es schnell , bevor ich wieder zurück musste.
Dieses mal flitzte ich schnell in die Küche und holte mir einen Salat, dann ging ich wieder nach vorne und setzte mich in eine kleine Nische und aß den Salat. Plötzlich standen Lion und Noel auf und gingen ein Stückchen weiter weg von den anderen. Was wurde denn das jetzt? Noel drehte sich erst zu Sina um und dann zu mir, unsere blicke streiften sich nur kurz, dann drehte er sich wieder zu Lion und die beiden fingen an zu reden. Ich versuchte etwas von ihren Lippen zu lesen, doch ich war schon immer sehr schlecht, das lag Luna eher. Jetzt hätte ich sie gut gebrauchen können. Ein Stich im Herz. Kummer. Ich vermisste meine Schwester sehr.
Ich beobachtete die Beiden weiter, Lion klopfte Noel auf die Schulter und dann klatschten sich beide ab. Was hatte das nur zu bedeuten?
Sie setzten sich wieder und unterhielten sich, dabei warf mir Noel immer wieder blicke zu und ich tat genau das Selbe. Jedes mal wenn sich unsere blicke kreuzten lächelten wir einander an. Jedes mal stieg wärme in mir auf, mein Herz klopfte wie verrückt und in meinem Bauch waren Schmetterlinge. Es war ein tolles Gefühl.
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Verwunschene Liebe
FantasyWas ist wenn du dich in einen Menschen verliebst, obwohl du es gar nicht dürftest? Würdest du für deine große Liebe gegen eine der drei goldenen Regeln verstoßen? Ich habe es getan. Ob ich es bereue? Niemals! Noel ist ein Flaschengeist, oder wie ma...