eins

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Es war ein Tag wie jeder andere, und doch sollte er so unterschiedlich werden.

Es war Samstag morgens und anstatt auszuschlafen klingelte mein Wecker um 07:30. Stöhnend drehte ich mich zur Seite und nahm mein Handy in die Hand. Das Display war viel zu grell und so verzog ich mein Gesicht, als ich den Wecker ausmachte. Es war jedes Wochenende das gleiche. Ich brauchte morgens meine Minuten bevor ich richtig wach wurde und so lag ich einfach mit offenen Augen in meinem Bett und versuchte mir deutlich zu machen, wieso ich das überhaupt tat. Du brauchst das Geld. Richtig, dachte ich. Also stand ich Widerwillens auf und schlurfte ins Bad. Ich putzte meine Zähne, cremte mein Gesicht ein und bürstete einmal durch meine Haare. Danach zog ich mir schnell eine schwarze skinny Jeans an und dazu eine der weißen Blusen, die noch nicht verknittert war. Zurück im Bad machte ich mir einen Dutt und legte ein bisschen Wimperntusche auf. Das musste reichen. Mich sah sowieso niemand außer der Crew mit der ich arbeitete. Also was solls. Ich schlüpfte in meine schwarzen Boots und zog schnell meine Jacke drüber. Es war Mitte September. Trotz, dass die Sonne schien roch es langsam aber sicher nach Herbst und es wurde kälter. Also zog ich auch noch meinen Schal an. Zum frühstücken reichte es nicht mehr, also griff ich schnell nach einem Apfel, meinem Schlüssel und zog die Tür hinter mir zu.

Der Weg von meiner Wohnung zur Straßenbahn war Gott sei Dank nicht weit. Mit Musik in meinen Ohren stapfte ich also in die Bahn. Aus meiner Jackentasche kramte ich mein Zeug zum drehen. Ich nahm ein Blättchen, Filter und Tabak und drehte mir eine Zigarette. Währenddessen beobachtete ich die Menschen, die ebenfalls in meinem Wagon saßen. Links neben mir saß ein junges Mädchen - sie müsste ungefähr mein Alter haben. Ihre Strumpfhose hatte an ihrer Wade eine lange Laufmasche und sie klammerte sich um die Haltestange neben ihr. Ich konnte nicht nur riechen, dass sie letzte Nacht feiern war, man konnte es auch sehen. Außerdem sah man auch, dass sie die Nacht wohl nicht in ihrem Bett verbracht hatte. Ihre Schminke hing tief unter den Augen und ihre Haare waren etwas strähnig und total verfilzt. The Walk of Shame, dachte ich bloß. Sie tat mir fast ein bisschen leid, also beschloss ich sie nicht länger anzusehen. Rechts neben mir total das Gegenteil. Ein ebenso junger Herr saß in einem glattgebügelten Anzug und einer perfekt sitzenden Krawatte neben mir und strich sich immer wieder nervös darüber. Würde er mir auf der Straße begegnen hätte ich ihn sicher für einen erfolgreichen Versicherungskaufmann gehalten. Aber seine Ausstrahlung verriet mir, dass er gar nicht so erfolgreich war. Er war bestimmt bloß der arme Praktikant, der allen Leuten Kaffee bringen musste. Was nicht ist, kann ja noch werden. Und dazwischen saß ich. Liv. 21 Jahre jung, weder anstrebende Jungunternehmerin, noch der nächste One Night Stand von irgendeinem Kerl. Ich studierte im vierten Semester an der Ruhr-Universität in Bochum. Ich bekam zwar Bafög, aber das reichte gerade mal für meine Monatsmiete. Ich könnte sicherlich günstiger wohnen, aber meine eigene Wohnung in einer wenigstens annehmbaren Lage war mir zu heilig. Also arbeitete ich an jedem Wochenende und ab und zu auch in der Woche.

Ich stieg an der nächsten Haltestelle aus, zündete meine zuvor gedrehte Zigarette an und ging noch die restlichen Meter zum 'Livingroom', dem Restaurant in dem ich arbeitete. Es gehörte in Bochum zu den absoluten Top Restaurants. Ich hatte mich damals, als ich nach Bochum zog, blauäugig hier als Kellnerin beworben, genauso wie in bestimmt zwanzig anderen Restaurants. Und ich wusste nicht wieso, aber ich wurde schließlich genommen und das Arbeitsklima war gut. Außerdem stimmte die Bezahlung. "Guten Morgen" begrüßte ich den Rest der Mannschaft und ich bekam von allen ein freundliches, aber hörbar müdes 'Guten Morgen' zurück. "Gut dann sind ja alle da" grinste meine Chefin Sarah, als sie mich sah, und holte ihren Plan heraus. Ich biss mir auf die Unterlippe und sah schnell auf meine Uhr. Zwar war ich wie immer die letzte, aber auf die Minute pünktlich genau. Ich setzte mich neben meine beste Freundin, die ich schnell und leise in eine Umarmung zog. "Stell deinen Wecker zehn Minuten früher" kicherte Maja leise. "Hey ich bin immer pünktlich" verteidigte ich mich selbst kichernd. "Maja, Liv und Noah ihr deckt die restlichen Tische, die wir gestern Abend nicht mehr geschafft haben" wies Sarah uns an und wir drei nickten synchron. "Sam, Pia und Moritz ihr seid heute hinter der Bar. Bereitet schon mal alles vor - Der Rest von euch kann das Buffet aufbauen." Sarah legte den Plan zu Seite und sah uns alle erwartungsvoll an. "Oh und bevor ich es vergesse. Morgen Abend ab 19 Uhr brauchen wir zusätzlich zwei Kräfte, die lediglich im Séparée bedienen." Bevor Sarah ihre Worte aussprechen konnte zischten meine und auch Majas Hand nach oben. "Sehr gut ich trage euch beiden ein - dann mal ran an die Arbeit." Auf Sarahs Kommando, verteilten sich alle an ihre Posten. Ich griff mir zuerst ein paar Tischdecken und Maja folge mit Besteck, sowie Noah mit den Gläsern. "War ja klar dass ihr beiden wieder die dicken Fische an Land zieht" schnaubte Noah ein bisschen verärgert. Wir alle wussten, wenn Kunden das große Séparée mieteten, waren es meist, sagen wir die besser verdienenden Bürger Bochums. Und alles was wir hörten war: Trinkgeld. "Wenn du zu blöd bist dich früh genug zu melden" zog ich ihn auf und er verdrehte bloß die Augen. "Ich bin schon für die normale Schicht eingetragen." "Anfängerfehler" lachte Maja und ich stimmt in ihr Lachen mit ein. "Ist ja gut." Noahs Gesichtszüge entspannten sich ein bisschen und doch konnte ich sehen, dass er sich immer noch ärgerte. Nachdem auf jedem Tisch sorgfältig Tischdecken, Gläser, Besteck und zum Feinschliff noch Teelichter verteilten waren wir fertig und sehr zufrieden mit unserer Arbeit. Um 10:00 Uhr öffnete Sarah vorne die Tür und die Gäste liefen uns wie jeden Samstag zum Brunch die Türen ein.

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