15| Unknown User.

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Ich hatte es geschafft heute mal pünktlich zur Schule zu kommen.
Bei aller liebe, aber einmal beim Direktor antanzen zu müssen reichte bei Weitem für eine Woche.
Ab nächsten Montag werde ich diese bescheuerten Extraarbeiten des Hausmeisters erledigen müssen, von denen Mr. Seong berichtet hat, da hatte ich jetzt schon keinen Bock drauf. Daher wollte ich daraus nicht noch mehr Aufgaben machen, nur weil ich zu spät zum Unterricht kam.

Dieser Schultag verlief ausnahmsweise mal ohne unangenehme, komische Vorkommnisse. Die Zeit verging recht schnell und der Unterricht war auch nicht allzu lahm gewesen.
Außerdem hatten wir in den letzten Stunden Sportunterricht gehabt, das rettete mir jedes Mal den Tag.
Im Moment trainierten wir verschiedene Ballsportarten. Fußball war vor den Ferien dran gewesen. Diese Woche Baseball. Eigentlich war es völlig egal welche Sportart. Ich liebte einfach jeglichen Sport.
Bewegung tat gut, um den Kopf frei zu kriegen. Danach fühlte ich mich immer total befreit.
Und ich musste zugeben, ich war nicht der schlechteste im Sportunterricht.
Ohne jetzt angeben zu wollen.
Dinge die mir Spaß machten, die ich gern tat, die führte ich auch mit Motivation und vollem Elan aus. Hier bemühte ich mich um gute Noten. Eine schlechtere Note als eine 2 kam in Sport nicht für mich in Frage.
Unter keinen Umständen.

Allerdings hatte ich mein Handy schon wieder verlegt. Ich war mir nicht mehr sicher, ob ich es überhaupt mit in die Schule genommen hatte.
Nach dem Unterricht schaute ich in meinem Spind nach, doch da lag es nicht.
Auch in der Turnhalle suchte ich nochmal in den Umkleideräumen, doch auch hier hatte ich keinen Erfolg.
Also beschloss ich einfach nach Hause zu gehen und dort nachzuschauen. Ich war mir nämlich nicht mal mehr so sicher, ob ich es überhaupt heute morgen mit in die Schule genommen hatte.

Und tatsächlich, ich hatte es im Flur meiner Wohnung auf der Kommode liegen gelassen, ich Volltrottel.
Hatte mich heute morgen wohl so sehr beeilt, damit ich nicht zu spät zum Unterricht kam, dass ich es dort liegen gelassen hatte.

Ich entsperrte den Bildschirm und scrollte ein wenig die Standartinternetseiten durch, während ich mir die Ramen in der Mikro aufwärmte, die mir Mrs. Min gestern mitgegeben hatte.

Plötzlich ploppte eine Nachrichtenanfrage bei Instagram auf meinem Display auf. Verwundert öffnete ich Insta, um besagte Nachricht lesen zu können.
Normalerweise war ich nicht sonderlich aktiv auf Instagram, weshalb ich mich wunderte darüber eine Nachricht zu bekommen. Generell bekam ich eher selten eine Nachricht, auch auf WhatsApp nicht. Ich hatte mir zu meinem Neustart in Busan ein neues Handy mit einer anderen Nummer zugelegt, damit ich die Vergangenheit komplett hinter mir lassen konnte. Daher hatte ich auch dementsprechend wenig Kontakte eingespeichert und bekam eher weniger Nachrichten.
Eigentlich hatte ich gar keine Nummern eingespeichert, bis auf die von Yoongi, Mrs. Min und Joona.
Wir hatten nach dem Essen gestern die Nummern ausgetauscht.
Mrs. Min wollte, dass ich mich melden konnte, falls etwas sein sollte. Natürlich lehnte ich zunächst ab, als sie dann allerdings sagte, dass auch Joona eventuell mal Hilfe bräuchte, lenkte ich schließlich ein.
Und Yoongi und ich wollten uns mal zum Zocken verabreden. In Overwatch haben wir eine gemeinsame Leidenschaft gefunden.
Ich würde Yoongi so oder so immer wieder über den Weg laufen, da er schließlich nur eine Tür weiter lebte. Deswegen dachte ich mir, wieso nicht.
Yoongi war auch eher so wie ich.
Ein Einzelgänger.
Etwas verschlossener.
Ruhiger.
Deswegen könnte er die Ausnahme sein.. bei ihm hätte ich nicht die Angst ihn in mein Leben zu lassen. Er würde nicht in meiner Vergangenheit rumbohren wollen.

Wenn ich wirklich mal Nachrichten bekam, war es meist .. naja.. über Snapchat.
Das waren aber höchstens Anfragen für unverbindliche Treffen. Da ging es nicht um Kennenlernen und son Scheiß.
Es handelte sich lediglich um Spaß. Das wars. Keine Gefühle, kein zweites Mal.
Onenightstands eben.
Jaa Okei... schuldig im Sinne der Anklage.
Ich war eben auch nur ein Mann mit Bedürfnissen, die von Zeit zu Zeit befriedigt werden wollten.
Ich zeigte es in der Schule und hier im Umfeld nicht direkt, aber wieso sollte ich auch? Das ging sonst niemanden etwas an.
Aber über Snapchat konnte ich schon das eine oder andere Treffen klar machen, seit ich hier war.
An Erfahrung schadete es nicht.

In Seoul ging das alles nicht. Da konnte ich mich nicht so zeigen wie ich war, mich nicht so verhalten, gewisse Dinge nicht so ausleben, wie ich es gerne wollte.
Ich musste verleugnen, wer ich war, was ich war. Mich hätte niemand akzeptiert.
Das hatte mich irgendwie abgestumpft.
Ich hatte zwar erkannt, dass es nicht schlimm war schwul zu sein, Lust auf männliche Körper zu haben.. was auch immer. Aber Gefühle ? Nein sowas verbot ich mir. Das gab es für mich nicht.

Und das hatte ich alles ihm zu verdanken.

Dieser Gedanke katapultierte mich wieder zurück in die Realität. Ich wollte nicht weiter über ihn nachdenken.
Doch das Schicksal spielte immer gern seine Streiche mit mir und entschied sich heute nicht zu meinen Gunsten.

Als ich die Nachricht schließlich öffnete und sie las, stockte mir der Atem. Ich ließ beinahe die Essstäbchen in die Ramen fallen, die ich währenddessen essen wollte.
Mir lief es kalt den Rücken runter, mein Puls beschleunigte sich auf gefühlt 200 Schläge pro Minute und ich musste hart Schlucken, als ich weiterhin ununterbrochen auf meinem Bildschirm und auf die angezeigte Nachricht starrte.

~Unknown~
Ich werde dich finden.
Wir werden uns Wiedersehen. Verlass dich drauf!

Das Schicksal war wirklich ein verfluchtes Arschloch.

Your love is killing me. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt