Kapitel 6

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[Levi]

Ohne es selbst kontrollieren zu können, wanderten meine Fingerspitzen, langsam Cassandras Bein entlang. Hoch zum Schenkel, weiter bis zu deren Innenseite. Immer noch sahen wir uns nur an. Gefangen zwischen diesen Moment des bevorstehenden Kusses. Unter meiner Berührung sog sie scharf die Luft ein und seufzte dann lustvoll.

Es war das, was ich schon immer wollte. Auch wenn ich es nicht sollte! Irgendwo wünschte ich mir, Cassandra würde mich von sich stoßen! Mich anschreien! Mir eine klatschen! Doch sie tat es nicht! Warum?

Stattdessen wanderte ihre Hand von meiner Schulter, bis zum Hals, unter meinen Hemdkragen, dadurch öffneten sich die ersten vier Knöpfe.

»Du … wolltest … doch gehen …«, flüsterte sie und ihr Blick glitt hinunter zu meiner Brust. Sie lehnte sich weiter zurück, sodass sie auf der Matratze lag.

»Ja …«, murmelte ich und beugte mich über sie, »… ich sollte gehen …«, raunte ich tief und beugte meinen Kopf zu ihrem Hals herunter. Mein aufgeheizter Atem streifte ihr Ohr, wieder, seufzte sie lustvoll auf und ihr Körper erzitterte kurz.

Verdammt, es war falsch! Nicht nur, weil sie in einem unzurechnungsfähigen Zustand war ...
Gott verdammt! Ich lag hier über meiner Schwester! Doch jede Moral war mir egal! Gerade erfüllte sich einer meiner sehnlichsten Wünsche.

»Cassandra ...«, hauchte ich und hob meinen Kopf.

Meine Augen verengten sich. Sie war eingeschlafen! Ich atmete hörbar aus und setzte mich neben sie, völlig von meinen Gefühlen durcheinander beobachtete ich sie nur. Wie sie leicht ihre Lippen öffnete, um Luft zu holen. Wie sich ihre Brüste beim Atmen bewegten. Wie sie ihr Bein, unter leisem stöhnen, anwinkelte.

Mein Kiefer spannte sich an, sowie der Mittelpunkt meiner Jeans. Wieder stöhnte sie leise auf. Was träumte sie denn? Träumte sie überhaupt?

Ich schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken. Überall im Raum war ihr Duft. Und obwohl sie mir so nahe war, war sie dennoch weit entfernt. Ein lustvoller Seufzer entfloh ihr, als sie sich zur Seite drehte und mir ihren Rücken zu wandte. Mein Körper kribbelte, es war als würde sich ein Knoten in meinem Inneren lösen, bei dem Anblick ihres Körpers.

Langsam rutschte mein Oberkörper nach hinten. Mit geschlossenen Augen hörte ich nur ihren Atem, und ihr immer wieder aufkommendes lustvolles Seufzen. Meine Hand wanderte zu meinem Gürtel und öffnete ihn. Meine Gedanken waren wie benebelt, ich hörte nur sie und ließ ihren Duft auf mich wirken. Völlig atemlos schlug ich die Augen auf, und realisierte, was passiert war.

Was war nur los mit mir? Wie verkommen war ich nur?

Angewidert von mir selbst erhob ich mich zügig und schritt schnell aus ihrer Wohnung, als ich nur meine Jeans hochzog. Ich knallte die Tür meiner Wohnung zu und lief ins Badezimmer. Sofort riss ich die Klamotten herunter und schmiss sie in die Waschmaschine. Ich musste dringend ein Bad nehmen! Alles war verklebt!

[Cassandra]

Träge öffnete ich die Augen. Langsam hob ich meinen Kopf und schaute auf die Uhr. Es war halb drei in der Nacht. Als ich mich nach vorne beugte, hielt ich mir sofort die Schläfe. Nur langsam kamen meine Erinnerungen zurück.

Stimmte ja, ich hatte in der Bar drei Drinks getrunken, aus Trotz, weil Eren nicht auf meine Nachrichten reagiert hatte!

Das Letzte, was ich wusste, war, wie Levi mich vor meine Wohnung begleitete, danach nichts mehr. Gott! Ich musste ja wirklich betrunken gewesen sein, denn ich hatte es ja nicht mal geschafft mich auszuziehen! Ob ich mich daneben benommen habe?

Verwirrt fuhr ich mir durchs Haar. Es brachte nichts, jetzt darüber nachzudenken. Ich zog mir das Top aus und beschloss mich wieder hinzulegen.

*


»Nein, ist schon ok. Ich versteh’ das. Hör auf dich zu entschuldigen!«, sprach ich etwas genervt in den Hörer, während ich durch meine Wohnung lief. Eren entschuldigte sich zum gefühlten Hundertsten mal bei mir, warum er sich gestern nicht gemeldet hatte.

»Aber morgen werde ich dich besuchen, versprochen, meine Süße!«, merkte Eren an. Ich wiederum blieb währenddessen verwundert vor meiner Garderobe stehen. Das war seltsam. Wann hatte Levi denn seine Lederjacke bei mir vergessen?

»Cassandra? Hast du gehört?«

Ich blinzelte. »Ähm … ja! Ich würde mich riesig freuen«, antwortete ich hastig.

»Ich werde dir vorher schreiben. Ich muss jetzt auch leider auflegen. Ich liebe dich!«

»Bis dann«, verabschiedete ich mich und legte auf. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich Eren nie auf die drei Worte geantwortet hatte. Auch jetzt hatte ich es nicht getan. Warum? Warum, fiel es mir so schwer, diese Worte auszusprechen?

Ich war doch glücklich mit Eren … oder nicht …?

Ohne es selbst kontrollieren zu können, streckte ich meine Hand aus und berührte Levi’s Jacke. Leicht kam mir kurz sein Duft entgegen, und mein Puls wurde plötzlich schneller. Wieso erschien er mir vor meinen geistigen Augen, das Bild seines Sixpacks?

Ich fuhr aus den Gedanken auf, als es plötzlich klingelte. Kurz danach hörte ich, wie die Tür aufging. Na ja, immerhin hatte er wenigstens geklingelt. Mit einem tiefen Seufzer, nahm ich seine Jacke, und kam ihm im Flur entgegen.

»Du suchst bestimmt die, oder?«, grinste ich.

Doch Levi sah mich ausdruckslos an, während er sich die Schuhe auszog. Ohne ein Wort ging er auf mich zu, und sah mich weiter an.

Ich wiederum stand da wie angewurzelt. Was war denn mit mir? Warum war ich so angespannt? Reagierte ich etwa unterbewusst? War gestern Abend doch was passiert?

Langsam streckte er seine Hand aus und berührte meine. Zeitgleich krallten sich meine Finger in seine Jacke.

»Sag mal, Levi«, begann ich zögerlich und schaute auf den Boden, »habe ich mich gestern daneben benommen?«

Seine Wärme schien sich von seiner Hand auf meinen ganzen Körper auszubreiten. Ein leichter Schauer überkam mich. War schon immer diese Anspannung zwischen uns?

Gott, was bildete ich mir denn nur ein?

Ein Brummen ertönte seinerseits, und ich sah wieder zu ihm auf. Mit einem Ruck entriss er mir die Jacke. »Du warst nur mega betrunken und ich hab dir in die Wohnung geholfen«, antwortete er tonlos, wandte mir den Rücken zu, und zog sich wieder die Schuhe an.

»Habe ich irgendetwas Komisches gemacht?«

Kurz stockte er in seiner Bewegung, dann blickte er mich über seine Schulter hinweg an. Eine gefühlte Ewigkeit sahen wir uns nur an. Ich schluckte schwer.

»Du hast nur im Schlaf gesabbert. Wenn du trinkst, hast du echt keinen Anstand«, merkte er argwöhnisch an und verließ meine Wohnung.

»Hör auf, mich zu verarschen!«, rief ich ihm wütend hinterher.

Das wollte ich nicht wissen! Sowas Peinliches …

Doch Moment! Hatte er mich im Schlaf etwa beobachtet?! Ach Quatsch! Warum sollte er so etwas tun?

Eine leichte Röte legte sich auf meine Wangen, bei der Vorstellung, dass er mir beim Schlafen zugesehen hatte. Verdammt, ich war doch halbnackt gewesen! Schnell schüttelte ich den Kopf. So ein Blödsinn! Er wollte mich nur aufziehen! Und ich Idiot hatte mir Sorgen gemacht.

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