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Firo starrte irritiert in das Antlitz eines weiß-grauen Wolfes mit tiefblauen Augen, die beinahe schwarz wirkten. Gehörte er einem Rudel an? So einen Wolf hatte er noch nie gesehen. "Wer.. wer bist du?", erkundigte sich der schwarze Jüngere mit leicht misstrauisch angelegten Ohren, seine orangenen, feurigen Augen musterten ihn.

"Mein Name ist Mond. Du hast sicher schon Legenden von mir gehört, nicht wahr?", stellte sich der Fremde mit einem Schmunzeln vor, während Firos Kiefer nach unten klappte, er brachte kein ganzes Wort mehr heraus, ohne verwirrt und überrascht zu stottern. "M-Mond? Der G-Gott? Weshalb s-suchst du mich auf?", fragte der junge Wolf mit einem respektvollen, tiefen Kopfneigen.

"Ich will dir eine Nachricht, eine Prophezeiung überbringen."

Das ließ Firo wieder aufsehen und den Kopf schief legen, Neugier und Verwunderung lagen in seinem Blick. "Mir? Einem einfachen Lehrling? Warum nicht Silber? Oder Stella?" "Du wirst es schon erfahren, junger Wolf, früher oder später. Nun höre genau zu", befahl Mond mit einem sanften, aber doch ernsten Lächeln, die Augen des Gottes wurden plötzlich weiß, wie es schien. Firo wandte ihm seine ganze Aufmerksamkeit zu, während der Weiße sprach, wie als wäre er zehn Wölfe auf einmal.

"Die Zungen des Feuers übertönen die Schatten, die Sonne lässt sie klein wirken. Die Dunkelheit wird zurückdrängt, doch der letzte hoffnungsvolle, ehrgeizige Schatten kann gegen das Licht ankommen."

Nach den deutlichen Worten verschwand der Botschafter wie aus dem Nichts, als hätte der Erdboden ihn verschluckt, und auch die unglaubliche Landschaft verschwamm, bis Firo ein Stechen in seiner Seite spürte. "...auf! Wach' auf, Siebenschläfer!", knurrte eine Stimme, nach dem Ton her war der Wolf, der sprach, mit den Nerven beinahe am Ende. Schnell schlug Firo die Augen auf, mit rasendem Herzen, während er in den tiefbraunen Blick seiner Lehrerin starrte, die nicht besonders amüsiert schien. "So wird aus dir nie ein Beta", schnaubte Terra mit einem enttäuschten Kopfschütteln und wandte sich um. "Training, jagen." Mit diesen Worten wandte sich die Ältere auch schon um, ohne auf ihren Lehrling zu warten, und schritt hoch erhobenen Hauptes aus dem Lager. Der schwarze Wolf sprang hektisch auf und rannte aus dem Schlafbau, um ihr zu folgen, dabei realisierend, dass Silber noch immer nicht wiedergekehrt war und sich dadurch etwas Sorgen machend.

Ohne sich jedoch weitere Gedanken über dies zu machen, lief er Terra hinterher und hatte sie letztendlich eingeholt, erschöpft hechelnd. Die beiden standen nun bei einem der kleinen Felsenfelder, durch die früher einmal Flüsse geströmt sind, von welchen aber nurnoch kleine Rinnsäle existierten, aus denen man trinken konnte.

"Wir beginnen mit dem Hasenjagen. Du musst versuchen, dich so leise und weit wie möglich anzuschleichen, da diese Tiere sehr schnell weghüpfen können. Wenn du es nicht schaffst, solltest.." Anfangs hörte er seiner Lehrerin noch zu, bis sie immer leiser und gedämpfter zu reden schien und Firo in seinen Gedanken versank. Ich denke, die Prophezeiung hat etwas mit den Rudeln zu tun... Feuer - das Feuer-Rudel. Sonne - das Sonnen-Rudel. Und die Schatten - das Schatten-Rudel. Aber was hat es mit dem letzten hoffnungsvollen Schatten auf sich?

Durch seinen abwesenden Blick hatte Terra anscheinend bemerkt, dass er nicht zuhörte und schnaubte genervt, mit dem Reden aufhörend. Sie hatte eine Idee, wie sie ihn verwirren und nervös werden lassen könnte und sah ihn gespielt, aber realistisch wirkend, abwartend an. "Also, Firo?" Daraufhin blinzelte er erschrocken und der Plan der Wölfin ging auf. Der Angesprochene starrte sie planlos an, unruhig mit den Ohren zuckend. "Hasen..?", riet er, da er nun dachte, sie hätte ihm eine Frage gestellt, woraufhin die Braune nur den kopf enttäuscht schüttelte. "Ich habe dich nichts gefragt. Ich merke nur, dass du nicht aufpasst, Firo. Das wird Nachteile in der Zukunft bringe. Über was auch immer du nachdenkst, verlege es auf später", sprach sie mit Ernst in ihrer Stimme und fixierte ihn mit einem ähnlichen Blick. Firo fühlte sich plötzlich klein vor Scham, während sie ihn so tadelte und mahnte.

"Es tut mir leid, Terra, es kommt nicht wieder vor...", murmelte er entschuldigend zu Boden blickend. "Die Sache beschäftigt mich nur sehr..." "Ist sie wichtiger, als dein Training?", fragte Terra schnaubend und zuckte mit dem Schweif. "Um ehrlich zu sein, ja", entgegnete er, wieder aufblickend und seufzend. Die Wölfin murrte nur und schüttelte den Kopf mit einen: "Und was wäre das denn?" Firo war sich zuerst nicht sicher, ob er ihr von der Prophezeiung erzählen sollte, entschied sich schließlich jedoch dagegen und sprach nur die halbe Wahrheit aus: "Ein weißer Wolf mit blauen Augen ist mir im Traum erschienen, blaue Augen, die beinahe schwarz wirkten."

Ihr enttäuschter Blick verwandelte sich in Überraschung und sie sah ihn mit ernster Neugier an. "Das klingt so... als würdest du..." "Als würde ich was?", entgegnete er mit gespielter Verwirrung. "..als ob du unseren Mond-Gott beschreiben würdest."

Black Wolf | Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt