"Newt, da liegt eine Lampe auf dem Boden, könntest du die aus dem Fenster halten?", fragte Pfanne, worauf Newt nickte und uns den Weg erleuchtete. Viele Autos standen Kreuz und quer im Tunnel verteilt, jedoch waren keine Cranks in Sicht. Trotzdem bildete sich Gänsehaut an meinem ganzen Körper. Ich hatte ein mieses Gefühl bei der Sache. Das einzige, womit ich mich trösten konnte, war Minho. Alles, was wir jetzt taten, geschah nur für ihn, um ihn zu retten. Es war zu lange her gewesen, seit ich ihn gesehen hatte. Jeden Tag hatte ich Angst, nur das kleinste Detail von ihm zu vergessen. Seine Augen, sein Lächeln, seine Lippen. Ich konnte mir garnicht vorstellen, wie es ihm gehen musste. Er hatte die Hoffnung bestimmt schon aufgegeben und wartete nicht mehr auf uns. Immer wieder erkannte ich aufs Neue, dass es ein großer Fehler gewesen war, ihn zu verlassen.
"Pfanne, bleib stehen!", befahl Newt plötzlich, worauf ich aus meinen Gedanken schreckte und mich etwas vorbeugte, um an Newts Sitz vorbei durch die Windschutzscheibe zu sehen. Nur wenige Meter von unserem Wagen entfernt, stand eine entstellte Figur. Man konnte keine Details erkennen, aber schon der Anblick seiner Silhouette jagte mir Angst ein, sodass ich in meinen Rucksack nach meiner Waffe griff.
"Newt, mach das Fenster zu", sagte Thomas, worauf Newt die Lampe wieder im Fußraum abstellte und kurbelte, um das Wageninnere vor dem Crank zu schützen.
"Was soll ich tun?", fragte Bratpfanne und klammerte sich dabei angespannt am Lenkrad fest.
"Es ist genug Platz. Fahr einfach um ihn herum", sagte Newt selbstsicher, doch ich wusste, dass auch er sich ein wenig fürchtete.
"Na gut... Wenn du meinst", gab Bratpfanne zurück und betätigte langsam das Gaspedal. Er näherte sich dem Crank immer mehr, dieser machte jedoch keine Anstalten, sich zu bewegen. Als Pfanne im Bogen um ihn herumfuhr, konnte ich ihn durch das Fenster auf Thomas' Seite beobachten. Es war ein junger Mann, vielleicht erst dreißig. Seine Haut war von dunklen Venen durchzogen, die bis über sein Gesicht wuchsen. Ich schrie auf, als der Crank sich plötzlich zum Auto umdrehte und darauf zurannte. Schon ein paar Sekunden später erschien seine entstellte Visage vor dem Autofenster. Er riss den Mund weit auf und zeigte seine schwarz gefärbten Zähne. Beim Anblick von ihm wurde mir übel. Mit einem Schrei bebte die Scheibe auf meiner Seite. Hektisch drehte ich mich um und blickte direkt in das Gesicht eines weiteren Cranks. Es handelte sich um eine Frau, deren zerfetzte Kleidung an ihrem blutigen Körper klebte, an dem dunkle Venen hervorstachen. Wo eigentlich ihre Augen sein sollten, waren nur dunkle Höhlen, die mir einen Schauer über den Rücken laufen ließen.
"Pfanne!", rief ich panisch.
"Gib Gas!", sagte Thomas, der so wie ich in die Mitte der Sitzbank gerutscht war. Innerhalb von Sekunden wurden aus den beiden Cranks mehrere.
Bratpfanne drückte aufs Gas, was die meisten Cranks vom Wagen wegschleuderte, doch einer von ihnen landete mit einem lauten Knall direkt vorne auf dem Auto.
"Verdammt!", rief Bratpfanne und schon wurde das Auto noch etwas schneller. Der Crank jedoch ließ nicht los und grinste uns mit seinen fauligen Zähnen entgegen, bevor er mit der Faust ausholte und auf die Windschutzscheibe einschlug. Es brauchte nur drei Schläge, bis sich ein spinnennetzartiger Riss gebildet hatte. Ein weiterer Crank erschien an der Seite des Wagens und holte aus, um die Scheibe auf Pfannes Seite einzuschlagen.
"Komm schon", rief Thomas und klopfte auf Bratpfannes Schulter.
"Die lassen einfach nicht locker!", rief dieser, als er noch weiter aufs Gas drückte.
"Wir müssen sie loswerden!", warf Newt und drehte sich um, um einen Blick durch die Hinterscheibe des Wagens zu werfen. Hinter dem Wegen rannten in weiter Entfernung mehrere Cranks, um uns einzuholen.
"Komm schon!", versuchte Thomas, Bratpfanne zu motivieren.
"Also gut, festhalten!", sagte dieser und machte eine leichte Kurve nach links. Mit einem Ruckeln prallten wir gegen ein Auto. Der Crank am Seitenfenster schrie auf und ließ endlich los. Auch der Crank auf der Windschutzscheibe hatte sich durch den Aufprall nicht mehr halten können und war mit hoher Geschwindigkeit vom Auto gefallen.
"Ja!", jubelte Thomas.
"Sehr gut!", rief Newt, worauf Pfanne sich umdrehte, um durch die Hinterscheibe zu blicken. Die Cranks waren nicht mehr in Sicht.
Ich lächelte stolz, doch mein Herz blieb beinahe stehen, als ich wieder voraus blickte. "Pfanne, pass auf!"
Er drehte sich schockiert um, doch dann geschah es bereits. Mit hoher Geschwindigkeit prallten wir gegen ein anderes Auto, das im Tunnel parkte, worauf unser Wagen sich durch den Impuls überschlug. Ich versuchte mit aller Kraft, mich im Sitz zu halten, als es schien, als würde die Schwerkraft für einen Moment aussetzten. Als der Wagen auf seinem Dach landete, prallte ich gegen die Decke und stöhnte schmerzerfüllt.
"Hey!", sagte Bratpfanne. "Sind alle okay?"
"Ja", stöhnte Newt.
"Mir geht's gut", fügte Thomas hinzu, doch konnte sich ein Seufzen nicht verkneifen. "Shay?"
Ich atmete tief ein, bevor ich antwortete. "Ich bin okay."
Erst jetzt bemerkte ich den stechenden Schmerz, der sich durch meine gesamten Arme zog und blickte verwundert auf meine Haut, in der unzählige Glassplitter steckten.
"Wir müssen hier raus", sagte Thomas. "Pfanne, halt dir die Augen zu."
Bevor ich wusste, was er vorhatte, ging eine Taschenlampe an. Thomas holte mit seinem Bein aus und trat die Glasscheibe ein, die im Gegensatz zu meiner noch nicht gebrochen war. Hustend krabbelte Thomas durch die kleine Öffnung, bevor er sich aufrappelte. Auch ich krabbelte durch mein Fenster nach außen und versuchte dabei, nicht noch mehr Glas zu berühren. Mit einer Wucht landete ich auf dem harten, kalten Tunnelboden und richtete mich mit einem schmerzverzerrten Stöhnen wieder auf.
"Newt, kommst du raus?", fragte ich, als ich neben dem Wagen auf dem Boden saß und versuchte meinen Atem wieder zu normalisieren.
Er trat ein paar Mal von innen gegen die Tür, die jedoch nicht ansatzweise nachgab. "Sie klemmt!"
"Kletter auf die andere Seite zu Pfanne", rief ich ihm zu und blickte auf meine Hände, die zum Glück bis jetzt nur wenig bluteten.
"Hey, ist alles in Ordnung?", fragte Thomas und blickte mich besorgt an, worauf ich sofort abwinkte.
"Ja, alles bestens", erwiderte ich und versuchte die stechenden Schmerzen zu ignorieren.
Ich schreckte kurz zusammen, als Pfanne mit einem Sprung auf dem Boden landete und sich den Staub von den Hosen klopfte. Auch Newt kletterte vorsichtig aus dem Wagen und sprang.
"Haben wir die Cranks abgehängt?", fragte Newt und blickte sich um.
"Ich glaube nicht", erwiderte ich und deutete mit zitternder Hand auf die Gruppe Cranks, die uns immernoch folgte.
"Scheiße!", rief Thomas und wollte losrennen, doch ich hatte andere Pläne. Hektisch kletterte ich in das Innere des Wagens und durchforstete meinen Rucksack.
"Shay!", rief Newt, dessen Stimme schon weiter entfernt klang.
"Ich bin gleich soweit!", rief ich und seufzte erleichtert, als ich das kalte Metall an meinen Fingern spürte. Schnell zog ich die Waffe an mich und krabbelte aus dem Wagen, als schnurstracks zwei Cranks auf mich zuerkannten. Ohne zu zögern zielte ich und drückte zwei Mal ab.
Auch Pfanne hatte inzwischen meinen Plan verfolgt und sich eine Waffe aus dem Wagen geschnappt.
"Lauft!", rief ich und rannte mit Pfanne hinter Thomas und Newt her. Nach und nach schossen wir auf Cranks, die uns folgten. Es tat mir leid zu schießen, doch es gab keine Alternative. Nach einigen Schüssen bemerkte ich plötzlich, dass keine Kugeln mehr aus meiner Waffe kamen.
"Meine ist leer!", verkündete ich und legte wieder einen Zahn zu.
"Meine auch!", sagte Pfanne und warf das Gewehr, um schnell hinter den Jungs herzurennen. Leider wurde unser Fluchtplan aufgehalten, denn auch aus der anderen Richtung kamen uns unzählige Cranks entgegen.
"Was machen wir jetzt?", fragte Pfanne panisch. Erst jetzt, da wir auf der Stelle standen, fiel mir der modrige Geruch im Tunnel auf. Es roch nach verbranntem, verfaultem Fleisch, das an den Körpern der Cranks so vor sich hinrottete. Angewidert runzelte ich die Nase und blickte zu Newt. "Was tun wir?"
Er blickte mich panisch an und zum ersten Mal wusste auch er keinen Ausweg. Die Herde Cranks kam von beiden Seiten immer näher. Sie ahnten, dass sie uns jetzt in der Falle hatten und das es eine ausweglose Situation war.
Doch gerade als ich alle Hoffnung aufgeben wollte, schallte ein lautes Hupen durch die warme, erstickende Luft des Tunnels. Ehe wir uns versahen, fuhr ein Jeep wie unserer durch die Menge Cranks vor uns und begrub dabei einige von ihnen unter seinen Reifen.
Der Wagen hielt vor uns an und Brenda streckte den Kopf zum Fenster raus. "Springt rein!"
Erleichtert rannten wir zum Jeep, während Brenda auf die Cranks um uns herum feuerte.
Newt öffnete die Tür, ließ mich und dann Thomas einsteigen und schloss die Autotür hinter sich. Pfanne hatte sich auf dem Beifahrersitz eingefunden und auch Brenda saß am Steuer und in wenigen Sekunden lief der Motor. Mit voller Geschwindigkeit raste sie durch den Tunnel direkt in die Menge Cranks. Einige sprangen zur Seite, andere wurden durch den Impuls weggeschleudert. In der Ferne konnte man das Tageslicht auf der anderen Seite des Tunnels erkennen. Brenda drückte noch stärker aufs Gaspedal und somit ließen wir unzählige Cranks hinter uns. Wir durchfuhren einen kleinen Zaun und waren innerhalb weniger Sekunden auf der anderen Seite. Erleichtert atmete ich auf, als wieder Sonnenlicht durch die Fenster strahlte.
Ich blickte lächelnd zu Newt, der mit schmerzverzerrtem Gesicht seinen Unterarm hielt. "Bist du verletzt?"
"Nein, alles in Ordnung", erwiderte er und ließ seinen Arm los. "Deine Hände bluten."
"Das wird schon wieder", versicherte ich.
"Brenda, hast du Verbände und eine Pinzette?", fragte Newt nach, worauf Brenda nickte.
"Im Kofferraum."
Newt griff nach hinten und öffnete den kleinen Koffer, in dem einige Rollen Verbandmull waren.
"Brenda, was tust du überhaupt hier?", fragte Thomas verwirrt, etwas Wut war in seiner Stimme auch zu hören.
"Ich glaube, er wollte damit sagen: Danke, dass du uns den Arsch gerettet hast", warf Pfanne ein, worauf Brenda auflachte.
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Lost [Maze Runner - Minho - Run Band 2]
Fanfiction[2. Band zu "Run"] Es ist ein Jahr her, seit es den Lichtern gelang vor WICKED zu fliehen. Minho, der aufgrund seiner Verletzungen zurückblieb, ist in der Obhut WICKEDs. Als die Lichter zurückkehren, werden sie mit ihrer Vergangenheit konfrontiert u...