#47 Piano

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Mit einem erschöpften Seufzer schloss der junge Mann seine Wohnungstür auf, woraufhin er etwas ungeschickt hinein stolperte und den, sowieso schon unordentlichen, Teppich zusammenschob. Mit einem frustrierten Grummeln versuchte er das Stück Stoff wieder einigermaßen normal hinzulegen, was aber kaum was brachte. Letztendlich gab er es einfach auf und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Dann schälte er sich aus seiner dicken Winterjacke und hängte sie an dem Kleiderhaken auf, der neben dem Eingang befestigt war und schlüpfte aus seinen abgetretenen Anzugsschuhen. Den Job, der er betrieb, was wirklich unglaublich  nervenzerreißend und anstrengend. Jeden Tag musste er mit mehreren hundert Menschen reden, darunter waren viele furiose Senioren, vollkommen bescheuerte Teenager und viele andere Leute, die einem einen ganz normalen Tag einfach zur Hölle machten. Dauerhaft. Zusätzlich musste man auch noch die ganze Zeit stehen und deshalb verwunderte es den Mann nicht mehr, mit schmerzenden Beinen und Füßen nach Hause zu schlurfen. Um endlich aufzuhören, über seine nervige Arbeit zu denken, ging der junge Erwachsene ins Badezimmer, zog sich aus und stieg in die Dusche. Er stellte das Wasser auf lauwarm und ließ es mit einem entspannen Lächeln auf sich herunter prasseln. Es war angenehm, nach solch einem anstrengenden Tag einfach eine ordentliche Dusche zu nehmen und alle negativen Gedanken zu verscheuchen. Als er fertig war, band er sich ein Handtuch um seine Hüfte und lief in sein Schlafzimmer, wo er sich neue Unterwäsche, eine lockere Jogginghose und ein einfaches graues T-Shirt heraussuchte. Daraufhin lief er in Richtung Wohnzimmer. Als er in das relativ große Zimmer eintrat, sah er als erstes sein Klavier. Er konnte es nicht verhindern, wie sich ein freudiges Grinsen auf seinen Lippen bildete. Sofort ging er auf das elegante Instrument zu und setzte sich auf den einzigartigen Sitz. In dem Moment wo er sich setzte, schon begann er zu spielen. Es fühlte sich wirklich wunderbar an und er konnte wirklich alle Emotionen raus lassen. Nach mehr als zwanzig Minuten hörte er auf zu spielen und starrte voller Verwunderung auf die Uhr. Wow! Er hatte wirklich unglaublich lange gespielt! Es hatte sich wie fünf Minuten angefühlt aber es waren viel mehr! Er stand auf und machte sich auf den weg in die Küche, da sein Magen schon verdächtig grummelte. Aber da sein Kühlschrank verdächtig leer aussah und er nicht besonders viel Lust hatte, jetzt noch zu einem Supermarkt zu laufen, so bestellte er sich eine Pizza die auch dreißig Minuten später ankam.

Als er den leeren Pizzakarton in den Müll warf, musste er kräftig gähnen. Das war für ihn das Zeichen, dass er ins Bett musste. Also machte er sich auf den Weg ins Bad und putzte sich schnell die Zähne, wobei er nicht besonders aufpasste ob er es ordentlich machte oder nicht. Zufrieden seufzend kuschelte er sich unter seine Decke, nachdem er überall in seiner Wohnung das Licht ausgemacht hatte und schloss die Augen. Nach nur wenigen Minuten schlief er ein und wurde von gemütlicher Dunkelheit umschlossen.

Er wachte auf. Sein Blick huschte unruhig durch sein finsteres Zimmer. Irgendetwas hatte ihn geweckt aber wusste er nicht was. Noch nicht. Langsam setzte er sich in seinem Bett auf und seltsamerweise war ihm plötzlich unglaublich warm, weshalb er nebenbei die Decken von seinem Körper trat und erleichtert aufatmete, als ihn die etwas kühlere Luft seines Zimmers erreichte. Er rieb sich die Stirn. Weshalb wohl war er auf einmal aufgewacht? Er biss sich leicht auf die Unterlippe, als er etwas hörte. Etwas, was ihm eine Gänsehaut auf dem kompletten Körper bereitete, etwas, was sein Herz für einige Augenblicke still stehen lassen ließ. Sein Klavier. Sachte Töne wurden gespielt, sodass sie letztendlich eine Melodie formten. Eine, die unheimlich klang, den hohen, energischen Geigenspielchen in Horrorfilmen glich. Seine Gänsehaut wurde stärker und ihm blieb der Atem in seinem Hals stecken. Er hustete leise und schlug sich direkt danach die Hand vor den Mund. Es war ein Räuber in seinem Haus. Ein Einbrecher, ein Mensch, der hier eigentlich nicht sein sollte. Er sollte keine Geräusche machen. Vielleicht könnte er sterben! Hunderte unschöne Gedanken durchquerten seinen Kopf. Aber Neugier erfüllte ihn. Langsam stand er auch und machte sich mit lautlosen Schritten auf den Weg zu der Zimmertür, die nur einen Spalt geöffnet war. Mit einem leisen Knarzen schob er sie auf und in dem Moment schien dieses leise Geräusch so laut, wie als ob jemand ein Fenster einschlagen würde. Es war schrecklich. Vorsichtig huschte der junge Erwachsene den Flur entlang, bis er beinahe am Wohnzimmer ankam. Das Zimmer, in dem das Klavier stand. Sein Herz schien ihm beinahe aus der Brust zu springen und er hasste es, aber dennoch tat er den Schritt, den er nicht hätte tun sollen. Das Wohnzimmer wurde vom purem Mondlicht durchflutet, da die Nacht überraschend klar war und alles dadurch nur noch gespenstiger aussah. Aber das schlimmste war das Klavier. Nein, nicht das Klavier an sich, sondern der Stuhl. Er war nicht leer. Etwas saß dort drauf. Es war klein, schien aus Holz gemacht und das einzige was sich bewegte, was die kleine Hand, die immer wieder auf den gleichen, schrecklich hohen, Ton drückte. Der Mann konnte sich nicht bewegen, als der die Puppe sah. Plötzlichen hörte das Spielzeug auf, Klavier zu spielen und es war totenstill im Raum. Die Stille war so unglaublich laut. Von der einen Sekunde auf die andere war der Kopf der Puppe komplett gedreht und riesige hellorangene Punkte leuchteten dort, wo eigentlich die Augen des Spielzeugs waren. „Ich liebe es Klavier zu spielen. Du auch, nicht?", waren die letzten Worte, bevor der Mann die Augen verdrehte und auf die Boden fiel. „He he he", kicherte die Puppe leise und drückte noch auf einige Tasten. „Ich liebe das Klavier einfach".

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