Lilith frohlockteinnerlich. Sie hatte sich in die tiefsten Tiefen der Höllezurückgezogen, um ungestört zu sein. Die Beine angezogen hockte sieauf einem Sessel und beobachtete das Mädchen mit den blonden Locken,das wie eine Katze zusammengerollt vor dem Kamin lag und seinegroßen, grauen Flügel wärmte.
Für wenigeKreaturen, die sie hervorgebracht hatte, hatte Lilith bisher so etwaswie Zuneigung empfinden können. Ihr ewig andauernder Kampf gegenGott und den Himmel hatte sie stumpf werden lassen; ihre Emotionenverwoben sich zu einem grauen Schleier, bis sie schließlichentschieden hatte, gar nichts mehr zu fühlen.
Doch mit der Vanthwar es anders. Sie war ein Kind, das aus Liebe entstanden war. DerVerrat ihres Vaters hatte nicht nur das Leben der Kleinen, sondernauch Liliths eigenes zerstört. In dem Moment, in dem sie etwas Glückin ihr Leben gelassen hatte, kam Jahwe und riss es wieder von ihr.Dieser alte Mann dachte wirklich, er könnte sich alles erlauben.
Eine gespalteneZunge schnellte zwischen ihren Lippen hervor. Sie nahm den Geruch desKaminfeuers auf, der sich mit dem Gruftgestank aus Vanths Flügelnmischte. Ihre Tochter bewegte sich im Schlaf, ohne aufzuwachen.Lilith hätte für immer hier sitzen und das Mädchen beobachtenkönnen, über es wachen.
Aber sie hatteandere Pläne. Sie würde Jahwe für Seine Verbrechen bluten lassen.Mit Hilfe des Himmlischen Feuers würde sie den Himmel zerstören,die überlebenden Engel zusammentreiben und dann vor den Augen Gotteseinzeln töten. Und erst, wenn die vollkommene Vernichtung in GottesGesicht zu sehen wäre, würde sie dem alten Mann den Gnadenstoßerteilen.
Sobald die Engelausgelöscht wären, stünde den von Satan stammenden Dämonen derWeg in die Menschenwelt offen. Es würde vielleicht einige Monateoder Jahre dauern, bis die Menschheit von der Übermacht hungrigerDämonen ausgelöscht wäre, aber Lilith konnte warten. Im Gegensatzzu den von ihr geschaffenen Dämonen ernährten sich die AbkömmlingeSatans ausschließlich von Menschen- oder Engelseelen.
Sobald dieMenschheit vernichtet wäre, stünden die Dämonen vor dem Problemmangelnder Nahrung. Zwar konnten sie nicht verhungern, aber die Giernach Seelen würde sie wahnsinnig übereinander herfallen lassen. Indiesem geschwächten Zustand wäre es der Dämonenmutter einLeichtes, sie alle nacheinander zu vernichten, bis nur noch sie undihre Tochter Erinnerungen an die vergangene Existenz Gottes und derEngel in sich tragen würden.
Der Tag, an dem dieDämonenmutter eine neue Ära mit neuen Dämonen begründen würde,stand bevor. Liliths gespaltene Zunge zog sich wieder in ihren Mundzurück, als sie siegesgewiss grinste.
Inzwischen fühlteTheliel sich bereits sicherer, wenn er den Tempel im Zentrum desHimmels betrat. Vor einer langen Zeit – sogar noch lange vorLucifers Verrat – war er angeblich von hohen Mauern umgebengewesen, damit Gott sich in Ruhe Seiner Aufgabe widmen konnte, dieErde zu erschaffen. Doch diese Mauern waren niedergerissen worden,damit der Herr Seine Aufmerksamkeit wieder auf den Himmel richtete.
Die Thronenengel inihren prächtigen, mit Spitzen und Details versehenen Rüstungenließen ihn ohne eine Regung passieren, als er Zugang zumArbeitszimmer des Herrn verlangte. Ihre Blicke unter den Helmen warenstarr nach vorne gerichtet und ihre Flügel klappten einladend zurSeite, als Theliel die Hand nach dem Türgriff ausstreckte.
Zum ersten Mal saher das Arbeitszimmer Gottes bei Tag. Es war von Licht durchflutet,wobei der Herr selbst mit dem Rücken zur Balkontür saß, um nichtvon der Sonne geblendet zu werden. Auf diese Weise konnte er außerdemjeden Eintretenden sofort sehen.
Theliel verbeugtesich tief, beim Anblick seines Schöpfers noch immer von Ehrfurchtergriffen. Er saß in einer schiefen Haltung an Seinem Schreibtisch,einen Stift vergessen in der reglos über dem Papier schwebenden,rechten Hand. Theliels Eintreten schien Ihn aus einem Gedanken zureißen, doch als Er den kleinen Engel erblickte, lächelte Ererfreut.
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LUCIFER - Morningstar
Fantasy[ABGESCHLOSSEN] Die Hölle hat den Krieg gegen den Himmel verloren. Lucifer ist in die Gefangenschaft Gottes geraten, als eine unerwartete Verbündete aus längst vergangen Zeiten sich erhebt und die Erfüllung ihres Paktes fordert. Während Theliel vers...