Kasdeya Elathanbewahrte Lucifer vor den ersten, wutgetriebenen Schlägen derDämonenmutter. Er tänzelte rückwärts, wobei er darauf achtete,nicht über die Grabsteine gefallener Helden zu stolpern, währendLilith ihn verfolgte. Jeder ihrer Schritte zog eine Spur ausverdorrtem Gras und Zerstörung hinter sich her.
In Lucifers Ohrenrauschte das Blut und der Kampfgeist. Knurrend holte er zumGegenangriff aus, doch Lilith wich blitzschnell zurück. Ihredämonische Energie waberte um sie herum, verdichtete sich um ihreFinger und formte einen schwarzen, mit Dornen besetzten Handschuh.
„Du hast dich fürdie falsche Seite entschieden, Morgenstern!", grollte sie mehr zusich selbst als wirklich zu Lucifer.
Die beidenKontrahenten umrundeten einander. Beide waren sich der Tatsachebewusst, dass sie einander nicht näher kommen konnten, ohne Schadeneinstecken zu müssen. Mit Liliths dunkler Macht in Berührung zukommen, wäre Lucifers Verhängnis, doch umgekehrt mied dieDämonenmutter auch den Radius des Schwertes.
Der Höllenkönigreagierte nicht auf Liliths Provokationen. Seine Konzentration warauf ihre nun gepanzerten Hände gerichtet, die ihm jederzeit denTodesstoß versetzen könnten. Und plötzlich drängte sich Michaelin seine Gedanken.
Sein Duft hingLucifer in der Nase und überdeckte sogar den Gestank nach Schwefelund verbranntem Fleisch. Beinahe hätte Lucifer seine Gegnerin ausden Augen gelassen, um sich nach Michael umzusehen, doch er fing sichgerade noch rechtzeitig, um Liliths Angriff auszuweichen. KasdeyaElathan zog seinen Arm in einen Gegenschlag, der die Dämonenmutterjedoch nur streifte.
Rasend vor Zorn wichsie zurück, ihre Augen funkelten, als sie Pachriel fixierte. DieThronenengelin stieß sich in die Luft und empfing Liliths Vorstoßmit einem Schwerthieb. Die Klinge drang wenige Zentimeter in dieSchulter der Dämonenmutter ein, bevor Lilith die Engelin packen undzu Boden reißen konnte.
Lucifer wusste, dasses eine Falle war, und er hatte nicht vor, sehenden Augeshineinzustolpern. Daher hielt er Abstand von den beiden kämpfendenFrauen und sah stattdessen zu, wie das Himmlische Feuer aufloderteund sich wie ein tollwütiger Hund unter Theliels Anleitung aufLilith stürzte.
Die Gelegenheitnutzend setzte Lucifer sich wieder in Bewegung. Er konnte den Momentnutzen, in dem die Dämonenmutter damit beschäftigt war, ihreGegnerin zu zerfetzen und gleichzeitig das Himmlische Feuerabzuwehren. Außer Kasdeya Elathan schien es nur das Feuer zu sein,das sie verletzen konnte.
Liliths Schweifschnellte hervor. Noch ehe Lucifer ihn erfassen konnte, hatte er sichbereits in dessen Bauch gebohrt und den Höllenkönig für einenMoment mit der Frage hinterlassen, was ihn getroffen hatte. Mitungeheurer Kraft wurde Lucifer vom Boden gerissen und an derschmerzenden Bauchwunde in die Luft gehoben.
Die dunkle Energie,die Lilith bisher umgeben hatte, mischte sich nun mit seinem Blut,das seine Kleidung tränkte, und sickerte in die Wunde. Das Brennendes Himmlischen Feuers war eine Qual gewesen, doch Lucifer hätte sietausendfach gegen das eingetauscht, das Lilith ihm antat.
Sein ersterSchmerzenslaut war nicht mehr als ein ersticktes Röcheln. SeinKörper wand sich in spastisches Zuckungen, während das Gift inseine Wunden lief. Unfähig, die Kontrolle über seine Glieder zubehalten, ließ Lucifer das Schwert fallen. Der dumpfe Laut, mit demes ins verdorrte Gras fiel, klang unglaublich laut in seinem Schädel.
Ohne jeglicheKörperspannung fiel sein Kopf in den Nacken. Arme und Beine gabendas unkontrollierte Zucken auf und erschlafften. Das rote Glühenseiner Augen trübte sich und verblasste dann, um einem intensivenViolett Platz zu machen.
Lucifer starrte inden Abendhimmel hinauf, das perfekte Orange des Sonnenuntergangs. Dererste Stern zeichnete sich schwach gegen das sterbende Tageslicht ab.Ein Stern, der am hellsten strahlte, wenn es um ihn herum dunkelwurde. Der Morgenstern.
Das Himmlische Feuerunter Kontrolle zu halten, kostete Theliel all seine Konzentration.So heftig hatte er sich auf die Unterlippe gebissen, dass er Blutschmeckte. Der metallische Geschmack trübte seine Sinne und ließihn schwanken. Die Welt um ihn herum schien nur noch aus Hitze undRuß zu bestehen.
Getrübt durch dasHitzeflimmern konnte er beobachten, wie Lilith, deren Körper bereitsin Flammen stand, Lucifer aufspießte, doch die Erkenntnis, was dasbedeutete, erreichte seinen Geist nicht. Er wusste nur, dass erhelfen wollte, aber alles war träge und schwer.
Irgendwo riefPachriel, aber auch ihre Worte erreichten ihn nicht. Theliel war Einsmit dem Feuer, das unter seinen Händen tänzelte. Seine Welt war aufHitze und Rauch zusammengeschrumpft.
Die Flammenverzehrten Liliths Beine und ihren Rumpf. Theliel konnte zusehen, wieihre Haut Blasen warf und sich zu einer schwarzen, breiigen Masseauflöste. Ihre Beine gerieten ins Wanken, ihr Gesicht war längstverkohlt, doch der Mund war weit zu einer Fratze aufgerissen. Dannendlich knickte sie ein und gab Lucifer frei.
Für einen kleinenMoment schien sein Körper in der Luft zu schweben. Der Rauch desHimmlischen Feuers formte ein gewaltiges Paar Flügelhinter ihm. Jede Feder war in perfekten Details sichtbar, die starkenFlügelbögen wölbten sich unter seiner Macht. Doch der Momentdauerte nicht einmal einen Wimpernschlag an.
Mit einemunerträglich dumpfen Geräusch schlug Lucifer auf den Boden auf, dieArme von sich gestreckt, sodass er beinahe gekreuzigt aussah.
Mehr Blut sickertein Theliels Mund, als er sich auf die Lippe biss. Das HimmlischeFeuer bog und sträubte sich, als er es in Michaels Grabzurückscheuchte, aber es folgte den Befehlen des Engels. Schweißklebte seine Tunika an seine Haut, als es ihm gelungen war, die Waffewieder zu versiegeln.
Ruß schien seineLunge komplett auszufüllen. Der Hustenreiz trieb ihm die Tränen indie Augen. Dennoch wankte er unerschütterlich zu Pachriel. Etwasbenommen wirkend saß sie auf dem Boden, eine Hand auf die Wundegedrückt, die Lilith ihr geschlagen hatte, doch die Thronenengelinbedeutete Theliel nur mit einem Kopfnicken, sich stattdessen Luciferzu widmen, dessen Blut das verdorrte Gras tränkte.
Er fiel neben demHöllenkönig auf die Knie. Seine Stimme zitterte unkontrolliert.
„Lucifer?"
Die violetten Augenöffneten sich beinahe mechanisch, doch Lucifers Blick fokussiertesich sofort auf Theliels Gesicht. Ein erfreutes Lächeln erschien aufseinen Lippen und er zuckte, als wollte er einen Arm heben, könnteaber nicht die Kraft dazu aufbringen.
„Ich komme zudir", murmelte er im Delirium. Jedes Wort ließ seinen Bauchraumleicht erzittern und sorgte dafür, dass noch mehr Blut aus ihm lief.Seine sonst weiße Weste durchzog nun ein schwarz-rotes Muster ausRuß und Blut.
Mit einem Schluchzenergriff Theliel die eiskalte Hand des Höllenkönigs und drückte sieso fest, dass es wehtun musste. Er wollte einige tröstliche Worte anLucifer richten, ihm versprechen, dass alles in Ordnung wäre. Aberes wäre eine zu offensichtliche Lüge gewesen.
Theliel sah, wiesich Lucifers Brustkorb hob. Sein letzter Atemzug enthielt ein Wort,nicht mehr als ein Hauch eines Namens, bevor die violetten Augen sichtrübten und starr wurden, doch Theliel verstand selbst dies und seinHerz zog sich zusammen.
„Michael..."
Das hier ist das letzte richtige Kapitel. Es folgt noch ein Epilog und einige kleine Hintergrundinformationen.
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LUCIFER - Morningstar
Fantasi[ABGESCHLOSSEN] Die Hölle hat den Krieg gegen den Himmel verloren. Lucifer ist in die Gefangenschaft Gottes geraten, als eine unerwartete Verbündete aus längst vergangen Zeiten sich erhebt und die Erfüllung ihres Paktes fordert. Während Theliel vers...