Kapitel 9 | Daelar Sonnenläufer

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"Merkwürdig..." Ori sah sich um. "Er ist nicht mehr hier..."
Dabei stand er sonst stundenlang am selben Ort.
Alle fragten sich warum, doch Ori wusste es.
Nimrida verführte ihren eigenen Meister und stattete ihn mit Runen aus, die ihm die Kontrolle über seinen eigenen Körper verweigerten.
Es war sogar möglich, dass die von ihm gesprochenen Worte aus dem Mund des Sukkubus kamen, nicht aus seinem.
"Das macht ihn zu verdächtig...", meinte Offizier Sonnenläufer und befahl seinem Drachenfalken, die Gasse abzusuchen. "Wir sollten nach ihm fahnden...innerhalb von wenigen Minuten verschwindet doch keiner..."
Sein Drachenfalke kehrte zurück, stupste ihn an und führte den Waldläufer zu einer Ecke.
Teuflische Energie pulsierte dort.
Ganz offensichtlich ein Portal, das ihn in ein Versteck teleportiert hatte.
"Verzeiht, Milady, aber diesem Keyanomir muss man nachgehen." Entschuldigend sah er zu ihr und hielt seine Hand vor den Rest Energie.
Er konzentrierte sich auf etwas und die Energie begann zu knistern...bevor sich ihre letzte Hoffnung mit einer Stoßwelle, die sie nach hinten schleuderte, verabschiedete.
"Verdammt!", entfuhr es dem Waldläufer, der offenbar mit den teuflischen Energien bewandert war.
Er kam mühelos auf die Beine und half Ori, die dank der sehr realistischen Illusion ihrer Plattenrüstung Schwierigkeiten damit hatte.
"Das war dann wohl für die Katz'...", seufzte Ori und sah zu ihm hoch. Zum ersten Mal sah sie seine erstaunlicherweise türkisen Augen. "Und was nun?"
"Es ist spät, Milady, und Euer Orden scheint nicht von hier zu sein." Er schien zu überlegen. "Vielleicht kann ich Euch ein gutes Gasthaus zeigen und eine Runde ausgeben, als Entschädigung für Eure weite Reise."
"Wie könnte ich sowas abschlagen?" Ori grinste schief.
Auch der Offizier lächelte. "Nun denn, Milady, folgt mir einfach. Es ist gleich dort drüben."
Ori spähte an seinem muskulösen Körper vorbei.
Tatsächlich.
Die saphirblauen Vorhänge verrieten das Gebäude.
"So nah? Bevorzugt Ihr nicht das andere Gasthaus?", fragte Ori überrascht.
"Nein, Kellermeister Sonnentropfens Sonnentropfen sind die besten.", grinste Offizier Sonnenläufer. "Aber das bleibt unter uns. Alkohol ist nur selten gestattet."
"Ich schweige wie ein Grab.", versprach sie.
Der Offizier grinste und schob die Vorhänge zur Seite und bat sie mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen, welches sie schon an Senzajin erinnerte, als erste hinein zu gehen.
Amüsiert lächelnd folgte sie seiner Aufforderung und wartete hinter den blauen Vorhängen auf ihn.
Er sagte seinem Drachenfalken noch, wohin er gehen sollte, dann folgte er ihr.
Seine im nun dunklen Gang leuchtenden Augen zogen Ori schon fast magisch an.
"Ihr müsst doch nicht warten, Milady.", winkte er ihre Worte ab, bevor sie auch nur den Mund öffnen konnte.
"Ich fühle mich wohler, wenn Ihr vorgeht, Milord." Sie lächelte schief.
Der Offizier zuckte lächelnd mit den Schultern und ging vor.
Im warmen Inneren angekommen sah Ori, dass nur wenige Leute hier saßen.
Außerdem wurde Offizier Sonnenläufer sehr freundschaftlich willkommen geheißen.
"...gehen aufs Haus.", grinste der rothaarige Blutelf hinterm Tresen gerade.
"Na, wenn du das schon so sagst..." Offizier Sonnenläufer grinste ebenfalls und nahm zwei große Becher des güldenen Getränks entgegen. "Vielen Dank, mein Freund."
Sein Blick fiel auf Ori und sie legte den Kopf schief, als er sich nicht bewegte und ihr in die Augen starrte.
Fast befürchtete sie, er hätte durch ihre Illusion gesehen.
Doch dann lächelte er. "Ihr erinnert mich an jemanden, Milady. Verzeiht mein Starren, ich war nur überrascht."
"Überraschung ist jedermanns Recht, macht Euch keine Sorgen." Ori tippte sich kurz ans Kinn. "An wen erinnere ich Euch denn, wenn mir die Frage gestattet ist?"
"Ganz einfach und simpel. Ori Leerenlicht von den Ungekrönten." Er zog kurz die Augenbrauen zusammen. "Es wundert mich, dass gerade sie noch nie in Silvermoon war, um die Tatorte zu untersuchen...sonst ist sie die erste."
"Ihr sprecht von meiner Schwester." Ori tat glücklich, doch sie verspürte einen Stich im Herzen, als sie daran dachte, dass Dhania stets glücklich über sie geredet hatte. "Nicht, dass ich Leerenlicht heiße, schließlich hat sie sich den Namen selbst gegeben."
"Ihr eine Paladin und sie eine Assassine?" Der Offizier sah erstaunt aus. "Bedauert Ihr ihren Weg nicht manchmal?"
"Oh, der Hintergrund ist einfach..." Ori sah sich um und entdeckte eine freie Bank mit Tischchen und setzte sich erst. "Ich erzähle es Euch gerne." Er setzte sich, gab ihr einen Becher und sah sie erwartungsvoll an. "Ich bin zwar nicht sicher, wo ich anfangen soll, aber ich denke, mit meinen Eltern könnte ich beginnen. Ihr kennt sicher Arator?"
"Nur zu gut. Was ist mit ihm?"
"Er ist mein Bruder."
Offizier Sonnenläufer schwieg.
Nach einer Weile schüttelte ungläubig den Kopf. "Das kann nicht sein, die zwei haben ganz sicher nur ein Kind und das ist Arator."
"Das wurde gesagt, ja." Ori lächelte schwach. "Aber was, wenn ich sage, dass ich nach meiner Geburt auf der Hellfire Peninsula ausgesetzt wurde, um dort getötet zu werden?"
"Ihr wurdet was?!" Der Waldläufer machte große Augen.
"Ja, aber da muss man mehr erklären. Diese...Tatoos..." Sie hob eine Hand und strich über ihre Wange. "...sind Fluchmale der Leere. Turalyon ist ein Paladin und konnte mich so nicht akzeptieren. Also setzte er mich aus. Einerseits verdanke ich dem Fluch mein Leben und auch den Fund meiner Schwester, die ähnliche innere Makel aufwies, andererseits zerfrisst er meine Seele." Sie holte tief Luft. "Seht, ich lächele, aber ich tue dies nicht, weil ich mich so fühle, sondern weil ich denke, ich müsste das tun."
Der Elf neben ihr schwieg erschüttert.
'Wenn du nur wüsstest, wie Dhania gestorben ist...', wollte Ori schon fast sagen, verkniff es sich jedoch im letzten Moment.
"Nun..." Unbeholfen versuchte er, das Thema zu wechseln. "Jetzt kenne ich die Namen Eurer Familie, aber Euren noch nicht."
"Dhania. Ich streiche das Windläufer lieber weg." Sie lächelte schwach. "Und der Eure?"
"Oh, ja, verzeiht..." Er lachte verlegen. "Waldläufer Daelar Sonnenläufer, Milady. Stets zu Diensten.", fügte er schelmisch zwinkernd hinzu. "Für unsereins noch recht jung, ich lebe erst seit einundzwanzig Jahren."
"Ich erst seit..." Ori erinnerte sich an ihre Rolle. "...so ungefähr eintausendzwei Jahren..."
"Oh, dann seid Ihr wohl sehr wissend.", scherzte Daelar.
"Das wage ich zu bezweifeln." Ori grinste. "Vor den paar Jahren sah alles anders aus."
"Das glaub ich gern.", grinste Daelar und nahm ein paar Schlucke seines Alkohols.
Ori tat es ihm nach und dann versanken sie wieder in ihre Gespräche.

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