Der Mann schlenderte zu Tyler rüber, während der sanfte, unheimliche Klang von Beethoven den geräumigen Raum erfüllte.
Tyler war wieder vor dem Schminktisch, starrte mit blutunterlaufenen, glasigen Augen in den Spiegel. Er wandte seinen Blick dem Mann zu, der seine Farbe zusammenlegte.
"Das Puppenmädchen ist voller Hoffnung, oder?", fragte der Mann, während er seinen Kopf schüttelte und einen Schminkpinsel aus einer kleinen Tasche nahm.
Tyler war immer noch überrascht von dieser Wendung, aber um ehrlich zu sein, konnte er es Emily nicht verübeln. Sie war verzweifelt und wollte überleben.
Tyler legte seinen Kopf in den Nacken und starrte die Decke an. Schimmel war über die ganze Fläche sichtbar.
"Ich habe ihr nur gesagt, dass sie ihren verdammten Mund halten soll. Ich werde noch ganz krank von ihrem Weinen und Wimmern.", sagte der Mann beiläufig. "Sie hält nie die Klappe!"
Tyler wusste das.
Der Mann griff mit seinen großen Händen nach Tyler's Kopf und brachte ihn in die richtige Position und hielt dann den Schminkpinsel zwischen zwei Fingern. Seine dunklen Augen starrten fest in die von Tyler, schienen jeden Fleck blau darin zu studieren.
"Es ist mir ein Rätsel, wie schnell mein Pupppenmädchen einen solch wunderschönen Jungen wie dich hintergehen konnte."
Tyler's Brust begann zu beben und er starrte den Mann mit weit geöffneten Augen an. Seine Lungen ließen sich nicht mit genug Sauerstoff füllen und er fing an zu hyperventilieren, als die betonten Wörter die Lippen seines Entführers verließen.
"Wenn du auch nur daran denkst zu weinen, während ich dich schminke, wirst du schlimmere Schmerzen erleiden als beim Auspeitschen.", warnte der Mann und Tyler seufzte leise.
"Die Tränen würden nur dein Make-Up ruinieren und ich müsste alles noch ein Mal neu machen und dann wäre es nicht mehr so perfekt, wie beim ersten Mal und das würde mich frustrieren und das würde eventuell einen brutalen, qualvollen Tod für dich bedeuten. Es ist also deine Entscheidung.", drohte der Mann weiter.
Tyler starrte auf den Boden.
"Und wenn ich dieses Klebeband entferne, wirst du weder reden, noch protestieren, ist das klar?", fragte der Mann, seine Finger spielten mit der Ecke des Klebebandes.
Als Tyler nicht antwortete, fing der Mann an boshaft zu lachen. "Ist das klar? Komm schon, Puppenjunge, ich muss mich noch um mein Puppenmädchen kümmern. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit, das Publikum wartet!", schrie er plötzlich und Tyler konnte sich die Menge an Speichel vorstellen, die an der Innenseite seiner Maske kleben musste.
Tyler nickte gehorsam. Schon wieder.
Das Klebeband wurde harsch von seinen Lippen gezogen, weswegen er aufstöhnen musste. Gleich darauf schmierte der Mann ihm kalte Farbe in sein Gesicht.
Er versuchte sich auf die Musik im Hintergrund zu konzentrieren, um sich davon abzulenken, dass die schwarzen Augen des Mannes sein Gesicht ununterbrochen fokussierten.
Nach kurzer Zeit fing das sanfte Streichen des weichen Pinsels auf seinem Gesicht an Tyler zu beruhigen. Noch vor paar Minuten- Oder waren seit dem schon Stunden vergangen? - hatte Tyler panische Angst vor dem, was ihn erwarten würde. Er erinnerte sich an sein rasendes Herz und daran, dass seine Augen den Raum nach einem Ausgang absuchten.
Würde jetzt eine Tür aufgehen und ihm die Chance geben, zu fliehen, könnte er sich nicht vorstellen, diese Möglichkeit zu nutzen. Er war zu schwach, zu kaputt und bei jeder verstreichenden Sekunde wünschte er sich den Tod. Zu fliehen war keine Priorität mehr.
"Beware the stare of Mary Shaw,", hörte Tyler den Mann auf einmal singen, während er Tyler's Lippen mit einem dünnen Pinsel umrandete. "She had no children, only dolls."
Tyler bekam eine Gänsehaut, weil er so grausame Worte mit einer so ruhig, sanften Stimme sang. Der Kälte des Raums nagte an seinem nackten Oberkörper und verstärkte sein Zittern.
"If you see her in your dreams, be sure you never, ever scream.", sang der Mann weiter, mit einem Glitzern in seinen Augen. Seine Augen fielen nach hinten, nach dem er beim Anblick seines Puppenjungens tief und ausgiebig stöhnte.
"Könnten Sie bitte aufhören?", fragte Tyler und versuchte so nett und sanft zu klingen, wie nur möglich um den Mann nicht zu verärgern. "Ich... ich meine... ich wollte...", seine Stimme war nichts weiter als ein Krächzen, kaum hörbar, aber der Mann schien ihn laut und deutlich zu verstehen. "Ich würde mir gerne die Musik im Hintergrund anhören."
"Wieso, genießt du meinen Gesang etwa nicht? Ist es das?", brüllte der Mann.
"Nein, ich... es ist nur..."
Tyler schüttelte seinen Kopf und gab auf. Er fühlte den Schminkpinsel wieder an seiner Haut.
Der Mann beugte sich nach vorne und presste Tyler einen feuchten Kuss auf seine Wange.
"Okay, ich höre für dich auf zu singen. Ich liebe dich so sehr, Puppenjunge."
Tyler konnte nicht antworten, er zu schwach um zu reagieren. Seine Kehle war zu trocken und er stellte sich vor, dass wenn er den Mann stark genug verärgerte, er ihn vielleicht umbringen und endlich erlösen würde.
"Sag, dass du mich auch liebst! Sag es!", schrie der Mann wieder plötzlich und brachte Tyler somit zum Zusammenzucken. "Ich gebe mir solche Mühe nicht auszuflippen."
Er warf den Pinsel auf den Boden und raufte sich seine kurzen Haare, atmete tief ein und aus. "Sag es jetzt!"
Tyler ignorierte ihn und ließ seine Augen geschlossen. Das war's. Wenn er sich doch nur zwingen konnte, seinen instinktiven Willen zu überleben, ignorieren zu können, würde er endlich von diesem Leid befreit werden können.
"Sag mir, dass du mich liebst!", schrie der Mann wieder. "Sieh dir doch an, was du wieder anrichtest!", schrie er aufgebracht, seine Stimme zitterte vor Wut und er fing an seinen Kopf zu schütteln; Tyler nahm an, er tat es um sich zu beruhigen. "Du machst mich böse! Du tust mir das an!"
Unerwartet griff er nach Tyler's betäubtem Handgelenk und brach es mit aller Kraft durch, beide hörten sie das Knacken. Es war so laut, dass es die Musik übertönte. Doch Tyler weigerte sich zu reagieren- er starrte nur sein deformiertes Handgelenk an und atmete flach.
Dies ärgerte den Mann offensichtlich, denn er hatte eine Reaktion erwartet, also packte er Tyler am Hals und übte mit seinen dicken Fingern Druck aus. Er drückte zu mit einem süffisantem Grinsen im Gesicht und beobachtete Tyler, wie er sich unter seinem Griff wandte.
Tyler bekam keine Luft. Er wollte die Hand des Mannes wegschlagen, aber er hat keine Kontrolle über seine Arme, also bewegte er seinen Oberkörper hin und her und versuchte sich so aus dem Griff zu befreien- doch vergeblich.
"Sag es, sag es jetzt!", schrie der Mann, verstärkte weiter den Griff.
Tyler versuchte an Luft zu gelangen, presste seine Augen zusammen. Eine Träne der Verzweiflung rollte seine Wange hinunter, doch das regte den Mann nur noch mehr auf.
"Du scheiß- du... du hast dein Make-Up zerstört!", schrie er wieder, seine Stimme brach, als er auch seine zweite Hand hob und Tyler's Hals damit umfasste.
Tyler spürte seinen Körper zucken, als der Mann noch fester zugriff.
Er fing an kleine Sterne zu sehen, die vor seinem Auge tanzten, er fing an sich zu entspannen, die ganze Anstrengung weichte auf einmal von ihm und er verspürte nicht mehr den Drang weiter zu kämpfen. Er glitt vom Stuhl und seine Augen schlossen sich sanft, als sein Kopf taub gegen die weiß hervorstehenden Handknöchel des Mannes prallte.
Schwarz-

DU LIEST GERADE
Puppet Boy [Deutsch]
Horror"Mein wunderschöner Puppenjunge und mein wunderschönes Puppenmädchen." Zwei Jugendliche, ein Junge und ein Mädchen, finden sich eingesperrt in dem Lager eines verrückten Mannes wieder, der besessen von menschlichen Puppen ist. ... Original von: z0m...