5.

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DER MANN verließ den Raum für ein paar Minuten und ließ sie alleine vor dem Publikum, bestehend aus den Puppen, nach dem ihre Gliedmaße vollständig taub waren.

Tyler's Kopf fiel zur Seite, ruhte auf seiner Schulter. Er wollte weinen, er wollte schreien und den kranken Mist und die psychopathischen Ideen aus dem Mann prügeln, der ihnen das alles antat, aber er konnte nicht. Er war viel zu betäubt, von Sekunde zu Sekunde wurde er schwächer, physisch, wie auch psychisch. Sein Wille zu überleben war dabei sich zu verringern.

Sein Blick streifte wieder über das Blut, welches an die Wand gespritzt wurde. Er hatte das Gefühl, dass er das selben Schicksal erleiden musste, doch bis jetzt war ihm noch nicht klar, was aus ihm werden würde. Emily dachte sicherlich das selbe, denn sie weinte wieder neben ihm.

Sie erinnert Tyler an ein Rehkitz; ihre Augen waren ständig weit geöffnet und ihr Weinen klang sanft und weich.

"Tyler, wir werden sterben.", sagte sie dann auf ein Mal, ihre Stimme zitterte.

Dieses Mal widersprach er nicht.

"Ich weiss."

Seine Worte brachen wieder den Damm. Sie weinte schrecklich und brachte somit seinen Kopf zum pochen. Die Tatsache, dass der Optimist dem Pessimist zustimmte machte das ganze noch viel unerträglicher, machte die Realität noch viel grauenhafter.

Er wollte ihr wirklich sagen, dass sie den Mund halten solle, aber er wusste, dass er genau so handeln würde wie sie, wenn er genug Kraft dafür hätte.

"Hör auf.", sagte Tyler mit heiserer Stimme. "Er wird- er wird sauer auf dich sein."

"Es interessiert mich nicht!", brüllte sie, die Wände des geräumigen Raumes warfen ihr Echo zurück. "Kann er doch wütend auf mich werden, wann er will! Kranker Bastard!"

Sie verlor den Verstand.

"Was sagtest du gerade?", fragte der Mann mit klarer, monotoner Stimme aus dem Türrahmen.

Tyler's Herzschlag verschnellerte sich. Er warf Emily einen kurzen Blick zu. Sie war kreidebleiche und ihr gesamter Körper fing wieder sichtbar an zu zittern.

"Was sagtest du, Puppenmädchen?", presste der Mann hinter zusammengedrückten Zähnen hervor.  "Na los. Ich würde es gerne hören."

"N- nichts.", versuchte sie zu sagen, doch ihre Lippen bebten. "Nichts, ich habe es nicht-"

Der Mann lachte nur amüsiert, bevor er zu Tyler rüber schlich, ausholte und Tyler gegen den Kiefer schlug, mit einer solchen Kraft, dass dieser das Bewusstsein verlor. Seine Augen tränten und der Schmerz fühlte sich wie tausend Nadelstiche in seinem ganzen Gesicht an, der Schock schnürte ihm die Kehle zu, so dass er keine Luft bekam.

Als Tyler wieder seinen Augen öffnete, starrte er gerade aus auf den Mann, mit dessen perfekt sitzenden Maske er selber aussah wie eine dunkle Puppe.

Er war völlig verwirrt. "Ich habe nicht ein Mal etwas gesagt!", verteidigte sich Tyler.

Der Mann packte mit seiner Hand die Kehle seines Opfers.

Emily's Schluchzen und der geräuschvolle Atem des Mannes war alles, was er in diesem Moment wahrnahm. Seine Augen waren weit geöffnet, instinktiv wollte er seinen Arm heben um sich zu verteidigen, doch die mysteriöse Flüssigkeit, die in seinem Körper war, hinderte ihn daran, gegen den Mann zu kämpfen. Er hustete, versuchte verzweifelt an Sauerstoff zu gelangen, aber die Finger des Mannes drückten so stark wie möglich zu, schnürten ihm vollends die Luft ab.

Tyler versuchte dagegen anzukämpfen, zappelte auf dem Stuhl herum. Er würgte, versuchte den Mann anzuflehen aufzuhören, doch er konnte nicht, konnte nichts tun. Alles was er sehen konnte war diese verdammte Maske, diese weiße, perfekt anliegenden Maske, die ihn sicherlich für den Rest seines Lebens verfolgen würde, wenn das hier nicht sein letzter Moment war.

Der Mann ließ seinen Hals los und Tyler schnappte laut nach Luft. Er keuchte stark um seine Lungen mit dem verfaulten Duft der Luft zu füllen, während der Mann nur boshaft auf ihn herunter sah.

"Wie kannst du nur zulassen, dass deine Frau so zu mir spricht?", fragte der Mann, seine dicken, kalten Finger berührten Tyler's gequetschten Hals. "...Puppenjunge...", sagte er, bewunderte die frischen Prellungen an Tyler's blassen Haut.

Der Mann kniete sich vor Tyler hin und strich ihm über die Stelle seiner zerrissenen, schmutzigen Jeans, die er trug, wo sein Knie war.

"Du bist so ein gut aussehender Junge, Puppenjunge. Ich bin sicher, deine Eltern haben dich geliebt, huh? Sie haben es geliebt, einen kleinen golden Jungen zu haben, einen gut aussehenden, kleinen, goldenen, gottverdammten Jungen!", er schlug ihm in's Gesicht, Tyler konnte sich kaum noch konzentrieren, seine Sicht verschwamm, seine Gedanken überschlugen sich.

"Und das Mädchen hier...", sagte der Mann, wand sich an Emily, die über all MakeUp verschmiert in ihrem Gesicht hatte, Tränen liefen unentwegt über ihre Wangen. "Na ja, sie war einst ein heißes Mädchen, aber sieh sie jetzt an, Puppenjunge." Der Mann lachte. "Sieh sie jetzt an! Sieh an, was ich erschaffen habe! Ich habe die volle Kontrolle über euch. Ich kontrolliere alles... alles.", sagte er mit tiefer Stimme und stand auf.

Tyler schluckte hart. "Es tut mir leid, für was auch immer,", er schluckte wieder, dachte darüber nach, ob er es riskieren sollte, den Satz zu ende zu bringen oder nicht, "für was auch immer mit dir passiert ist, dass du jetzt so bist-"

"Du weißt nichts über mich! Ich habe euch erschaffen! Nicht ihr mich, sondern ich euch", schrie der Mann, riff nach seinem eigenem Haar und zog wütend daran.

Der Mann brüllte laut, machte Emily und Tyler Angst. Dann starrte er das Publikum, bestehend aus Holzpuppen, an, still, analysierte jede Puppe.

Tyler stöhnte schmerzerfüllt auf und schüttelte wegen des unglaublichen Verhaltens des Mannes seinen Kopf.

"Seht euch an, wie sie sich mir gegenüber verhalten, meine Damen und Herren.", sprach der Mann mit schrecklich lauter Stimme. "Keine Sorge, sie werden dafür bezahlen.", beschwichtigte er die Holzpuppen. "Sie werden dafür bezahlen!"

Tyler schaute zu Emile, dessen tief braunen Augen immer weniger Sympathie ausstrahlten. Er stellte sich vor, dass diese Augen einst warm und freundlich waren und dass ihre Haut weich war und dass ihre Wange nicht so schrecklich unnatürlich bemalt waren. Er stellte sich vor, dass ihr Haar leuchtend und ordentlich war, auf ihre Schulter fiel und er stellte ich vor, dass ihre Zähne weiß und glänzend waren, bei ihrem ständigen Lächeln sichtbar waren.

Doch dieser Teil von ihr war Vergangenheit. Und dieser Teil von ihm war ebenfalls Vergangenheit.

Er wird nie Arzt werden, nie dafür studieren können, so wie er es vorhatte. Er wird nie eine Frau haben, nie Kinder. Er wird seinen Familie nie wieder sehen, er wird nie wieder seine Freunde wieder sehen.

Seine Schicksal war beschlossene Sache. Er war nur eine weitere Trophäe des Mannes, ein weiteres Opfer. Er war nur ein weiterer zersetzter Duft, ein weiterer verwesender Körper.

In der Sekunde, in der die Realität ihn wie ein Schlag traf, begann er unkontrollierbar zu weinen, ohne Unterbrechung, das letzte was er sah, bevor er das Bewusstsein verlor, war die Faust des Mannes.

Puppet Boy [Deutsch]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt