Kapitel 4

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03. Dezember 2013, Asgard

Die letzten zwei Wochen hatten mein Leben wieder komplett umgeschlagen. Ich hatte über tausend Jahre auf Mitgard verbracht, mitbekommen wie die Menschen sich entwickelten und mich an diese angepasst.
Ich hatte einen Job und eine Unterkunft, verhielt mich wie ein Mensch. Ich hatte zwar nie wirklich Freunde, nur Bekanntschaften, da es mir schwer fiel Freundschaften zu halten, da die Menschen ja deutlich schneller alterten als Asen.
Und jetzt war ich Hals über Kopf einfach nach Asgard gegangen. Im Nachhinein verstand ich selbst nicht mal, wieso ich es getan hatte. Thor oder andere Asen waren nicht das erste mal auf der Erde und sorgten für Probleme. Als Loki die Erde beherrschen wollte, hatte ich auch nicht gehandelt, und dort war deutlich mehr Wind um die Sache gemacht worden - Und vor allem war es in New York, dort wo ich wohnte, passiert.
Jetzt war ich hier, wusste, dass Odin nicht Odin war, sondern sein launischer Sohn, und arbeitete für diesen.
Ich hatte keinerlei Infos darüber bekommen, was in den letzten tausend Jahren mit Asgard geschehen war. Jedoch war das mein Beweggrund für mich gewesen hier her zu kommen.
,,Du sitzt ja schon wieder hier." Heimdall kam vom Bifröst aus in meine Richtung. Ich saß auf der Brücke zwischen Asgard und dem Bifröst, so wie ich es die letzte Woche oft getan hatte, da ich hier gut nachdenken konnte und Loki mich gerade generell ziemlich ignorierte.
,,Es ist halt einfach schön hier." Ich lächelte ihm zu, er stand jetzt bei mir. Ich erhob mich.
,,Wie lang bist du eigentlich schon der Beschützer des Bifröst?"
,,961 nach Christus." Er schaute mich fragend an, er wollte wahrscheinlich wissen, wieso ich das wissen wollte.
15 Jahre, nachdem ich Asgard verlassen hatte.
,,Wie viele Kinder hat Odin?"
,,Zwei. Thor und Loki." Die Verwirrung in seinem Blick wurde noch größer. Er wusste also nichts von Hela.
Wie hatte Odin es geschafft, dafür zu sorgen, dass hier niemand mehr von Hela wusste?
,,Danke für die Infos." Ich lächelte ihm zu und wandte mich um zum gehen.
,,Wieso wolltest du das wissen?"
Ich drehte mich wieder zu ihm. ,,Ich versuche zu verstehen, was die letzten tausend Jahre hier passiert ist."
,,Darf ich dich dann auch etwas fragen? Wieso bist du damals nach Mitgard gegangen und wieso bist du die einzige Walküre, der ich jemals begegnet bin?"
Ich wusste nicht, ob ich es ihm erzählen sollte. Es würde ihm nichts bringen, er wüsste nur, dass Odin doch nicht so ist, wie ihn alle kannten.
,,Das kann ich dir im Moment leider nicht erzählen, tut mir leid, aber es ist besser so." Ich lächelte ihm entschuldigend zu. Er nickte verständnisvoll, jedoch war ich mir sicher, dass er es immer noch gern wissen würde.
Ich hätte es ihm eigentlich sehr gern erzählt, jedoch wusste ich nicht, wie er darauf reagieren würde und ob er danach zum Allvater gehen würde - denn das wäre ein Problem. Er wusste ja nicht, dass dort Loki auf dem Thron saß.
,,Irgendwann werde ich es dir erzählen, versprochen." Er nickte erneut, drehte sich um und ging zurück zum Bifröst.

-

Als ich nach Asgard gekommen war, fiel ich kaum auf, bloß wenige Leute schauten mich überhaupt an. Inzwischen wurden es aber immer mehr, wahrscheinlich, weil die Leute mitbekamen, dass ich die einzige war, die in den Palast rein und raus durfte wie sie wollte - abgesehen von Odin natürlich. Außerdem wusste auch niemand, wer ich eigentlich war.
Ich hoffte trotzdem einfach, dass mich niemand ansprechen würde.
,,Darf ich wissen, wer du bist?" Eine braunhaarige Frau stellte sich mir in den Weg. Sie trug eine Rüstung aus Leder und Metall, so wie es die meisten Krieger hier taten. Drei weitere Asen, Männer, stellten sich zu ihr.
,,Dürfte ich vielleicht zuerst wissen, wer ihr seid?"
Einige andere Leute waren aufmerksam auf uns geworden und schauten neugierig zu uns. Wir standen mitten auf einem Markt.
,,Und könnten wir uns vielleicht wo anders vorstellen?"
Die Frau nickte, da sie offenbar verstand, und zeitgleich lief ich los, sie folgten mir.
An einem ruhigeren Ort kamen wir zum stehen. ,,So, also wer seid ihr vier?"
Eigentlich wollte ich ihnen nicht viel erzählen, also hoffte ich, sie würden sich mit wenigen Informationen zufrieden geben und gehen.
,,Ich bin Lady Sif, und das sind Fandral-", sie deutete auf den blonden, großen von den dreien, ,,- Hogun -", er hatte schwarze Haare, Menschen hätten ihn wahrscheinlich als Asiate bezeichnet, ,,- und Volstagg." Dieser hatte lange, rote Haare und einen vollen, ebenso roten Bart. Sie alle waren wie Krieger gekleidet. ,,Und wer bist du nun? Und was hast du mit Odin zu tun?" Sie schaute mich kritisch, fast schon abwertend an.
,,Ich bin Lya und ich arbeite für den Allvater. Sonst noch was? Nein? Ok, ich würde jetzt nämlich gern gehen."
,,Nein, das möchtest du nicht."
Sie versperrte mir erneut den Weg. Komischerweise zeigten die drei Männer die ganze Zeit keine Reaktion. Sie hatten ja noch nicht einmal etwas gesagt, nur genickt, als Sif sie vorgestellt hatte.
,,Du kommst aus Mitgard, oder?"
Ich hatte absolut keine Lust mehr auf dieses Gespräch. ,,Ich bin eine Asin. Also dürfte es kein Problem sein, dass ich hier bin. Dürfte ich jetzt bitte?" Ich deutete ihr, dass ich gern den durch sie versperrten Weg nehmen würde.
Sie setzte erneut an, wurde dann aber erstaunlicherweise von Fandral unterbrochen: ,,Es reicht, Sif. Wir brauchen im Moment wirklich keinen Stress." Sie schaute grimmig drein und schien zu überlegen, ob sie nochmal etwas sagen sollte, ließ es dann aber sein und lief in die Richtung des Marktplatzes, von dem wir gekommen waren - natürlich nicht ohne mich dabei nochmal anzurempeln.
,,Entschuldige, dass wir dich so überfallen haben. Schönen Tag noch", verabschiedete sich Fandral und folgte mit Volstagg und Hogun Lady Sif.
Ich seufzte.
Musste man das nun verstehen?
Ich wusste nicht, wieso ich Lady Sif gerade so angegangen war, ich kannte sie ja nicht einmal und ihre Fragen waren berechtigt. Vielleicht wollte ich nicht, dass jemand etwas über mich wusste - denn das würde es schwerer machen, falls ich wieder gehen würde oder irgendwas vorfiel. Wenn mich keiner so richtig kannte, konnte ich keine Probleme bekommen.
Ich wusste nicht, ob ich mir hier wohl fühlte oder nicht. Es war wieder ein komplett neues Umfeld und eine neue Situation, auch wenn es meine eigentliche Heimat war. Ich war noch niemandem begegnet, den ich von früher kannte. Ich fühlte mich nicht, als würde ich dazu gehören. Niemand schien irgendwas zu wissen, nicht einmal der Hüter des Bifröst oder der Sohn des Allvaters selbst.
Schmerzliche Erinnerungen kamen wieder auf.
Ich machte mich erneut auf den Weg zum Palast, so wie ich es auch wollte, bevor Sif mich aufgehalten hatte.

Zwischen Asgard & Midgard - Marvel FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt